Waakirchen entscheidet über Zukunft seiner Dorfmitte

Am 7. Juli ist Stichtag – Waakirchens Bürgerinnen und Bürger entscheiden über ein Bürgerbegehren und ein Ratsbegehren: ersteres zum Schutz der grünen Dorfmitte, letzteres vom Rathaus initiiert, um ein Wohnbau-Projekt zu realisieren.

Der Waakirchner Dorfkern, wie man ihn kennt / Quelle: Tina Hansch

Seit 2012 plant der Gemeinderat die Weiterentwicklung des Grundstücks zwischen Bäcker-Voitl-Anwesen und Sparkasse. Fünf große Wohn- und Geschäftsgebäude mit Tiefgarage für 70 Stellplätze sollen auf Waakirchens „Zuckerstück“, einer idyllischen Wiese mit Obstbäumen, gebaut werden. Auch wenn die Gemeinde der Meinung ist, die Bürgerinnen und Bürger in den Prozess mit eingebunden zu haben, bekam das Projekt erst letztes Jahr mehr Transparenz.

Im Frühjahr 2018 wurde eine Bürgerwerkstatt von Michael Futschik ins Leben gerufen, um alternative Ideen für das Gelände zu entwickeln. Tenor der Bürgerwerkstatt ist, mit Bedacht eine mögliche Bebauung zu planen, einen Bedarf für die Zukunft festzustellen und daraus Konzepte zu entwickeln. Die Bürgerwerkstatt ist der Meinung:

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Wenn eine Bebauung sinnvoll ist, sollte diese sparsam mit der Fläche umgehen. Es sollte der jetzige Gebäudebestand weiterentwickelt werden und der grüne Dorfkern so erhalten bleiben.

Im November 2018 kam über einen Bürgerantrag eine Bürgerversammlung zustande, bei der sich die Waakirchner ein eigenes Bild über die Planungen der Gemeinde machen konnten und die Bürgerwerkstatt wiederum ihre Vorschläge vorstellte. Dieses Jahr im April entschied der Gemeinderat schließlich über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens der Bürgerwerkstatt. Das Begehren fordert einen Stopp der Planung des Wohnbau-Projekts durch die Gemeinde und damit eine Neuplanung inklusive eines grundsätzlichen Mitspracherechts für die Bürger. Gleichzeitig schickte die Gemeinde ein Ratsbegehren ins Rennen, um ihr favorisiertes Bauvorhaben zu erklären und durchzusetzen.

Deshalb gibt es auf dem Wahlzettel am Sonntag zwei Fragen, die entsprechend abgestimmt werden müssen. Oben links das Bürgerbegehren, bei dem man für einen Stopp der Planungen stimmen kann, und rechts das Ratsbegehren, das für eine Fortsetzung plädiert und ebenfalls entsprechend abgestimmt werden kann. Unten auf dem Zettel gibt es für den Fall einer Pattsituation eine zusätzliche Stichfrage, bei der sich der Wähler klar für den Stopp der Planungen oder eine Fortführung aussprechen kann. Wichtig ist, dass für ein klares Ergebnis alle drei Stimmen abgegeben werden.

Die Waakirchner haben das Schicksal ihrer Dorfmitte in der Hand

Es wird auf jeden Fall spannend, wie sich Waakirchens Bürger entscheiden werden. Die Gemeinde hat für ihr Projekt in den letzten Wochen einige Werbetermine auf die Beine gestellt. So zum Beispiel eine Info-Ausstellung am 1. Mai, die an der Sparkasse unmittelbar neben dem umstrittenen Grundstück stattfand. Dort wurde gerade bei strahlendem Sonnenschein der erste Mai gefeiert, der Maibaum war erfolgreich auf der Wiese aufgestellt worden. Viele Bürgerinnen und Bürger begutachteten kritisch die Planungstafeln der Gemeinde. Der allgemeine Tenor klang eher negativ. Ein sichtlich erregter Bürgermeister Sepp Hartl sah das jedoch anders und befand, dass ungefähr 55 Prozent der Besucher für sein Bauprojekt seien, 45 Prozent dagegen.

Die Leute sollen sich erst mal berieseln lassen, sich informieren, dann urteilen und kritisieren.

Viele Bürger haben wohl vor allem ein Problem mit der massiven Größe des geplanten Bauprojekts. Die Bebauung entspricht aus Sicht der Bürgerwerkstatt nicht dem dörflichen Charakter von Waakirchen. Es handle sich um einen sensiblen Bereich zwischen Kirche, Pfarrhaus, Dorfwirtschaften und weiteren, zum Teil denkmalgeschützten Gebäuden.

Hartls Hauptargument für sein Bauvorhaben sind die bezahlbaren Wohnungen für finanziell schwach aufgestellte Bürger Waakirchens. Ein großer Wohnungsbedarf von Gemeindebürgern konnte von der Gemeinde jedoch nicht nachgewiesen werden, es gibt keine Warteliste. Laut Bürgerwerkstatt zeigte die Wohnungsbedarfsabfrage der Gemeinde aus dem Jahr 2017 auf, dass in Waakirchen fast ausschließlich der Erwerb von Eigentum nachgefragt wird.

Die Baukosten für das umstrittene Projekt werden von der Gemeinde Waakirchen insgesamt auf knapp 14 Millionen Euro geschätzt, nach Abzug der Förderung für den Wohnungsteil verbleibt für die Gemeinde eine Neuverschuldung in Höhe von über zehn Millionen Euro. Die vom Initiator des Bürgerbegehrens durchgeführte Wirtschaftlichkeitsberechnung nach den gesetzlichen Vorgaben ergibt für die „Neue Dorfmitte“ in Waakirchen, dass diese jährlich mit rund 250.000 Euro bezuschusst werden muss.

Liebe Waakirchner, gebt Eure Stimmen ab!

Die Unterlagen zur Abstimmung wurden vorsorglich gleich als Briefwahl-Unterlagen verschickt, so dass es wirklich jedem Einwohner Waakirchens leichtgemacht wird, seine Stimme abzugeben. Wer aber kurz- oder unentschlossen ist, kann am Sonntag auch persönlich wählen gehen. Abstimmungsräume befinden sich im Feuerwehrgerätehaus Waakirchen, Rathausstr. 2, und in der Schule in Schaftlach, Buchkogelstr. 38. Geöffnet ist von 8 bis 18 Uhr. Wichtig: Bei persönlicher Abstimmung bitte unbedingt den Abstimmungsschein mitbringen, der sich auf der Rückseite des Anschreibens der Wahlunterlagen befindet.

Der Stimmzettel: Drei Kreuze müssen gemacht werden / Quelle: Tina Hansch

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