Plötzliche Attacke unter Alkohol

Der Prozess gegen den Fischbachauer, der im vergangenen Sommer einen Besucher des Ostiner Waldfestes auf dem Nachhauseweg unvermittelt mit einer Eisenstange angegriffen hatte, begann heute in München.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft spricht von versuchtem Mord. Doch wer jetzt einen typischen Schläger oder einen Skinhead auf der Anklagebank erwartet, der irrt.

Der Angeklagte heute vor Gericht.

Der beschuldigte 28-jährige Maximilian E. soll „eine andere Person mittels eines gefährlichen Werkzeugs und einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt haben“. Der mutmaßliche Täter war, wie sein späteres Opfer, in der Nacht zum 11. August 2013 Besucher des Waldfests in Ostin.

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Gegen fünf Uhr in den frühen Morgenstunden sei es dann zur Attacke des Fischbachauers gekommen. Mit einer 9 Kilo schweren Eisenstange soll Maximilian E. auf das Opfer Sebastian K. aus Waakirchen eingeschlagen haben. Als dem 28-Jährigen die Stange entglitt, konnte er festgehalten und später der Polizei übergeben werden. Seither sitzt der Angeklagte in der Untersuchungshaft der JVA Stadelheim.

Beschuldigter gibt keinen typischen Schläger ab

Doch wer nach diesen Vorwürfen glaubt, ein „typischer Schläger“ sitze auf der Anklagebank, sieht sich im Gerichtssaal getäuscht. Ein eher schmächtiger junger Mann wird der Tat verdächtigt. Maximilian E. traut man auf den ersten Blick einen „versuchten Mord“ nicht zu.

Der Angeklagte geht auf alle Fragen, die sich vornehmlich um seine Gesundheit und seine gelegentlichen Alkoholexzesse drehen, unumwunden ein. Der Fischbachauer, der am Miesbacher Gymnasium Abitur machte, nach der Bundeswehr in Berlin dann Videospielentwicklung studierte und zuletzt in der Versicherungsbranche arbeitete, hat, so gibt er vor, nach übermäßigem Alkoholgenuss immer wieder mal Angstzustände, Herzklopfen und Beklemmung.

Er führt diese Symptome auf eine vererbte Stoffwechselerkrankung der Leber zurück. Dem Alkoholkonsum sei er bis zur vorgehaltenen Tat etwa einmal monatlich verfallen. Nach einem Cocktail von Bier, Schnaps und Whisky seien dann bei ihm auch kurze Erinnerungslücken aufgetreten. Zum Tatvorwurf will sich der Beschuldigte erst am Freitag äußern.

„Deutlich alkoholisiert“

Für Staatsanwalt Thomas Lenz ist klar, dass Maximilian E. zur Tatzeit mit „etwa 1,6 Promille deutlich alkoholisiert“ war. Der Angeschuldigte soll die „massive körperliche Einwirkung beabsichtigt“ haben, bei der „Sebastian K. eine Prellung an der Hand sowie erhebliche Schmerzen“ erlitt.

Adam Ahmed, der Strafverteidiger von E., widerspricht sämtlichen Aussagen seines Mandanten, die dieser kurz nach der Tat bei der Vernehmung in Miesbach zu Protokoll gegeben hatte. Der Fischbachauer sei so gut wie nie auf seine Rechte als Beschuldigter hingewiesen worden, weder im Polizeifahrzeug noch bei der Kriminalpolizei. „Solche Methoden gibt es nur in Miesbach“, so Ahmed gegenüber der Tegernseer Stimme, dass ein Beschuldigter wenige Stunden nach der Tat, aber noch mit 0,36 Promille im Blut, bereits im Beisein des Staatsanwalts vernommen werde.

Der Richter will das Urteil erst am 16. Juli sprechen.

Nach der Mittagspause schildert das Opfer Sebastian K. den vermeintlichen Tathergang. Der 26-jährige Meisterschüler sei nach einem Fußballspiel mit Freunden gegen zehn Uhr in Ostin eingetroffen. Bis gegen fünf Uhr morgens habe er etwa zwei bis drei Maß Bier und gleichviele Cocktails an der Bar getrunken. Das Opfer Sebastian K. räumt ein: Ich war betrunken.

Opfer kann Angriff abwehren

Als um diese Zeit bei Regen kein Taxi gekommen sei, habe er sich in das Bushäuschen gegenüber den Ostiner-Stub’n gesetzt. Da sei dann Maximilian E., den er nicht kannte, mit einer roten, etwa einer 1,5 Meter langen Gerüststange auf ihn zugekommen und habe sofort zugeschlagen, so der Piesenkamer. Den zweiten Schlag habe er abwehren können. Der dritte Schlag von E. sei daneben gegangen, da er sich weggerollt habe.

Anschließend packte ich ihn und drückte ihn an einen Zaun.

So schildert der kräftig gebaute Sebastian K. den Tathergang. Ständig habe er den Fischbachauer gefragt: „Was willst du eigentlich?“ Der habe nur geantwortet: „Dich töten.“ Bis zum Eintreffen der Polizei nach zwei Minuten hatte er den Angreifer wohl fest im Griff.

Auf die Frage des vorsitzenden Richters Martin Rieder, welche Verletzungen er sich zugezogen habe, verwies der Zeuge auf Hautaufschürfungen, Prellungen und Rückenschmerzen. Tage später seien dann bei ihm allerdings posttraumatische Belastungsstörungen aufgetreten, wie Albträume und Schlafstörungen. Deswegen sei er immer noch in Waakirchen in ärztlicher Behandlung.

An diesem Bushäuschen kam es in der Nacht vom 10. auf den 11. August zu dem Gewaltausbruch.
An diesem Bushäuschen kam es in der Nacht vom 10. auf den 11. August 2013 zu dem Gewaltausbruch.

Möglicherweise hat dann eine persönliche Entschuldigung des Angeklagten gegenüber seinem Opfer eine Wende im Prozess eingeleitet. „Es tut mir leid, was da passiert ist“, sagte Maximilian E. zu dem vor ihm sitzenden Sebastian K.

Mit diesem Schritt ist nun bereits eine zivilrechtliche Einigung beim Schmerzensgeld in Sicht. „Dieser sogenannte Täter-Opferausgleich“, so Anwalt Adam Ahmed, „hätte dann im Rahmen des Strafprozesses bei der Strafzumessung für meinen Mandanten sicher einen positiven Effekt“. Am Freitag will sich dann Maximilian E. zu den Vorwürfen äußern. Das Urteil soll erst am 16. Juli gesprochen werden.

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