Was war? was wird … mit der Kriminalität

Unser Jahresrückblick zu den großen Themen des vergangenen Jahres. Wir schauen noch mal genauer hin, ordnen ein und geben einen kleinen Ausblick auf das kommende Jahr. Heute: die Kriminalität im Tal.

Ein Problem, das 2013 an Brisanz zunahm – zuerst nur gefühlt und dann kurz vor Weihnachten doch noch von offizieller Seite bestätigt. Dabei ist möglicherweise mehr Bürgersinn eine effektivere Lösung als zusätzliche Polizeieinheiten.

Kripo und Spezialtaucher suchten in der Rottacher Seestraße lange Zeit vergebens nach Hinweisen.
Kripo und Spezialtaucher suchten in der Rottacher Seestraße lange Zeit vergebens nach Hinweisen.

Das Jahr war keine Woche alt und begann mit einem Erfolg der Polizei. Die Kripo aus Miesbach hatte die Rottacher Mörderin gefasst. Eine Boutiquenbesitzerin war in ihrer Wohnung in Rottach-Egern im November 2012 erwürgt worden. Zwei Monate später konnte die Polizei den Ermittlungserfolg bekannt geben. Manch einer fühlte sich dank der schnellen Arbeit wieder sicher. Das sollte nicht so bleiben.

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So idyllisch das Tal ist, so friedlich Natur und Mensch sich auf den ersten Blick zeigen, umso düsterer offenbart sich das Verbrechen, wenn es in das Tal kommt. Der Mord war da sicher eine Ausnahme. Aber über das Jahr nahmen Raub und Diebstahl zu. Im März sind es noch Privathäuser in Bad Wiessee, die einem Raubzug einer Bande zum Opfer fallen. Dann sind die Geschäfte dran. Rund um den ganzen See werden nachts Optiker, Mode- und Juwelierläden aufgebrochen, erhebliche Wertgegenstände geraubt.

Die Kriminalität steigt

Passiert dies anfangs nachts, werden die Räuber mit scheinbar zunehmendem Erfolg dreister. Im Juli wird am helllichten Tag ein Juwelier in der Seestraße überfallen. Wert der Beute: mehr als 130.000 Euro. Die Räuber werden von Bürgern verfolgt, die Polizei fährt das ganz große Programm auf: Hubschrauber, zusätzliche Bereitschaftspolizisten für verstärkte Kontrollen.

Aber auch hier verlaufen die Ermittlungen vorerst im Sande. Und während Diebe auch Privathäuser in Wiessee überfallen, macht sich bei vielen Bürgern im Tal eine Unzufriedenheit breit. Sind wir Opfer von professionellen, internationalen Diebesbanden, die hier wie die Heuschrecken einfallen und sich über die nahe Autobahn wieder ins Ausland absetzen? Was tut die Polizei dagegen? Fakt ist: Die Kriminalitätsrate steigt. Waren es im Jahr 2012 noch 17 Einbrüche, sind es heuer bis Anfang Dezember mehr als 34.  

Allein in der Rottacher Seestraße kam es 2013 zu einigen Einbrüchen.
Allein in der Rottacher Seestraße kam es 2013 zu einigen Einbrüchen.

Die Polizei spricht von „Wellen“, initiiert meist von organisierten Banden, die eine Zeitlang eine Region ausspähen und dann zuschlagen. Wenig Trost für die Überfallenen, die ihre Wohnung, ihr Geschäft lange nicht mit der gleichen Sorglosigkeit betreten können als vor der Tat.

Die Polizei reagierte im Sommer mit großer Präsenz. An den Ausfallstraßen standen Zivilstreifen. Und der Herbst zeigt: Die Banden ziehen sich scheinbar zurück. Es bleibt vorerst wieder ruhig. Aber hinter vorgehaltener Hand bestätigen Polizisten, dass es bald wieder losgehen wird. Das ist insofern für das Tal neu, als dass hier tatsächlich noch viele Menschen arglos ihre Türen nicht abschließen, das Garagentor geöffnet lassen und Bettlergruppen aus Mitleid einen Zwickel in die Hand drücken. Idylle eben.

Schattenseiten

Aber genau da werden sich die Menschen im Tal umstellen müssen. Reine Polizeiarbeit wird nicht ausreichen, um Diebe und Räuber fernzuhalten. Eigeninitiative ist gefragt. Wer in seinen Geschäften wertvolle Ware hat, sollte diese auch mit moderner Sicherheit schützen. Das gilt auch für Privathäuser. Menschen sind heute mobiler, flexibler. Die Globalisierung hat auch hier ihre Schattenseiten. Der offene Reichtum im Tal ist nachgerade selbstverständlich geworden. Für Kriminelle ist er eine Einladung, sich zu bedienen.

Und aus Kreisen der Polizei hört man auch, dass angesichts der schieren Masse an häufig leerstehenden Zweitwohnungen wie auch der großen Zahl älterer Einwohner die Kriminalität noch verhältnismäßig gering ist. Aber was ist zu tun? Die Polizei verlangt mehr Planstellen, mehr Beamte, die sich hier auskennen, nicht ortsfremde Kollegen aus Rosenheim. Die Versicherungen wollen Kameras installiert sehen.

Alles sicher richtig. Aber letztlich ist der Bürgersinn gefragt. Es hilft, den Nachbarn anzusprechen, Auffälligkeiten zu beobachten und gegebenenfalls der Polizei zu melden. Das ist kein Aufruf zum Denunzieren, zur Bürgerwehr oder ähnlichem Unsinn. Das ist gelebtes Miteinander. In einer Zeit, die das Motto „Unterm Strich bleib ich“ kreierte, sind bewusst gelebte Nachbarschaft und dörfliche Gemeinschaft wichtig, zuweilen sogar existenziell. Das gilt auch für Zugezogene. Sich hinter Hecken und einer Anonymität zu verstecken, mag in Großstädten funktionieren. Hier ist es unter Umständen fatal. Zu leicht lassen sich so die Häuser ausrauben.

Ein Tod bleibt unaufgeklärt

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Ein Tod aber ist noch nicht aufgeklärt. Im November wird eine Frau auf dem Nachhauseweg von einem Autofahrer erfasst. Er lässt sie schwer verletzt liegen. Es lässt uns fassungslos zurück. Jemandem, der auf der Straße liegt, nicht zu helfen, weiterzufahren, ist schon schlimm. Aber der oder die Täterin stellt sich nicht. Die Frau stirbt.

Im Falle der Unfallflucht mit Todesfolge an einer 52-jährigen Rottacherin fehlt den Beamten weiterhin eine heiße Spur.
Im Falle der Unfallflucht mit Todesfolge an einer 52-jährigen Rottacherin fehlt den Beamten bisher noch eine heiße Spur.

Noch immer kein Hinweis auf den Fahrer. Wir glauben, wir hoffen, dass die Tat dem Täter/der Täterin doch schlaflose Nächte bereiten muss. Aber es bleibt nur eine Hoffnung. An diesem Punkt schockiert uns das Verbrechen. Wenn es um die Kälte geht, mit der sie zuweilen einhergeht.

Die Mörderin der Boutiquenbesitzerin gab mit einem Satz einen Einblick in ihr Seelenleben: „Ich mach das doch nicht jeden Tag“, schnodderte sie vor Gericht auf die Frage, wie genau sie das Verbrechen begangen hatte. Kälte, die sprachlos macht.

Die Ermittlungen gegen den Rottacher Todesfahrer werden auch im kommenden Jahr unvermindert weitergehen. Es wäre ein Erfolg und ein guter Start für 2014, wenn das neue Jahr mit einem aufgeklärten Fall beginnen könnte. Vor allem für die Familie des Opfers, die sich täglich fragen muss, warum es zu dem Unfall kommen musste.

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