Umfrage: Gemeinderatssitzungen im Netz

In den letzten zwei Wochen ist das Thema Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen ins Internet wieder verstärkt in den Fokus geraten. In Rottach hat sich der Gemeinderat erneut gegen den Einsatz von Kameras entschieden, mit der man die Lokalpolitik über das Internet zugänglich machen könnte. Das Hauptargument: „Die Bürger interessieren sich nicht dafür“.

Wir wollen darum von Ihnen wissen: Würden Sie sich Gemeinderatsdebatten am Computer anschauen?

Seit vergangenem Sommer verfolgen bis zu 800 Pfaffenhofener die Stadtratssitzungen im Internet (Bild: www.pfaffenhofen.de)

Das Ziel von Live-Übertragungen ist es eine größere Transparenz in der Lokalpolitik zu schaffen und gleichzeitig das Interesse der Bürger zu wecken und den Zugang zu politischen Themen erleichtern, die die Menschen direkt betreffen.

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Allerdings ist es sowohl in der lokalen Presse, wie auch in den Kommentaren unter den bisherigen Artikeln zu regen Diskussionen über Sinn und Zweck solcher Übertragungen gekommen.

Wie genau läuft das in anderen Gemeinden?

Um mögliche Missverständnisse von vornherein auszuschließen, wollen wir vor der Umfrage zuerst darstellen, was Live-Übertragungen in anderen Gemeinden bieten und vor allem wo ihre Grenzen sind.

  • Die Gemeinderatssitzungen laufen ab wie bisher auch und werden dabei mit einer oder mehreren statischen Kameras und Mikrofonen aufgezeichnet und direkt ins Internet übertragen.
  • In manchen Gemeinden gibt es nur die direkte Liveübertragung. In anderen Gemeinden sind die Sitzungen auch nachträglich und dauerhaft als Video abrufbar.
  • Die Übertragungen bieten keine direkte Form der Beteiligung. Die Zuschauer haben also – wie bisher auch – KEINE Möglichkeit sich in Debatten einzubringen oder Fragen zu stellen. Das ist im übrigen auch bei persönlicher Anwesenheit nicht möglich.
  • Die entstehenden Kosten sind sehr unterschiedlich und hauptsächlich dem Qualitätsanspruch der Gemeinden geschuldet. Erste Versuche in Bonn liegen beispielsweise bei 4.000 Euro Startinvestition und 1.000 Euro laufenden Kosten pro Jahr. In Essen rechnet man mit 25.000 Euro Startkosten und weiteren 15.000 Euro pro Jahr. In Pfaffenhofen liegen die laufenden Kosten bei etwa 12.000 Euro – bei unbekannten Anschaffungskosten.

    Dass es auch ganz anders geht, zeigt die 5.000-Einwohner-Gemeinde Seelbach im Schwarzwald, die für die Übertragungen mit Schülern und Lehrern der örtlichen Realschule zusammenarbeite. Die Seelbacher Verwaltung veranschlagt etwa 5.000 Euro pro Jahr für die Übertragungen.

  • Der Datenschutz spielt in allen Gemeinden eine große Rolle. Die Lösungen reichen dabei von schriftlich eingeholten Zustimmungen aller an den Sitzungen Beteiligten, bis zu technischen Lösungen, bei denen jeweils nur der aktuelle Redner im Bild zu sehen ist.
  • Zuschauer, die persönlich in den Sitzungen anwesend sind, sind auf den Übertragungen nicht zu sehen.

Kurz zusammengefasst könnte man auch sagen: Es ändert sich weder am Ablauf der Sitzungen, noch an der direkten Beteiligungsmöglichkeit für die Bürger etwas. Einzige Änderung ist, dass man die Themen und Debatten auf den Gemeinderatssitzungen nicht nur als persönlicher Besucher, sondern eben auch zu Hause am Computer verfolgen kann.

Viel Geld für ein paar Hundert Zuschauer?

Die Erfahrungen anderer Gemeinden zeigen, dass durchaus Interesse daran besteht: zwischen einigen Dutzend und mehreren Hundert Zuschauern hat beispielsweise die 5.000 Einwohner Gemeinde Seelbach. In Pfaffenhofen verfolgen von 24.000 Einwohnern in der Spitze bis zu 800 Personen die Sitzungen am Computer. In Gera sitzen zwischen 50 und 500 der rund 100.000 Einwohner zu Hause vor dem Rechner, während sie die Lokalpolitik verfolgen. Isoliert gesehen keine riesigen Zahlen. Verglichen mit durchschnittlich einer Handvoll Zuschauern in den Sitzungssälen aber ein enormer Gewinn an politischem Interesse.

Darüberhinaus erhalten über die Live-Übertragungen Menschen Zugang zum politischen Geschehen, die sonst außen vor wären: Vor allem Bürger, die im Rollstuhl sitzen. Nur wenige Rathäuser sind behindertengerecht. Und im Tal ist derzeit kein Sitzungssaal für Rollstuhlfahrer selbständig befahrbar.

Dazu gehören aber auch Menschen, die zu Hause auf ihre Kinder achten müssen. Oder Einheimische, die zu ihrer Arbeitsstätte pendeln und zum Start der Sitzungen noch nicht wieder zu Hause sind – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Die Rathäuser im Tal sind nicht behindertengerecht

Von Seiten der Kritiker wird dagegen eingeworfen, dass die Kosten nicht im Verhältnis zum Nutzen und den Abrufzahlen stehen würden. Auch wird oft kritisch angemerkt, dass offene Debatten nicht möglich sind, wenn die Äußerungen für jedermann und auch im Nachgang dauerhaft abrufbar sind.

Eine der Befürchtungen ist unter anderem, dass Geld für etwas ausgegeben wird, ohne dass sich dadurch auch etwas Grundlegendes ändert, da dem Bürger zwar die Möglichkeit geboten wird, die Sitzungen zu verfolgen, dieser sich aber nicht selbst einbringen darf.

Chance für die Zukunft oder Zeitverschwendung?

Wir wollen darum von Ihnen wissen, was Sie von der Möglichkeit halten Gemeinderatssitzungen im Internet verfolgen zu können? Eine Chance zu mehr Transparenz und mehr Interesse an der Lokalpolitik oder doch nur unnötige Überwachung von Gemeinderäten und Kosten für etwas, das niemand sehen möchte?

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