Was wussten Rzehak und Bierschneider?

Die Affäre rund um das „System Miesbach“ zieht immer weitere Kreise. Auf TS-Nachfrage äußerte sich die Staatsanwaltschaft nun dazu, warum erst vorgestern – also Monate nach Bekanntwerden der eigentlichen Affäre – Hausdurchsuchungen stattfanden. Auch für Landrat Wofgang Rzehak und den Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider könnte es eng werden.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnten auch für Wolfgang Rzehak und Josef Bierschneider gefährlich werden.
Die Ermittlungen könnten auch für Wolfgang Rzehak und Josef Bierschneider gefährlich werden.

Im Rahmen einer bislang im Landkreis Miesbach beispiellosen Razzia hat die Staatsanwaltschaft München II am Dienstag Hausdurchsuchungen bei der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, diversen Rathäusern im Landkreis, dem Landratsamt und Privatanwesen durchgeführt. Neben den Anwesen von Jakob Kreidl und Georg Bromme wurden auch die Wohnsitze von zahlreichen ehemaligen Verwaltungsräten durchsucht.

Insgesamt wurden gegen 16 Personen Durchsuchungsbeschlüsse in 27 Objekten ausgeführt. Dabei konnte eine Vielzahl von Dokumenten sichergestellt werden. Computer wurden beschlagnahmt. Insgesamt 30 Umzugskisten an Material gesammelt. „Die Aktion ist reibungslos abgelaufen“, sagte Ken Heidenreich, Sprecher der Staatsanwaltschaft München. Die Auswertung der Unterlagen werde allerdings eher Monate dauern.

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Kamen die Durchsuchungen zu spät?

Derweil fragen sich viele Bürger, ob die Münchner Staatsanwaltschaft nicht schon früher hätte tätig werden müssen. „Die Frage ist doch eher, warum hat das so lange gedauert? Die Verdächtigten hatten ein halbes Jahr Zeit, gemütlich ihre Akten durchzugehen und alles belastende verschwinden zu lassen“, so TS-Leser Thomas.

Bereits am 6. Oktober 2014 hatte die Staatsanwaltschaft nach längerer Prüfung ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Landrat Jakob Kreidl wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet. Zudem ist seit Monaten bekannt, dass die Sparkasse ein Anwaltsbüro beauftragt hat und Schadensersatzansprüche gegen Kreidl, Ex-Vorstand Georg Bromme und frühere Mitglieder des Verwaltungsrates der Bank in Erwägung zieht.

Trotzdem hat die Staatsanwaltschaft erst vor zwei Tagen eine großangelegte Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen durchgeführt. „Wer damit rechnete, konnte sich natürlich auf die Aktion vorbereiten. Das ist aber reine Spekulation“, so Heidenreich weiter. Auch auf die Frage, weshalb die Durchsuchungen erst Monate nach Bekanntwerden der Ermittlungen erfolgten, hatte der Sprecher eine Antwort:

Eine Aktion dieser Größenordnung hat es im Landkreis noch nie gegeben.

75 Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) waren an der Aktion beteiligt. „Vorher haben wir erst den Report des Bayerischen Innenministeriums und weitere Prüfberichte genau studiert. Strafrechtlich ist dieser Fall nicht einfach zu bewerten“, betonte Heidenreich.

Neben der Regierung von Oberbayern hatte unter anderem der Rechnungsprüfungsausschuss des Landratsamts eine Auflistung mit den Vorwürfen gegenüber Kreidl, Bromme und Co. erstellt. Unter anderem auf dieser Basis hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Wie tief hängen Rzehak und Bierschneider mit drin?

Ziel der Behörden sind auch die Verwaltungsräte der Sparkasse aus den Jahren 2008 bis 2014. Darunter neben Jakob Kreidl, Arnfried Färber, Josef Bichler, Michael Pelzer, Andreas Auracher sowie Rainer Kathan auch der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU) und der heutige Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne). Auch gegen sie stehen Vorwürfe der Untreue im Raum. „Es wird gegen alle 16 Beschuldigten unter anderem wegen des begründeten Verdachts der Untreue ermittelt“, so der Sprecher. Auch für Bierschneider und Rzehak – beide saßen im Zeitraum von 2008 bis 2014 gemeinsam im Verwaltungsrat der Bank – könnten die Affäre Kreidl und das System Miesbach also ein persönliches Nachspiel haben.

Als Mitglieder des Verwaltungsrats sind sie eine Art Aufseher des Sparkassenvorstands und könnten unter Umständen auch für das Handeln von Bromme und Kreidl belangt werden. Auf Nachfrage sagt SPD-Kreisrätin Christine Negele: „Es gilt hier zunächst die Devise ‚im Zweifel für den Angeklagten’. Jetzt muss abgewartet werden, was bei den Ermittlungen rauskommt.“ Negele gehört dem Kreisvorstand der SPD Miesbach an. Sie betont:

Sollten sich die Vorwürfe erhärten, müssen die beschuldigten Personen aber natürlich von ihren Ämtern zurücktreten.

Ähnlich sieht das auch Norbert Kerkel, Kreisvorstand der Freien Wähler. „Sollte sich das bewahrheiten, müssten sich die Verantwortlichen Gedanken machen.“ CSU-Kreisvorstand Alexander Radwan erklärt: „Wir befinden uns im laufenden Verfahren. Es bleibt das Ergebnis abzuwarten.“

Der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider wollte sich auf Nachfrage indes nicht äußern und verwies ebenfalls auf die derzeit laufenden Ermittlungen. Landrat Wolfgang Rzehak betont dagegen: „Weil ich im relevanten Zeitraum Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse Miesbach-Tegernsee war, wird auch bei mir hingeschaut – und das ist auch völlig in Ordnung.“

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