“Übergeben – nimmer leben?”

Das Sprichwort aus der Landwirtschaft zur Hofübergabe trifft offenbar den Nerv der Talbewohner. Denn sie wollen ihre Vermögensnachfolge regeln, doch die Erbschaftssteuer macht es ihnen schwer. Für Aufklärung sorgte die Volkshochschule Gmund mit einem Fachanwalt für Erbrecht im Neureuthersaal.

Andreas Niedermaier und Josef Bogner, als Initiatoren der “Petition Erbschaftssteuer”, Gmunds Bürgermeister Alfons Besel, Steuerexperte Michael Waxenberger und Eugenia Lückerath (VHS)

Selten wohl war bei einem Vortrag der Volkshochschule Gmund-Dürnbach (vhs) und der Gemeinde das Interesse so groß. Dicht gedrängt folgten gut 100 Zuhörer dem Thema: Erbschaftssteuer minimieren – zur Erhaltung geschaffener Vermögenswerte.

Der Gmunder Anwalt Michael Waxenberger, der als excellenter Referent auftrat, und hatte damit den Nerv zahlreicher Immobilienbesitzer getroffen, für die die Vermögensnachfolge im Zusammenhang mit der Erbschaftssteuer ein zentrales Thema ist. Eine professionelle Gestaltung der Vorsorge könne die Steuerlast verhindern oder minimieren, so Waxenbergers Credo, der auf ein sensibilisiertes Publikum traf.

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Seit Monaten erregt eine Petition zur Erbschaftssteuer an Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder die Gemüter im Tal. So war es naheliegend, dass die Initiatoren der Petition, Josef Bogner und Andreas Niedermaier, die Gunst der Stunde mit den vielen Interessierten nutzten, um nochmals auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.

„Bürger gehen auf die Barrikaden“

„Die Erbschaftssteuer ist ungerecht und gehört für Privateigentum abgeschafft“, schimpfte Bogner (Beifall). Im Herbst ist Landtagswahl, da sei es für eine Regierung „nicht so lustig“, wenn sie sich mit Petitionen auseinandersetzen müsse, „weil die Bürger auf die Barrikaden gehen“. Doch damit hapert es offenbar noch, denn Bogner war verwundert, dass trotz medialen Interesses „nicht mehr Leute auf das Thema aufspringen“.

Derzeit hätte man 6.500 Unterschriften gesammelt, 22.000 aber sind erforderlich. Diese Petition mache man nicht für sich, sondern für den Bürger, „der ein normales Vermögen geschaffen hat und dies für seine Nachkommen erhalten möchte“. Erst wenn das Ererbte verkauft werde, sollte die Erbschaftssteuer greifen. Millionen würde man derzeit beim Verkauf für seine Immobilien in Oberbayern bekommen, denn die Nachfrage aus dem übrigen Bundesgebiet sei enorm, „alle wollen nach Bayern“.

Die Ungerechtigkeit dabei sei, wenn man seinen Grund privat verkaufe, müsse man „nix“ an den Fiskus zahlen, aber wenn Kinder durch einen überraschenden Todesfall der Eltern zu Erben werden, „dann sind 30 Prozent Steuer fällig. Das kann‘s nicht sein“.

„Bauträger zahlen jeden Preis“

Niedermaiers Thema ist der Bodenrichtwert. Ein Gutachterausschuss des Landratsamts ermittle auf Grund der letzten Verkäufe einen Durchschnittswert. Doch alleine in Rottach-Egern gebe es je nach Lage schon sechs verschiedene Bodenrichtwerte. Da die Heimat aber durch Bauträger, die jeden Preis zahlen würden, völlig ausverkauft werde, „müssen die Einheimischen ins Gras beißen, weil sie die Erbschaftssteuer durch den zu hohen Bodenrichtwert nicht mehr aufbringen können“.

Mit dem Freibetrag von 400.000 Euro würde ein Kind angesichts des Wertes einer Immobilie „nicht sonderlich weit kommen“. Damit werde aber ein familiäres und bodenständiges Leben im Tal immer schwieriger (langer Beifall).

Steuersparmodelle

Er wolle den Zuhörern „Gestaltungsempfehlungen“ an die Hand geben, sagte Waxenberger, wie man die Erbschaftssteuer ganz umgehen oder wenigstens minimieren könne. Zunächst verwies der „Fachanwalt für Erbrecht“ auf die verschiedenen Freibeträge der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Sie reichten von 500.000 Euro bis runter auf nur 20.000 Euro, je nach verwandtschaftlicher Beziehung zum Erblasser.

Doch wer über eine größere Immobilie verfüge, sollte für seine Nachkommen die „vorweggenommene Erbfolge“ wählen, die Übertragung von Grundbesitz unter Vorbehalt des Nießbrauchs und Rückforderungsrechten.

Etwa 100 Zuhörer im Neureuthersaal folgten der Einladung
der Volkshochschule in Kooperation mit der Gemeinde

Der Vorteil dieser Gestaltungsmöglichkeit sei, „dass Freibeträge mehrfach genutzt werden können, der Wert des Grundbesitzes zum Zeitpunkt der Zuwendung eingefroren wird und Wertsteigerungen nicht zu versteuern sind. Außerdem wird der Kapitalwert des Nießbrauchs in Abzug gebracht“. Mit dem Nießbrauch geben Eltern ihre Wohnung oder ihr Haus pro Forma schon vor ihrem Tod weiter. Damit können sie die Immobilie nach wie vor nutzen bzw. die Miete bekommen, und alles „bleibt, wie es ist“. Dies ist laut Waxenberger ein „vernünftiges Modell, die Steuer zu reduzieren“.

„Kein Erbfall gleicht dem anderen“

Eine weitere „Steueroptimierung“ des Erbes sei das „Berliner Testament“. Hierbei handelt es sich um ein gemeinschaftliches Testament von Ehepartnern oder Lebenspartnern, in dem diese sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und bestimmen, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an einen Dritten fallen soll. „Dies ist die häufigste Form der Testamentsgestaltung“, so Waxenberger.

Die anschließenden Fragen zeigten, dass vielen Zuhörern die Erbschaftssteuer unter den Nägeln brennt. Dabei zeigte sich, dass Bogners Einschätzung zutrifft: „Kein Fall gleicht dem anderen“. Die Diskussion zeigte aber auch, dass viele ältere Talbewohner offenbar immer noch nicht vorgesorgt haben, was nach ihrem Tod mit ihrem Vermögen passiert.

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