Wenn Helden zur Belastung werden

Es ist nicht zu weit gegriffen, zu behaupten, dass sich Teile der Eliten im Landkreis in einem Auflösungsprozess befinden. Längst distanziert sich die Basis von den früheren Häuptlingen. Egal, ob die CSU von Jakob Kreidl, die Freien Wähler von Arnfried Färber oder die Sparkasse von Georg Bromme.

Propagiert wird der Neuanfang. Es gibt Untersuchungen, Bekenntnisse zur lückenlosen Aufarbeitung und neue Transparenzversprechen. Die Basis kämpft gegen die Salamitaktik der eigenen Anführer.

Der Wahlkampf geht langsam in die heiße Phase. Für die Ortsverbände der CSU eine schwierige Aufgabe.
Der Wahlkampf ist in der heißen Phase. Nicht nur für die Ortsverbände der CSU eine schwierige Aufgabe.

Mátyás Rákosi wird kaum wer kennen. Der Mann, der sich selbst als “Stalins bester Schüler” bezeichnete, war es, der den Begriff der Salamitaktik gesellschaftsfähig machte. Damals, 1947, war es noch ein positiv besetzter Begriff, der aus Sicht Russlands beschrieb, wie die Kommunisten in Ungarn scheibchenweise die Opposition entmachteten.

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67 Jahre später ist der Begriff im Tegernseer Tal und im Landkreis Miesbach zum neuen Schreckgespenst geworden. Scheibchenweise kommen mehr und mehr Verfehlungen der alten Eliten ans Licht. In überregionalen Medien spricht man längst vom “System Miesbach”, um zu beschreiben, wie Sparkasse, Politik, Amts- und Würdenträger öffentliche Gelder wie unerschöfliche Goldtöpfe nutzten.

Eines zieht sich durch die Affären wie der berühmte rote Faden: Zugegeben wird nur, was nicht länger zu verheimlichen ist. Bis zum endgültigen Beweis bestimmen Erinnerungslücken und Beteuerungen der eigenen Redlichkeit die Argumente der Verantwortlichen. Lügen und vertuschen bis zum nächsten Häppchen der Skandalsalami.

Mit jeder neuen Enthüllung stirbt ein Stück Vertrauen

Damit verspielen die Verantwortlichen Stück für Stück das letzte bisschen Vertrauen, das die Menschen in das demokratische System im Landkreis haben. Mit jeder neuen Enthüllung wird die Angst größer, dass der Miesbacher Sumpf noch viel tiefer ist, als man bislang dachte. Keiner weiß, was noch kommt. Nur, dass das Ende erreicht ist, daran glaubt keiner mehr.

Was mit einer gefälschten Doktorarbeit den Anfang genommen hatte, ist längst zu einer gefährlichen Vertrauenskrise zwischen Bürgern und Eliten geworden. Die Verantwortung dafür tragen alle, die sich noch immer an ihre Posten und Ämter klammern und im stillen Kämmerchen beten und hoffen, dass nicht noch mehr ans Licht kommt. Sie schützen nur sich selbst und schaden der Demokratie.

Leidtragende dieser Salamitaktik sind all die ehrlichen und engagierten Gemeinderäte im Tegernseer Tal und im Landkreis. Diese müssen sich inzwischen für ihr politisches und demokratisches Engagement rechtfertigen und an ihren Wahlkampfständen ein ums andere Mal beteuern, dass sie mit den Machenschaften ihrer Häuptlinge nichts zu tun haben. Sie glauben, wie die Bürger, selbst nicht mehr an die Redlichkeit der eigenen Eliten. Die Helden von einst – sie sind nur noch eine Belastung.

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