Versagen der Stadt oder Eigeninteresse?

Seit Jahren versucht der Verein “Rettet den Tegernsee” gegen die Verschlammung der Schwaighofbucht vorzugehen. Jetzt wurde verkündet: Der nette Weg habe nicht funktioniert. Ein Bürgerbegehren soll nun die Behörden zum Handeln zwingen. Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn sieht die ganze Thematik anders.

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag wurde das Bürgerbegehren vorgestellt. Auf dem Bild: Rechtsanwalt Benno Ziegler (links) und Andreas Scherzer vom Verein ‘Rettet den Tegernsee’ (rechts).

Seit 2015 setzt sich der Verein „Rettet den Tegernsee“ aktiv für die Schwaighofbucht ein. Auch wir haben in den vergangenen Jahren mehrfach darüber berichtet. Bisher ist allerdings aus Sicht des Vereins zu wenig passiert. „Wir müssen feststellen, dass unsere Regierung taub ist“, so Vereinsvorsitzender Andreas Scherzer auf der Pressekonferenz am Donnerstag im Café Maxl im Seeforum.

Bürgerbegehren soll die Lage drehen

Jetzt will man mit einem Bürgerbegehren gegen das Nichtstun der Regierung vorgehen. Gestern wurde das angedachte Begehren vorgestellt und die Listen schon mit den ersten Unterschriften gefüllt. Aber wofür haben die Teilnehmer genau unterschrieben? In dem Begehren heißt es: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Tegernsee alles rechtlich Zulässige unternimmt, damit die zum Teil lebensgefährliche Verschlammung der Schwaighofbucht zwischen dem Anwesen Schwaighofstraße 2 im Norden und der Mündung der Rottach in den Tegernsee beseitigt, und das Baden im See wieder möglich wird?“

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Die Forderung des Begehrens ist also: Die Stadt Tegernsee soll mit allen Mitteln darum kämpfen, den Schlamm aus der Schwaighofbucht zu entfernen. Das heißt, der mittlerweile teilweise drei Meter hohe, quecksilberhaltige Schlamm soll ausgebaggert werden – wie es auch bei anderen Seen in Bayern gemacht werde. „Es kann nicht sein, dass in unserem Freistaat so ein schöner Platz wie die Schwaighofbucht verrottet, weil die Behörden nicht reagieren“, macht Scherzer deutlich.

Deutlich zu sehen: die Verlandung der Schwaighofbucht. / Quelle: Verein „Rettet den Tegernsee“

Ein Bürgerbegehren habe das gleiche Ziel wie ein Stadtratsbeschluss, erklärt Rechtsanwalt Benno Ziegler, der den Verein in seinem Vorhaben unterstützt. Wenn das Begehren erfolgreich sei und es zum Bürgerentscheid kommt, wovon der Verein ausgeht, muss sowohl die Stadt als auch die Verwaltung die Forderung durchsetzen. Damit das Begehren erfolgreich ist, werden mindestens 400 Stimmen der Tegernseer Bürger gebraucht.

Totales Versagen der Regierung

Die Stadt Tegernsee, insbesondere Bürgermeister Johannes Hagn, haben auf ganzer Linie versagt. Dieses Bild wurde auf der Pressekonferenz vermittelt. Scherzer beschreibt die Lage:

Wir haben unter anderem ein Gutachten in Auftrag gegeben, die Bucht bemessen lassen, es ist immer von uns ausgegangen. Die Stadt hat sich immer nur daneben gesetzt und gesagt: ´Das können wir uns mal anschauen`. Wir müssen den Druck erhöhen, deshalb haben wir uns einen Anwalt dazu geholt, der nicht nett zu den Parteien ist.

Ende Juli 2019 hatte Scherzer den Rechtsanwalt Ziegler, einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht, angerufen. Nach dem Gespräch über die verschlammende Bucht war Ziegler laut eigener Aussage erstmal völlig erstaunt. „Man kennt den Tegernsee als wunderbares Badegewässer, aber hier verwandelt er sich zur einer Kloake, vor der Schilder vor Lebensgefahr warnen. Das ist ein Zustand, den ich mir vor diesem Mandat nicht hätte vorstellen können.“

Botanischer Garten in der Schwaighofbucht?

„Vor allem irritiert hat mich ein Schreiben des Bürgermeisters an den Umweltminister“, so Ziegler weiter. „In dem vorletzten Absatz steht, wenn man den Schlamm nicht beseitigen könne, würde man einen botanischen Wassergarten verwirklichen.“ Von einem solchen Aquapark hält Ziegler nichts. Der botanische Wasserpark bestehe in seinen Augen aus nicht viel mehr als verschiedenen Bächlein, der Rest solle aufgeschüttet werden.

Auf einer Karte wurde der betroffene Bereich markiert. / Quelle: Rettet den Tegernsee e.V.

Doch nicht nur die Stadt Tegernsee wurde während der Pressekonferenz scharf kritisiert. Auch das Landratsamt sei untätig ohne Ende, so Scherzer. Er sieht das Problem vor allem aber bei der Regierung, das Problem sei in der oberen Ebene stecken geblieben. Die Bürger werden in seinen Augen nicht wirklich wahrgenommen.

Auch Ziegler zeigt kein Verständnis für das Verhalten der Behörden. „Rechtlich gibt es ein Sammelsurium an Normen, die der Kommune erlauben und sie vor allem dazu verpflichten, etwas zu tun.“ Die Stadt Tegernsee sei die Sicherungsbehörde, die öffentliche Sicherheit sei also ihre Pflichtaufgabe. Schilder mit dem Hinweis „Lebensgefahr“ aufzustellen, reiche nicht aus. „Muss hier erst ein Mensch zu schaden kommen, damit gehandelt wird? Das ist schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar“, macht Ziegler deutlich.

Der Mann ist kein Unbekannter im Landkreis und in München. Seine Geschäftsmodelle scheinen immer wieder Bürgerbegehren und Initiativen zu sein, wie die Süddeutsche vor zwei Jahren berichtete: “Zieglers Kanzlei hat schon die zweite S-Bahn-Stammstrecke bekämpft… Zusammen mit dem Kommunikations- und Werbeprofi Josef Glasl betreibt der Anwalt auch den Kampf der Landwirte im Mangfalltal gegen die von den Stadtwerken München beantragte Ausdehnung der Trinkwasser-Schutzzone. Dort tritt das Duo unter dem Namen “Heimatwasser” auf. In München zählen zudem der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper sowie Xaver Finkenzeller, der Fraktionssprecher der CSU im Bezirksausschuss Bogenhausen, zu den Unterstützern. Finkenzeller ist in derselben Kanzlei wie Ziegler als Anwalt tätig.” 

Ziegler macht auch hier am See schnell Druck. Bisher habe sich die Stadtverwaltung zurückgelehnt und den Mediator gespielt. „Der Kern ist aber, und das ist die Botschaft, die wir nach außen tragen wollen: Die Stadt Tegernsee hat die Möglichkeit, zu handeln und muss es meiner Ansicht nach auch.“ Dabei reiche es nicht, wenn der Bürgermeister einen Bettelbrief an den Umweltminister schreibt. „Er muss sich an den Freistaat wenden, denn dieser ist der Grundstücksbesitzer des Tegernsees und damit dazu verpflichtet, sich um seinen Besitz zu kümmern.“

Entschlammung laut Hagn nicht erforderlich

Die Stadt Tegernsee und der Landkreis Miesbach machen sich laut Ziegler lächerlich. Bürgermeister Hagn sieht das anders. Seiner Auffassung nach tut die Stadt schon mehr als nötig. Er weist daraufhin, dass die Zuständigkeit bezüglich einer Entschlammung beim Bayrischen Umweltministerium liege, trotzdem werden bereits Untersuchungen seitens der Stadt unterstützt.

Den Vorwurf, er hätte einen botanischen Wassergarten in Betracht gezogen, weist Hagn deutlich von sich. Es handele sich dabei lediglich um einen Diskussionsbeitrag während einer Stadtratssitzung. Der Aquapark sei ein Vorschlag für den Fall gewesen, “dass das Ergebnis der Prüfung der beiden Alternativen unter Umständen negativ wäre und mit der Verschlammung proaktiv umgegangen werden würde“, erklärt Hagn.

Ein Wasserpark war laut ihm nicht als eine Maßnahme zur Entschlammung vorgesehen und es handele sich bei dem Vorschlag nicht um eine von ihm favorisierte Herangehensweise. Weiter verdeutlicht Hagn:

Der Versuch über ein behauptetes Sicherheitsdefizit sein Ziel, dort das Schwimmen zu ermöglichen, zu erreichen, geht ebenfalls ins Leere. Sollte es tatsächlich erforderlich sein, werden wir zusätzlich zur Beschilderung weitere Sicherungsmaßnahmen ergreifen. Eine Entschlammung ist hierfür sicher nicht erforderlich.

Für „Rettet den Tegernsee“ ist es keine Frage, ob mehr Maßnahmen erforderlich seien. Das bisherige Handeln der Stadt ist in den Augen von Ziegler „eine Kombination aus ´wir wollen keinen Ärger´ und ´es kostet Geld`“. Falls alle Stricke reißen und das Begehren erfolglos bleibt, gäbe es noch einen Vorschlag aus dem Publikum der Pressekonferenz: „Wir können uns ja wie die Schüler jeden Freitag vor das Tegernseer Rathaus stellen“.

Die Listen liegen bei Gertraud Eberwein, Schwaighofstraße 78, und Andreas Scherzer, Kißlinger Straße 7a in Rottach-Egern, aus.

 


 

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