Walchs Weißwürste wursteln weiter

Einer der letzten Metzger im Tegernseer Tal schloss Ende letzten Jahres seine Traditionsmetzgerei in Bad Wiessee. Ein Nachfolger dort ist gefunden. Auch das Stammhaus in Kreuth sollte abgegeben werden. Doch noch rollen Walchs Weißwürste über den Ladentisch. Und die Verarbeitung ist so traditionell wie jeher.

Metzger Walch bei der Herstellung seiner eigenen Weißwürste.
Leonhard Walch bei der Herstellung seiner eigenen Weißwürste.

33 Jahre lang führte Leonhard Walch seine Metzgerei gleich neben dem Hotel Post in Bad Wiessee. Aus gesundheitlichen Gründen kündigte er seinen Pachtvertrag mit der Gemeinde im vergangenen September. Da er keine Nachkommen zur Weiterführung des Ladens hatte, übernahm Anfang Februar 2016 ein neuer Pächter, Karl Stieglbauer, der nach einigen Umbauarbeiten die „Institution“ von Walch inzwischen weiterführt. Ohne Nachfolger ist Walch zwar gezwungen, auch seine Schlachterei in Kreuth aufzugeben. Doch noch arbeitet er. Und damit bleibt – trotz diverser Unkenrufe – auch das Geschäft in Kreuth geöffnet.

Dabei ist Leonhard Walch einer der letzten Metzgermeister im Tal, der noch selbst schlachtet. Hier wird noch nach guter alter Handwerkstradition gearbeitet und unter anderem die berühmte Weißwurst hergestellt. Doch das ist nichts für schwache Nerven – TS-Redakteurin Birgit Eichhorn hat letztes Jahr in einer Reportage den Weg vom Kalb bis zur Wurst ausführlich beschrieben.

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Weitermachen bis zum Schluss

Nach fünfzig Jahren Praxis erkennt Walch die Qualität des Fleisches schon beim Ansehen der Tiere. Und er schaut sich jedes Tier vor dem Einkauf auf der Weide an. Die Qualität der Rohware steht für den Vollblutmetzger an erster Stelle. Denn seine Kunden haben einen verwöhnten Gaumen. Klar ist, dass dafür Tiere sterben. Aber beim Landmetzger Walch müssen sie so wenig wie möglich leiden. Die Schlachttiere haben kurze Anfahrtswege, der Bauer begleitet das Vieh bis zum Tod.

Der Anfang vom Ende.
Der Anfang vom Ende.

Jede Woche kommen ein Rind und ein Kalb nach Kreuth. Sie werden einzeln in den Schlachtraum geführt. Ab diesem Zeitpunkt läuft alles routiniert ab. Es wird still im Raum. Zuerst wird das dreimonatige Milchkalb durch das große Eingangstor geführt. Es wirkt neugierig und hat keine Angst.

Der Schlachter steht mit dem Schussapparat bereit. Er setzt es ruhig zwischen Auge und Ohr an. Sofort folgt der dumpfe Knall. Das Kalb zuckt noch einmal und fällt zu Boden. Danach kommt ein gekonnter Schnitt durch die Halsschlagader. Das Tier blutet aus und ist tot. „Vorbei ist es, aber ohne Leid für das Tier“, erläutet Walch dabei. Für den Laien ist es dennoch eine Mutprobe.

Kein Schlachten wie im Massenbetrieb

Das Ritual wiederholt sich. Es folgt das Rind. Dieses wirkt zögerlich. Man hat den Eindruck, dass das Tier spürt, dass es dem Ende zugeht. Der süßliche Geruch vom warmen Blut liegt in der Luft. Das ist nur was für harte Männer. Jeder, der in der Metzgerei den Schlachttag live miterlebt, glaubt dem Meister, wenn er dabei sagt:

Das hat nichts mit den unwürdigen Schlachtpraktiken der Massenbetriebe zu tun. Die Herkunft von Fleisch wird in Zeiten der Massentierhaltung gerne verdrängt. Bei uns nicht. Jeder Konsument sollte sich fragen, woher das Tier kommt, wenn das Fleisch im Discounter pro Kilo nur 1,99 Euro kostet. Es kann nicht so gestorben sein wie hier.

Die Methode merke jeder an der Qualität und am Geschmack. Auf traditionelle Weise landen weniger Stresshormone im Fleisch, ist der Meister sicher. In den letzten Jahren jedoch, berichtet Leonhard Walch, hat sich das Konsumverhalten seiner Kunden verändert.

Beim Metzger wird heute mehr Wurst gekauft, der Fleischumsatz geht eher zurück. Die „Geiz ist geil“-Mentalität ist anscheinend noch nicht vorbei. Fleisch wird aus Schnäppchengründen wohl im Discounter gekauft.

Walchs berühmte Weißwurst

Dennoch ist Walch seinem Handwerk treu geblieben und steht noch heute um 4:45 Uhr im weiß gekachelten Produktionsraum hinter dem Ladengeschäft. Mit dabei sein Team: die Metzgermeister Michael, Christian und Zeljko. Die Ausrüstung ist bei allen gleich. Weiße Gummistiefel, lange wasserdichte Schlachterschürze, weiße Mütze und Kettenhandschuh. Jeder von ihnen hat seine eigenen Messer.

Meister Walch stellt seine Weißwürste her.
Meister Walch stellt seine Weißwürste her.

Heute werden Leberkäs, Regensburger, feine und grobe Leberwurst, Pfälzer und Presssack schwarz und weiß produziert. Doch die Bestseller sind ganz eindeutig „Walchs Weißwürste“. Da gehen schon mal pro Woche bis zu 800 Kilogramm über die Ladentheke. Das genaue Rezept verrät er uns nicht. Nur so viel: Das Brät bestehe aus Kalb- und Schweinefleisch, Hüftspeck und Rippenschwarte. Die Gewürzmischung hingegen sei Familiengeheimnis und werde gut gehütet:

Die Gewürzmischung für meine Weißwürste habe ich selbst entwickelt. Ich habe so lange ausprobiert, bis die Weißwürste die optimale weiche sämige Konsistenz und den typischen Geschmack hatten.

Neben den Stammkunden aus der Region werden auch regionale Gaststätten und Almwirtschaften im Tal beliefert. Darunter ist auch seine Tochter, die das Hotel & Restaurant Leeberghof in Tergernsee leitet. Oder auch das exklusive Seehotel Überfahrt. Genussjäger Christian Jürgens holte sich im März seine Rohprodukte beim Ehepaar Walch sogar direkt ab.

Leonhard Walch, der seine Frau liebevoll „Chefin“ ruft, wenn es um die Wurst geht, ist der letzte Metzgermeister in der Region, der das traditionelle Handwerk beherrscht. Wie es in der folgenden, fünften Generation weitergehen wird, ist noch nicht geklärt.

Für Urlaube oder die geliebten Pferde bleibt noch zu wenig Zeit. Vielleicht kommt das ja in der nahen Zukunft. Was man dem Ehepaar wünscht. Denn 50 Jahre Metzgerei Walch ist eine enorm lange Zeit.

So wird’s gemacht – Walchs Weißwurstproduktion

Das Schweinefleisch wird aus München zugekauft. Das liegt an den EU-Richtlinien, die einen separaten Raum für die Schlachtung der verschiedenen Tierarten vorschreiben. Dieser ist bei Walch nicht vorhanden. Dafür kommen die schlachtwarmen Schweinehälften Montag um sechs Uhr früh im Betrieb an. Und die Weißwurstproduktion kann beginnen.

Das portionierte Fleisch wird zusammen mit den Gewürzen in den Edelstahl-Kutter gelegt. Los geht’s mit den Umdrehungen. Nach und nach kommt zum Kühlen das Crasheis dazu. Die Temperaturen der Masse werden sekundengenau überprüft. Sie schwanken zwischen einem und 18 Grad.

Verfeinert wird zum Schluss noch mit frischer, glatter Petersilie. Jetzt duftet es schon nach frischen Weißwürsten. Die Schweinedärme sind bereits aufgezogen auf einer speziellen Abfüll-Maschine. Anschließend dreht Metzger Walch eigenhändig die Weißwürste ab. Pro Füllung gibt es dann exakt 250 Stück Weißwürste.

Der finale Arbeitsschritt erfolgt durch das Brühen der Würste bei einer Wassertemperatur von 74 Grad. Nach 30 Minuten sind die Weißwürste fertig.

Hier noch ein Video von der Produktion und einige Eindrücke aus der Metzgerei Walch:

[youtube http://www.youtube.com/watch?v=XWvdcHQ6JGU&w=740&h=416]

Montag ist Schlachttag beim Metzger Walch in Kreuth.
Montag ist Schlachttag beim Metzger Walch in Kreuth.

RindMitAugenmaske

Ein gekonnter Griff: Wenn ich den den Druck auf den Knochen spüre ist das Tier "blau", also ohne Fett.
Ein gekonnter Griff:
Wenn ich den Druck auf den Knochen spüre, ist das Tier „blau“, also ohne Fett.

Metzgermeister Michael aus Lengries. Seit 7 Jahren im Betrieb bei Walch.
Metzgermeister Michael aus Lenggries. Seit 7 Jahren im Betrieb bei Walch.

Mit Können und Leidenschaft ist Leonhard Walch dabei.
Mit Können und Leidenschaft ist Leonhard Walch dabei.

Der Vollblutmetzger ist konzentriert bei der Arbeit.
Der Vollblutmetzger ist konzentriert bei der Arbeit.

Schweinedarm wird aufgezogen auf die Füllmaschiene.
Schweinedarm wird aufgezogen auf die Füllmaschine.

Der Feinschmecker Walch ist zufrieden mit dem Ergebnis.
Der Feinschmecker Walch ist zufrieden mit dem Ergebnis.

Ladengeschäft in Kreuth: Ehepaar Walch mit Mitarbeiterin.
Ladengeschäft in Kreuth: Ehepaar Walch mit Mitarbeiterin.

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