Lokale Krimis vom Tegernsee: Wer den Ort der Handlung erkennt, der liegt im Trend

Von links: Andreas Föhr und Thomas Letocha im Gespräch mit Monika Gierth im Alten Schalthaus in Tegernsee

„Der Sennleitner behauptete, der Wiebek könne sich mit Bier gar nicht so zusaufen, wie damals geschehen. Das sei bei dem biologisch unmöglich. Doch Kreuthner konterte mit dem Argument, der Wiebek sei ein Mann von Prinzipien. Der habe seit seinem elften Lebensjahr keine andere Flüssigkeit als Bier zu sich genommen. Ein Anruf beim Wiebek hätte Klarheit gebracht. Aber der Wiebek hatte vor einem Jahr geheiratet und ging jetzt jeden Abend um zehn ins Bett, weil die Kleine ab fünf wach war und er dann aufstehen musste…“

Wer das Zitat erkennt – ist im Trend. Lokalkrimis sind im Trend. Dort wo sie spielen, verkaufen sie sich am Besten. Die Bücher von Andreas Föhr spielen rund um den Tegernsee, meist mit „Kommissar Wallner“ als Hauptfigur.

Vor dem Schalthaus
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Das Anfangszitat ist aus dem Debütroman „Prinzessinnenmörder“ des gebürtigen Gmunders, der inzwischen in Wasserburg lebt.

Föhr erklärt sich den Erfolg durch die jedem bekannten Orte in den Büchern, denn die haben die meisten seit frühester Kindheit verinnerlicht. Sein erster Krimi spielt am Spitzingsee, Nachfolger „Schafkopf“ am Riederstein. Die Romanfiguren sprechen natürlich bairisch. Das bairisch vom Tegernsee.

Die Idee kam beim Bier

Im Bräustüberl hatte Föhr damals mit seinem Klassenkameraden Thomas Letocha beschlossen, sich zu einem Autorenduo zusammenzutun. Beide haben am Tegernseer Gymnasium ihr Abitur abgelegt. Im Tegernseer Schalthaus erzählen sie auf der Literatur- und Medienwoche über ihre Arbeit als Drehbuchautoren.

Inzwischen sind 200 ihrer Vorlagen verfilmt worden. Bekannte Serien sind darunter: „Rosenheim Cops“, „Der Bulle von Tölz“, „Küstenwache“, „Soko 5113“ – Alarm für Cobra 11“, Der Staatsanwalt“, „Ein Fall für Zwei“.

Vom Musiker zum Krimiautor

Thomas Letocha ist gelernter Musiker, hat Jazzklavier, Komposition und Medientechnik studiert. Industrie- und Werbefilme gemacht. Für Magazine geschrieben. Und ebenfalls einen Kriminalroman verfasst. 2007 kam „Kommissar Wetzel“ mit „Der Anrufer, eine Leiche im Englischen Garten und nicht zu vergessen: Frau Dörfel“ in die Buchhandlungen. Schon der Titel lässt es erahnen – „Krimitainment“ nennt Letocha das scherzhaft. Täter und Opfer treiben sich in Münchner Kneipen herum. Dort, wo sich auch der Autor gern sehen lässt. Am liebsten im Fraunhofer Schoppenstüberl: Banker, Punker, der alte Akkordeonspieler, alle sitzen sie dort gemeinsam am Biertisch und haben Spaß.

Thomas Letocha im Gespräch

Das gefällt dem extrovertierten Schreiber. Und diese Locations lässt er auch in seinen Roman einfließen. Wer sein Debüt liest, taucht ins Münchner Nachtleben ab. Sein zweites Buch ist gerade am Entstehen. Kriminalroman? Liebesgeschichte? „Kommissar Wetzel habe ich erstmal in Urlaub geschickt,“ schmunzelt Letocha. Könnte sein, dass er eine völlig neue literarische Richtung einschlagen will. Man darf neugierig sein und sich drauf freuen.

Mordsgeschichten: Als Buch und Film

Beim Schreiben ergänzen sich Föhr und Letocha zu einer spannenden Mischung. Mordsgeschichten schreiben sie: gedruckt oder verfilmt. Das ist ihnen egal. Beides mache ähnlich viel Spaß. Ein Krimidrehbuch sei kürzer und bei weitem nicht so komplex wie ein Roman. Andererseits sei man beim Drehbuch gezwungen, eine Geschichte in einem sehr begrenzten Zeitraum zu erzählen. Das mache vieles schwieriger.

Das Geschriebene entsteht in jedem Fall gemeinsam. Ungewöhnlich eigentlich, stellt man sich einen Schriftsteller eher als einen vor, der einsam in seinem Kämmerchen sitzt und Ideen spinnt, tief gebeugt über Laptop oder Schreibmaschine.

Von der ersten Idee zum fertigen Text

In mehreren Phasen konstruieren die beiden die Story und entwickeln sie weiter. Zahlreiche Stunden wird über die Charaktere nachgedacht. Sie werden mit liebevollen und auch nicht so liebevollen – vor allem aber menschlichen Eigenschaften – ausgestattet. Wo kommt jemand her? Wo geht er hin? Was sieht er? Wie fühlt sich das an? Sind mehrere Menschen im Gespräch, braucht es vielleicht auch verschiedene Perspektiven, um dieses Gespräch im Film erlebbar zu machen. Nicht selten werden zwei, drei, manchmal noch mehr Drehbuchvarianten verfasst. Immer wieder wird redigiert, bis das fertige Schriftstück schließlich als Vorlage für den Film dient.

Andreas Föhr: "Der Deutsche ist in seinem tiefsten Innersten ein Provinzler"

Filmemachen ist Teamarbeit. Das sieht man an den Filmabspännen: Faszinierend, wie so viele Menschen aus einer Idee ein Ergebnis produzieren. Einer gibt dabei aber die Richtung an: Der Regisseur. „Leider hat man als Autor wenig Mitspracherecht bei der Produktion“, bedauert Letocha. Man sitzt zwar zusammen und spricht über Besetzung der Rollen oder die Gestaltung des Sets. Letztendlich entscheidet aber der Regisseur. Das Ergebnis macht den Autor dann manchmal gar nicht richtig froh. Frust mit dem die beiden Leben müssen.

Für Kriminachschub ist gesorgt

Da machen die Lokalkrimis scheinbar zufriedener: zumindest die Verkaufszahlen lassen das erahnen. „Der Deutsche ist in seinem tiefsten Innersten ein Provinzler“, meint Andreas Föhr. Damit das auch so bleibt, ist schon für Nachschub gesorgt. Der dritte -Roman, der im November erscheinen soll, sorgt für neuen Lesestoff. Natürlich spielt er wieder im Landkreis. Der Titel: „Karwoche“. Mehr wird nicht verraten.

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