Warum nicht mal wieder öffnen?

Mal völlig crazy gedacht: Lockdown läuft so mittelgut. Das Desaster der Länderchefs und der Kanzlerin führt zu Zorn in der Bevölkerung. Machen andere das besser? Ach ja, in Rostock und Tübingen läuft’s anders als in Bayern. Ohne Zweifel – das sind Städte, keine Regionen. Dennoch: Warum machen wir das nicht im Tegernseer Tal?

Wären Öffnungen im Tegernseer Tal denkbar?

Nehmen wir das Tal und die dazugehörigen Dörfer mal als ein Gesamtgefüge – mit nicht einmal 30.000 Einwohnern hat es die Größe einer Mittelstadt. Und die Bürgermeister wären sich auch mit dem Landrat einig: Wir öffnen langsam aber pragmatisch den Einzelhandel und die Gastronomie. Ferienwohnungen sind unproblematisch.

Was braucht es?

Im Tal würden mindestens sieben Teststationen aus eigener Kasse (und mit Bundes-Landesmitteln unterstützt) aufgebaut. Diese Schnelltest-Stationen ermöglichen den Besuch in Restaurants und Geschäften, wo die Mitarbeiter on top ebenfalls getestet werden. Gleiches passiert mit Schulen und Kitas. Darüber hinaus gelten die im letzten Jahr bewährten Hygienekonzepte.

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Kurz: Das Motto für die nächsten Wochen wäre: testen, testen, testen. Aber dafür mehr normales Leben. Utopie? Sophie Stadler vom Landratsamt Miesbach ist auch erst einmal begeistert:

Das Modell ist eine sehr gute Idee und wird von der Koordinierungsgruppe sehr positiv aufgenommen! Wir haben bereits am Montag in der letzten Koordinierungsgruppensitzung intensiv diskutiert.

Aber in Bayern denkt man zentral. Deswegen ist für das Landratsamt eine landkreisweite oder gar nur talkweite Lösung nicht akzeptabel. Stadler erklärt: “Alle Lockerungen müssen immer mit Regierung von Oberbayern und/oder Gesundheitsministerium abgesprochen werden, der Landkreis kann also keinen Alleingang machen. Wir warten erst auf die neuen Regelungen, die uns nach den Bund-Länder-Besprechungen immer noch nicht vorliegen. Dann wissen wir erst, was künftig überhaupt erlaubt ist und was nicht.”

Mehr Selbstständigkeit gefordert

Zeitgleich fordert die Bundeskanzlerin heute im Bundestag jeden Landrat, jeden Bürgermeister auf, auch selbständig zu handeln, eigene Ideen umzusetzen, so wie es Rostock und Tübingen vormachen. Das Landratsamt traut den fünf Gemeindevorstehern und der örtlichen Tourismus-Truppe wenig zu, sagt: ”Das Tegernseer Tal alleine bietet sich nicht an, weil das Modell wenn dann im gesamten Landkreis eingeführt werden müsste. Ein Landkreis, ein Gesundheitsamt, ein Modell! Alles andere wäre auch nicht händelbar.”

Mehr noch: ”Unserer Ansicht nach würde es Sinn machen, das Modell nicht auf einen Landkreis zu beschränken, sondern auf mehrere, beispielsweise die ganzen Alpenrand-Landkreise, auszudehnen – sonst wird ein Landkreis möglicherweise wieder stellenweise überrannt…” Laut Stadler muss jedem klar sein:

Das Modell gilt dann nicht nur für die Einheimischen, sondern auch für Tagesausflügler. Die wirklich sehr krisengeplagte Gastronomie würde davon sicher sehr profitieren, aber natürlich gehen auch Begleiterscheinungen wie erhöhte Verkehrsbelastung damit einher.

Ein resolutes Eintreten für die notleidenden Einzelhändler und Gastronomen sieht anders aus. Selbst der Leiter der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT) Christian Kausch wartet lieber ab, hofft auf Hilfe von oben (nicht Himmel, sondern München und Miesbach) und sagt: ”Die Modelle werden im Landkreis bereits diskutiert und von uns unterstützt. Ich persönlich sehe hierin echte Perspektiven für unsere Region. In welchen Organisationsgrößen dies möglich wäre bzw. Sinn macht, wird seitens des Landratsamtes mit dem Gesundheitsministerium erörtert.”

Liste mit Schnelltest-Möglichkeiten gibt Hoffnung

Aber es gibt einen Lichtblick. Das Landratsamt arbeitet derzeit an einer verbesserten Infrastruktur für Schnelltests. Stadler erklärt: “Wir haben eine Liste mit allen Schnelltest-Möglichkeiten bei Ärzten und Apotheken erstellt, haben die eigenen Testmöglichkeiten im Testzentrum ausgeweitet und tüfteln gerade an einer technischen Lösung, damit die Schnelltestergebnisse im gesamten Landkreis schnell, digital und mit Zertifikat verfügbar sind.” (Zur Liste geht’s hier unter “Schnelltests”)

Man spürt: Die Jahre, in der zentral von München alles im Land gelenkt werden sollte, hinterlassen in den Behörden auf dem Land eine fast devote Haltung gegenüber Ansagen. Eigenständige, pragmatische und vielleicht auf den ersten Blick irre Entscheidungen will kaum einer treffen. Besonders still ist es an der Bürgermeister-Front. Keine gemeinsame Erklärung der fünf Tal-Größen für den heimischen Handel. Bislang keine Vorstöße, wie man jetzt schnell! und pragmatisch Lösungen auf lokaler Ebene aufstellen könnte. Aber in Bad Wiessee gibt es zwei Champagner-Bars…

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