Harald Aimer wohnt direkt neben dem Spiel- und Bolzplatz in Marienstein. Schon vor zwei Jahren hatte er die Gemeinde Waakirchen – als Eigentümerin des Grundstücks – dazu aufgefordert, sie möge sich doch bitte um einen anderen Standort bemühen (wir berichteten). Das Treiben der Jugendlichen mitten im Dorf, deren Gekreische und lautstarke Musik würden seine Ruhe stören. Aimer bemängelte desweiteren, die jungen Leute würden sich nicht an die Öffnungszeiten halten.
Trotz Altersbeschränkung hatten nämlich immer wieder die über 15-Jährigen den Bolzplatz betreten und – nach Aimers Empfinden – „Lärm“ veranstaltet. Zwischenzeitlich schritt Bürgermeister Sepp Hartl (FWG) sogar höchstpersönlich ein, um für Ruhe zu sorgen. Eltern und Bürger forderte er indes auf, nach einem alternativen Grundstück Ausschau zu halten.
Altersbeschränkung vor zwei Jahren aufgehoben
Im Mai 2016 kam der Waakirchner Gemeinderat Aimer entgegen und änderte die Nutzungsregeln. Von nun an war der Platz an Sonn- und Feiertagen nur bis 18 Uhr und in der Woche bis 20 Uhr geöffnet. Zugleich hob er allerdings die Altersbeschränkung völlig auf. Angeregt hatte dies die Anwohnerin Andrea Kaffl mit einer Unterschriftenaktion. Jetzt stand also auch den Älteren die Wiese zum Fußballspielen offen.
Doch kaum einer der Jugendlichen hielt sich an die Nutzungszeiten. Harald Aimer beantragte daraufhin lärmmindernde Maßnahmen bei der Gemeinde. Er wollte den Bolzplatz umzäunt und durch eine Lärmschutzwand abgegrenzt wissen. Die Zufahrt zum Keilshofweg hätte er gern geschlossen gehabt. In der gestrigen Gemeinderatssitzung drückte es Bürgermeister Hartl diplomatisch aus; „Wir haben seit längerer Zeit gewisse Probleme.“
Spielplatz-Überwachung? Nein danke.
Im April vergangenen Jahres beschloss der Gemeinderat dann, Aimers Antrag auf lärmmindernde Maßnahmen an den Bauausschuss abzugeben. Von einer Kontrolle oder Überwachung des Platzes, um den Vorfällen Herr zu werden, hielt man indes gar nichts. Dies sei auch nur bei einer Umzäunung des Geländes möglich, so Hartl damals. Davon sei man allerdings weit entfernt. „Die Gemeinde hat alles getan, was getan werden kann“. Selbst Auffangnetze habe sie installieren lassen.
Aimer ließ nicht locker. In seiner Geräuschpegel-Not wandte er sich jetzt an das Landratsamt und konfrontierte dieses mit folgenden Fragen: Ist der Platz überhaupt genehmigt und wie laut darf es darauf sein? Wer darf ihn in welcher Zeit betreten?
Gestern im Gemeinderat
Wie das Landratsamt auf diese Fragen reagierte, verlas der Bürgermeister in der gestrigen Gemeinderatssitzung. Aus dem Schreiben der Behörde gehe hervor, so Hartl, dass „der Bolzplatz als genehmigt zu betrachten und nicht zu beanstanden ist“. Das Amt mache die Gemeinde aber darauf aufmerksam, dass sie für die Platzordnung zuständig ist.
Ein achtstündige Nutzungszeit zwischen 7 und 22 Uhr halte das Landratsamt auf dem Kinderspielplatz für sinnvoll, so Hartl weiter. Ebenso eine Beschilderung, die besagt, dass der Zutritt maximal bis zum Alter von acht Jahren gestattet ist. Auf dem Bolzplatz soll das Alter auf 18 Jahre beschränkt werden. Hartl merkte dazu an: „Bislang waren über 18-Jährige nicht ausgesperrt, aber wenn die Rechtslage so ist, werden wir uns daran halten“.
Gmund will keine Reglementierung
Das wiederum fand Gisela Hölscher (FWG) „ganz furchtbar“. „Wir wollen doch, dass die Leute rausgehen. Wir wollen doch leben und den Kindern was bieten“. Sie könne einer weiteren Reglementierung auf keinen Fall zustimmen. Sie „tät’s drauf ankommen lassen“. Hartl war ganz ihrer Meinung. „Die Eltern sollen mit den Kindern spielen. Wie viele Eltern haben heute noch die Zeit dazu?“ fragte er in die Runde.
Die Acht-Stunden- Grenze auf dem Spielplatz sei vielleicht noch okay, fuhr Hartl fort, eine Altersbeschränkung auf dem Bolzplatz aber keinesfalls. Dem stimmte Hölscher voll zu: „Ja! Ich stelle hiermit einen Antrag, dass wir alles so lassen, wie es ist. Wir wollen keine Reglementierung. Lasst uns ein Zeichen für Kinderfreundlichkeit setzen“.
„Tote Hose“ auf dem Platz
Auch Norbert Kerkel (FWG) war der Meinung, man sollte das Risiko eines Rechtsstreits eingehen. „So groß wird der Schaden nicht sein“. Robert Englmann (CSU), der im April geäußert hatte, dass „Kinderlärm keine schädliche Umwelteinwirkung“ habe, beschwichtigte: „Das Prinzip „Verklag mich doch“ hilft auch nicht weiter, wenn wir uns über die geltende Rechtslage hinwegsetzen“.
Man könne Eltern, die ihren Kindern Fußball beibringen wollen, doch nicht verbieten, den Platz zu betreten, mischte sich der dritte Bürgermeister Rudi Reber ein. Eltern hätten ja schließlich auch eine Aufsichtspflicht. Bürgermeister Hartl und Günter Schmöller (FWG) wandten ein, dass auf dem Platz ohnehin nie viel los sei, wenn sie daran vorbeifahren.
Das auf dem Platz „tote Hose“ sei, bestätigte auch Gwendolin Kalch (SPD). Sie schlug eine längere Vormittags- und Mittagspause zur achtstündigen Öffnungszeit vor, beispielsweise von 15 bis 20 Uhr.
Entscheidung vertagt
Zum zweiten Mal weist Englmann darauf hin, dass ein Rechtsstreit möglichst vermieden werden sollte.. „Wir können nicht von den Bürgern erwarten, sie sollen sich an die Rechtslage halten, um uns dann sehenden Auges selbst über die Rechtslage hinwegzusetzen“. Auf einmal wurde es Andreas Hagleitner (FWG) zuviel:
Wir haben jetzt über eine Stunde geredet. Es reicht. Wir sollten die Rechtslage prüfen und später abstimmen.
Hartl nahm die Anregung dankend auf: „Wir kommen dem Vorschlag nach, vertagen die Entscheidung, und lassen die Sache rechtlich prüfen. Für die Väter, die mit ihren Kindern Fußball spielen“. Zugleich erinnerte an die eigene Kindheit, in der man sich doch bewegen wollte. „Schon traurig, die Welt“.
Georg Rausch (CSU) bedauerte das ebenso. Es scheine „der erste Spielplatz zu sein, der so reglementiert ist“. Ob das in anderen Gemeinden genauso sei, sollte man doch „bitte einmal erfragen“. Zum Schluss warf Rudi Reber ein, über einen Grundstückstausch nachzudenken. Er nannte auch einen Namen. „Vielleicht sollte man mit ihm reden und eine vernünftige Regelung finden“. Wie Waakirchens Geschäftsleiter Markus Liebl aber auf telefonische Nachfrage versicherte, sei dies ein “nicht ernst gemeinter” Einwand gewesen.
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