Abhängig aus Liebe

Ein Leben mit einer Sucht ist schwierig – sowohl für Betroffene als auch deren Umfeld. Bezugspersonen laufen dabei oftmals Gefahr, in eine Co-Abhängigkeit zu rutschen. Ein Verein in Holzkirchen möchte Familien, Partnern und Freunden von Suchtkranken helfen.

Auch ohne eigenen Konsum ist eine folgenreiche Abhängigkeit möglich.
Auch ohne eigenen Konsum ist eine folgenreiche Co-Abhängigkeit möglich.

Abhängigkeit – umgangssprachlich Sucht – bezeichnet in der Medizin das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesen erreichen Betroffene beim übermäßigen Konsum von Drogen und Alkohol, am Glücksspielautomaten, Geschlechtsverkehr, Computerspiel oder Onlineshopping. Die Liste weiterer Süchte ist endlos.

Negative Folgen hat eine solche Suchterkrankung jedoch nicht nur für den Abhängigen selbst, sondern auch für das direkte Umfeld des Süchtigen. Eben diese Personen begeben sich in die Gefahr, unbemerkt Co-Abhängige zu werden. Dabei bezeichnet Co-Abhängigkeit das psychiatrische Konzept, nach dem Bezugspersonen eines Suchtkranken dessen Sucht durch ihr Tun oder Unterlassen zusätzlich fördern oder selber in irgendeiner Form darunter leiden.

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„Ich dachte alles wird gut. Wurde es aber nie“

Dabei betrifft ein solches Verhalten längst nicht nur Partner und Freunde. Auch die Arbeitskollegen, die den Rausch des Abhängigen im Beruf stillschweigend billigen, leisten Beihilfe. Ein eigener Kosum in Folge dessen ist nicht notwendig, um von einer Co-Abhängigkeit zu sprechen. Sie bezeichnet lediglich das unterstützende Verhalten sowie das in Mitleidenschaft gezogen werden.

Eine, die sich mit diesem Thema besonders gut auskennt, ist die 31-jährige Marianne. Die Holzkirchnerin berichtet aus Erfahrung: Neun Jahre Beziehung mit einem schweren Alkoholiker samt Borderline-Persönlichkeitsstörung. Auch Gewalt war keine Seltenheit. Und finanziell wurde die Co-Abhängigkeit zu ihrem Ex-Mann zur Riesenbelastung. Sie selbst blieb während dieser Zeit stets nüchtern.

Ich habe versucht ihn zu retten, habe seine Probleme zu meinen gemacht. Ich habe einfach gedacht, alles wird gut. Das wurde es aber nie.

Sie habe sich geschämt, so die Holzkirchnerin. “Geschämt, dass ich das mit mir machen lasse.“ Erst nach neun Jahren, zwei davon als Ehepartner, war Schluss: „Ich konnte einfach nicht mehr. Er hatte mich komplett ausgesaugt. Was blieb, war eine innere Leere.“

Seit ihrer Trennung sind drei Jahre vergangen. Heute leitet die 31-Jährige die Selbsthilfegruppe des Vorbild Jugendlicher-Leitbild Mensch e.V. Diese trifft sich montags um 19 Uhr am Ladehof. „Interessierte können sich gerne telefonisch melden. Die Nummer findet jeder auf der Internetseite des Vereins,“ so die Initiatorin.

Der Weg zurück zur Normalität

Nach der Trennung begann ein neues Leben für Marianne. Sie besuchte selber zuerst eine Selbsthilfegruppe, trainierte Kampfsport und begann sich bewusst zu ernähren. In dieser Zeit sagt sie, habe sie viel über sich gelernt: „Ich habe zu mir selbst gefunden. Dafür bin ich dankbar.“ Seit einem Jahr gibt sie ihre Erfahrungen an Betroffene weiter.

Doch ab wann gilt man als betroffen? „Man erkennt das recht gut daran, dass du irgendwann beginnst, die Sucht deines Partners zu decken und zu diesem Zwecke auch zu lügen“, erklärt sie. Zudem sei eine solche Co-Anhängigkeit von dem Gedanken geprägt, der andere würde sich schon ändern. Man selbst müsse nur helfen. Dann würde alles gut. „Doch die Wahrheit ist, du kannst die Probleme eines anderen nicht lösen, wenn er das nicht möchte. Du kannst nur schauen, dass du auf dich selbst Acht gibst und eine solche Beziehung rechtzeitig beendest, bevor sie dir schadet.“

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