“Wenn es nach dem geht, wäre das gesamte Tegernseer Tal eine einzige Stadt”

Im Rahmen der gestrigen Bürgerversammlung ließ Rottachs Bürgermeister Franz Hafner seinem Ärger freien Lauf. Der Unmut Hafners richtete sich vor allem gegen Kreisbaumeister Werner Pawlovsky. Dabei äußerte er sich besorgt über die Bauwut in Rottach-Egern. Vor allem die großzügige Auslegung mancher Vorschriften ist ihm ein Dorn im Auge.

Gestern gegen halb 9 Uhr war es so weit: die ansonsten harmonische Bürgerversammlung im Rottacher Seeforum wurde kurz hitzig. Bürgermeister Franz Hafner informierte die Zuhörer über die Probleme, die die Gemeinde in letzter Zeit mit einigen Bauherren, dem Landratsamt und speziell Kreisbaumeister Werner Pawlovsky hat:

Wenn es nach dem geht, wäre das gesamte Tegernseer Tal eine einzige Stadt.

Anzeige

Hafner hatte dabei vor allem die bauliche Entwicklung in seiner Gemeinde im Blick. „Diese bereitet mir große Sorgen“, so der Bürgermeister. Als eines der Hauptprobleme sieht er die Vorgänge rund um die sogenannte Erbengeneration.

Bauträger hebeln die Vorschriften aus

Aus den unterschiedlichsten Gründen können und wollen viele, die in Rottach-Egern ein Haus erben, es nicht weiter behalten und sehen sich daher nach einem Käufer um. Da sie einen möglichst hohen Preis erzielen wollen, bieten sie das Grundstück oft Bauträgern und externen Investoren an.

Diese kaufen das Anwesen und reißen es meistens ab. Das Ziel „maximaler Profit“ bedeutet in der Realität: dort, wo bislang ein einzelnes Haus stand, werden mehrere Häuser oder ein möglichst großes Mehrparteienanwesen errichtet.

Baustellen prägen immer wieder Rottachs Ortsbild / Quelle: Archiv

Das bringt den Bauherren den größten Ertrag. Fügt sich das Bauvorhaben auch in die Nachbarschaft ein, muss die Gemeinde in fast allen Fällen eine Genehmigung erteilen. Laut Hafner versuchen die Bauträger dabei meistens, die vorhandene Ortssatzung so weit wie möglich auszureizen.

So werde einfach aus mehreren Gebäuden der Umgebung immer das höchste Maß als Vergleichswert herangezogen. „Länge von Haus A, Breite von Haus B und Höhe von Haus C, so wird unsere Satzung bis zum letzten Quadratzentimeter ausgereizt“, weiß Hafner. Oft werde dabei auch geltendes Bundesrecht gezielt genutzt, um die gültige Ortssatzung einzuschränken. „Gegen Bundesrecht ist unsere Satzung sowieso null und nichtig“, so ein fast schon resignierter Hafner.

Rottach will sich wehren

Nichtsdestotrotz versucht die Gemeinde bereits seit Langem, dieser gängigen Praxis einen Riegel vorzuschieben. Denn es könne laut Hafner nicht sein, „dass sich Bauträger aus verschiedenen Gebäuden die höchstmöglichen Werte rausnehmen und das zu ihren Gunsten nutzen“.

Eine Veränderungssperre soll der zunehmenden Verdichtung Abhilfe schaffen. „Mal sehen ob wir damit durchkommen.“ Als negatives Beispiel führte Hafner die Entwicklungen in der oberen Kißlingerstraße an. Dort sind vor einigen Jahren zahlreiche Mehrfamilienhäuser mit sehr dichter Bebauung entstanden. Dies brachte Hafner dazu, die dortigen Gebäude mit einer Kasernenstadt zu vergleichen.

Im oberen Bereich der Kißlingerstraße sind in den letzen Jahren Mehrfamilienhäuser in relativ dichter Bebauung entstanden

Gegen solche Projekte will Rottach-Egern offenbar in Zukunft stärker vorgehen. Das Landratsamt Miesbach war dabei allerdings bislang keine besonders große Hilfe.

“Wenn die Gemeinde sagt, sie will hier keine Bebauung, kommt das Landratsamt mit der weitestmöglichen Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen und macht uns einen Strich durch die Rechnung.“

Hafner wünscht sich dabei auch mehr Rückendeckung von Kreisbaumeister Pawlovsky. Insbesondere eine Aussage des obersten Bauaufsehers im Landkreis gegenüber der Zeitung ärgert den Bürgermeister: „Wir werden es wohl nicht schaffen, die Planungshoheit der Gemeinden einzuschränken und ihnen zu verdeutlichen, kein weiteres Bauland mehr auszuweisen.“

Für Hafner gehen diese Worte an der Realität vorbei. Man wolle ja gerade eben kein neues Bauland ausweisen. Pawlovsky bringe die Gemeinden im Tal mit dem Verweis auf weitestmögliche Auslegung der Satzungen oft dazu, noch größere Bauten zuzulassen. „Da werde ich fuchsteufelswild“, so ein sichtlich geladener Hafner.

Der Kreisbaumeister wollte heute trotz mehrfacher Anfrage keine Stellungnahme abgeben, kündigte aber an, sich mit dem Rottacher Bürgermeister in Verbindung setzen zu wollen.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner