Wenn Angst soziale Verantwortung überlagert

Nicht direkt, aber durch die Blume haben am vergangenen Montag die Dürnbacher Anlieger des geplanten Asylbewerberheims ihre Meinung klargemacht: Wir wollen keine Flüchtlinge in unserer Nachbarschaft. Zu groß ist die Sorge, dass sich die heile Welt dadurch zum Unguten verändert.

Dabei zeigt die Argumentation einen Aspekt unserer Gesellschaft, den auch die Behörden bewusster einkalkulieren müssen. Viele Menschen unterstützen Hilfe, aber nicht vor ihrer Haustür. Dort überwiegt die Angst.

Das Haus in Dürnbach, in dem 20 Asylbewerber einziehen sollen.
Das Haus in Dürnbach, in dem 20 Asylbewerber einziehen sollen.

Die Aussagen, die auf der jüngsten Informationsveranstaltung im Gmunder Feuerwehrhaus fielen, klangen befremdlich. Von „messerstechenden“ Asylbewerbern war dort die Rede. Von „armen Teufeln“, die in einem Wohngebiet „für anständige Familien“ nichts verloren hätten.

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Angst überwiegt plötzlich bei vielen. Angst vor Fremdem und Unbekanntem. 20 Ausländer auf einem Haufen, vermutlich auch noch schwer traumatisiert – mittendrin die eigenen Kinder, die eigene Familie, das eigene Haus und Auto – das kann aus Sicht der Anwohner einfach nicht gutgehen.

Theoretische Erklärungen helfen nicht weiter

Befürchtungen, die auch das Landratsamt den Dürnbachern bisher mit den eher theoretischen Erklärungen zu Asylquoten und Schlüsseln nicht nehmen konnte. Das ist auch verständlich. Geht es doch bei Flüchtlingen nicht um Zahlen, sondern um Menschen und eben genau die Angst vor diesen Menschen. Die Öffentlichkeitsarbeit des Landratsamtes beschränkt sich stattdessen weitestgehend darauf, bei den Anwohnern um Verständnis für das eigene Problem zu werben: die zwangsweise Unterbringung von Asylsuchenden. Zugeteilt von oben. Widerstand zwecklos.

Einfach hat es aber auch das Landratsamt nicht. Weiß man in Miesbach doch selbst nicht viel mehr als die Zahl derer, die noch kommen werden. Und die reinen Zahlen machen einigen nur noch mehr Angst. Die Zahl von 200 Asylsuchenden bis Jahresende wird man im Landkreis vermutlich überschreiten. Und dennoch: Im Landkreis leben bereits Asylbewerber, denen man eine Stimme geben könnte.

Doch das steht bisher nicht auf der Agenda der Miesbacher Behörde. Verständnis für die Menschen zu schaffen, die hinter den Quoten stehen. Betroffene zu Wort kommen zu lassen, Lebensläufe und Hintergründe der Personen darzustellen. Den theoretischen Befürchtungen ein praktisches Bild entgegenzusetzen.

Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit greift zu kurz

Zahlen hin oder her. Ein Haus voller Asylsuchender in direkter Nachbarschaft weckt bei einigen Ängste, die sie vermutlich von sich selbst noch nicht kannten. Eine gänzlich neue Situation, zu der man vielleicht eine Meinung, aber noch keine Erfahrung hat.

Den betroffenen Anwohnern systematische und dumpfe Fremdenfeindlichkeit vorzuwerfen, wäre zu kurz gegriffen. Im Gegenteil, man wird an Weihnachten wieder für Menschen aus aller Welt in Not spenden. Man wird wieder soziale Projekte unterstützen und versuchen, den eigenen Kindern eine ausgewogene und tolerante Sicht auf die Welt und auch auf fremde Kulturen zu bieten.

In Dürnbach sind normale Menschen aus der Mitte der Gesellschaft zu Hause. Nur sind diese in gewisser Weise überfordert, seitdem Toleranz und Engagement nicht mehr nur theoretisch, sondern direkt vor der eigenen Haustür von ihnen erwartet werden. In dieser Situation überlagert Angst die soziale Verantwortung. Eine Angst, die die Behörde akzeptieren und in ihre Kommunikation mit aufnehmen muss. Nur ist das bisher zu wenig passiert.

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