Vorstand rechtfertigt Reservierungen

Ende Januar wurde bekannt, dass der TSV Bad Wiessee erstmals auf seinem Waldfest Reservierungen anbieten wird. Direkt nach dieser Ankündigung war der Aufschrei im Tal groß.

Heute, wenige Wochen vor dem Start der Waldfestsaison, erklärt Vorstand Thomas Erler im TS-Interview, wie er „Oktoberfest-Verhältnisse“ verhindern will. Gleichzeitig verteidigt er das Vorgehen des Vereins.

Der erste Vorstand des TSv Bad Wiessee,Thomas Erler, verteidigt Reservierungen auf Waldfesten
Der erste Vorstand des TSV Bad Wiessee, Thomas Erler, verteidigt Reservierungen auf Waldfesten.

Mit der Ankündigung, an seinem Waldfest Reservierungen anbieten zu wollen, hat der TSV Bad Wiessee im Tal eine Welle der Empörung ausgelöst. Viele sprachen damals von einem Bruch mit der Tradition und kritisierten den Verein für sein Vorgehen. Im TS-Interview räumt der Vereinsvorstand nun mit einigen Missverständnissen auf und rechtfertigt das Vorgehen des TSV.

Herr Erler, haben Sie mit so einem Aufschrei nach ihrer Ankündigung gerechnet?

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Thomas Erler: Nein, ehrlich gesagt, nicht. Mir war eigentlich gar nicht bewusst, dass es da solche Vorbehalte gibt. Das hab’ ich erst im Rahmen dieses Echos festgestellt.

Wie sind Sie denn überhaupt auf die Idee gekommen, Reservierungen anzubieten?

Thomas Erler: Wie so oft kam diese Idee von außen. Im letzten Jahr kam ein Fürther mittelständisches Unternehmen auf uns zu und wollte für 18 Leute reservieren, da sie zu dieser Zeit einen Ausflug an den Tegernsee vorhatten und am Waldfest zusammen sitzen wollten. Wir haben dann gesagt, eigentlich haben wir keine Reservierungsregelung, aber für diesen einmaligen Fall machen wir es mal möglich und schauen, wie es funktioniert.

Das bedeutet, eigentlich gab es schon einmal Reservierungen am Waldfest?

Thomas Erler: Ja. Die kamen dann, waren total glücklich, haben einiges gegessen und getrunken und sind nach vier Stunden wieder gefahren. Da haben wir uns gedacht, wenn so etwas öfter möglich wäre, dann wäre das doch eigentlich eine gute Sache. Und so ist diese Idee entstanden. Jetzt müssen wir schauen, was daraus wird.

„Charakter erhalten“

Sehen Sie denn nicht die Gefahr, dass Leute, die schon immer auf das Wiesseer Waldfest gekommen sind, nun durch diese Regelung keinen Platz mehr finden?

Thomas Erler: Nein. Wir haben uns vorher natürlich überlegt, was wir wollen und was wir nicht wollen. Und was wir auf gar keinen Fall wollen, ist eben, dass so etwas passiert. Wir wollen keine Verhältnisse wie auf dem Oktoberfest.

Aber wie wollen Sie das denn verhindern?

Thomas Erler: Die Idee war von vornherein, dass wir Reservierungen nur für einen kleinen Teil der Plätze zulassen. Daher haben wir auch gesagt, dass wir so viele Bänke und Tische mehr aufstellen, wie wir Reservierungen haben. So soll jeder, der bisher einen Platz gefunden hat, auch weiterhin diese Möglichkeit haben. Das war der Grundgedanke.

An wen richtet sich denn dieses Angebot der Reservierungen? Sollen damit nicht gezielt Münchner auf das Fest gelockt werden?

Thomas Erler: Es ist wahr, dass wir derzeit im Rahmen einer Aktion Flyer in Münchner Unternehmen verteilen, zu denen einige unserer Mitglieder Geschäftsbeziehungen haben. Aber das Angebot richtet sich an alle, die gern in einer größeren Gruppe auf das Waldfest kommen wollen und dann auch garantiert zusammen sitzen können. Es ist uns wichtig, dass der familiäre Charakter unseres Waldfestes erhalten bleibt. Das macht es ja zu etwas Besonderem. Daher weisen wir die Leute, die bei uns ihre Anfragen abgeben, auch darauf hin, dass unser Waldfest kein riesengroßes Event ist, das bis 5 Uhr morgens geht, sondern ein Waldfest von überschaubarer Größe und Lautstärke.

Aber was ist, wenn die Leute jetzt trotzdem nur zum „Party machen“ kommen wollen?

Thomas Erler: Wenn von vornherein ersichtlich ist, dass eine Gruppe darauf aus ist, dann muss man im Einzelfall entscheiden, ob man so eine Reservierung überhaupt annimmt. In der Praxis hat sich aber schon herausgestellt, dass die meisten Anfragen von Leuten kommen, die unser Waldfest bereits kennen und jetzt gern mit zehn bis 15 Personen wiederkommen wollen.

"Die Anfragen für Tischreservierungen sind derzeit überschaubar"
„Die Anfragen für Tischreservierungen sind derzeit überschaubar.“

Wie sieht denn überhaupt die Resonanz auf das Reservierungsangebot aus?

Thomas Erler: Wir haben für Samstag eine ganze Menge Anfragen, aber noch nicht viele endgültige Buchungen. Für Freitag sind auch die Anfragen noch überschaubar. Ich glaube aber, dass für viele erst mit dem ersten Waldfest die Waldfestzeit wieder richtig in den Köpfen der Menschen ankommt. Ich könnte mir daher gut vorstellen, dass danach die Zahl der Reservierungen noch einmal ansteigt.

Haben Sie auch konkrete Zahlen?

Thomas Erler: Die Anfragen bewegen sich in der Größenordnung um die 70 Personen, aber endgültige Buchungen haben wir bis jetzt erst zwischen 16 und 18 Personen, die sicher zugesagt haben.

Und wie viele Personen kommen erfahrungsgemäß insgesamt auf das Wiesseer Waldfest?

Thomas Erler: An zwei guten Tagen kommen knapp 2.200 Menschen. Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir mit dem selben Personalaufwand auch gut noch die 150 bis 200 Personen mehr bewältigen können, die maximal pro Tag zusätzlich reservieren können.

Wie läuft das mit den Reservierungen denn generell ab?

Thomas Erler: Diejenigen, die reservieren wollen, müssen bei der Buchung 15 Euro pro Person hinterlegen. Wenn sie dann auf das Waldfest kommen, ist in diesem Preis ein Getränk, ein Essen und der Eintritt enthalten. Außerdem haben wir festgelegt, dass wir den Platz maximal eine halbe Stunde freihalten. So wollen wir einerseits verhindern, dass die Leute zwar reservieren, aber dann nicht kommen, oder dass Tische lange leerstehen.

Und was ist, wenn das Waldfest ausfällt oder verschoben wird?

Thomas Erler: Wenn es verschoben wird, verschiebt sich die Reservierung einfach mit. Wobei die Leute natürlich die Möglichkeit haben, uns anzuschreiben, dass sie an dem Termin nicht können. Dann bekommen sie das Geld zurück. Wenn das Waldfest ganz ausfallen sollte, bekommen sie natürlich auch das Geld zurück.

Und sind die reservierten Tische alle an einer Stelle?

Thomas Erler: Nein, wir wollen versuchen, die Reservierungen überall zu verteilen. Allerdings gibt es zentral einige Tische, an denen es sich schon eingebürgert hat, dass dort immer dieselben Gäste sitzen. Unsere Ur-TSVler sozusagen. In diesem Bereich werden wir natürlich keine Tische reservieren.

„Ein Versuch muss erlaubt sein“

Es wurde dem TSV mit der Einführung der Reservierungen ja auch Tabubruch vorgeworfen. Glauben Sie denn, dass mit der Einführung viele dieser Stammbesucher nun wegbleiben werden?

Thomas Erler: Das erste Waldfest ist jetzt erst einmal ein Versuchs-Waldfest. Sollte sich herausstellen, dass das Konzept nicht funktioniert oder die „falschen Leute“ angezogen werden, dann muss man über Verbesserungen nachdenken. Und wenn es gar nicht funktioniert, muss natürlich auch das ganze Projekt auf den Prüfstand. Natürlich kann es auch sein, dass es Leute geben wird, die trotz der mehr aufgestellten Tische keinen Platz mehr finden und dann auf die Reservierungen schimpfen. Aber irgendwas kann man immer finden. Ich persönlich finde, ein Versuch muss hier erlaubt sein.

Glauben Sie denn, dass Wiessee ein Sonderfall bleibt oder dass die anderen Waldfeste schon bald nachziehen?

Thomas Erler: Ob es ein Sonderfall bleibt, weiß ich nicht. Aber man muss ja auch sehen, dass unser Waldfest nicht mit denen aus Kreuth oder Ostin zu vergleichen ist. Dort ist es ja ohnehin jedes Jahr voll. Reservierungen wären dort für den einzelnen vielleicht sinnvoll, weil er dann sicher einen Platz bekommt, aber ich glaube, insgesamt macht das keinen Sinn. Für kleinere und mittlere Waldfeste, die es bei uns in der Region auch gibt, könnte das aber vielleicht eine Option sein.

Herr Erler, vielen Dank für das Gespräch.

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