Wie Bad Wiessee ausgetrickst wurde

Einst gehörte das Grundstück am „Friedl“- Badestrand einem Rottacher. Jetzt schafft dort ein Münchner als neuer Eigentümer Fakten. Dazwischen liegt ein Verwirrspiel um den wahren Bauherrn.

Die “See-Idylle” in Abwinkl war einmal.

Seit drei Wochen ist die vorletzte freie Wiese am Ringseeweg im Ortsteil Abwinkl eine Baustelle. Der Humus ist abgetragen, die Spundwände zur Sicherung des labilen Untergrunds mit Schwemmsand gesetzt. Für das 1.600 Quadratmeter große Grundstück in der „nachgefragten, prominenten Lage“, so die Werbung im Internet, hatte Eigentümer Christian D. bereits Ende 2015 Pläne eingereicht. Sie stammten vom Bauträger, der Schleunung AG.

Schon damals gab es Zweifel, ob der Grundstückseigentümer auch der wahre Bauherr ist. Denn D. hatte zwar die Idee, dort selbst zu bauen. Dafür soll ihm auch der Wiesseer Architekten M. einen Kostenvoranschlag ausgearbeitet haben. Doch letztlich wurde Christian D. wohl das Unterfangen zu teuer. Denn der Untergrund direkt an der Hochwasserlinie und im Uferbereich lässt für Keller und Tiefgarage nur eine kostenintensive Betonwanne mit Bodenanker zu, damit diese bei dem hohen Grundwasserspiegel nicht aufschwimmt.

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Diese beiden Grundstücke mit der Baustelle und der Villa gehörten dem Rottacher Christian D.

Auch das Hochwasser könnte gefährlich werden. Denn bei dem einen oder anderen Haus am Seeufer liefen beim Hochwasser 2013 die Untergeschosse bereits voll. Dies war dem „Wohnimmobilien-Berater“ D. und Geschäftsführer einer Rottacher Immobilien-Filiale auch bekannt. Dennoch ließ er die Gemeinde mit dem Eingabeplan im Glauben, weiterhin dort selbst einziehen zu wollen. Während der Bauausschuss im Februar 2016 also noch frohlockte, dass hier eine „einheimische Familie bauen“ und „es sich somit um kein Spekulationsobjekt“ handeln würde, waren die Würfel längst gefallen.

Zwei Villen – ein Bauherr

Da war die Schleunung AG bereits im Boot und D. offenbar nur quasi der Strohmann zur Verschleierung der Transaktion. Denn die Schleunung AG baute schon gegenüber am Ringseeweg eine Villa mit den gleichen Dimensionen für den Münchner Bauherrn Rudolf „Rudi“ L. Der ehemalige Siemens-Vorstand hatte das Grundstück ebenfalls von D. erworben, dessen Familie einst beide Grundstücke diesseits und jenseits des Ringseewegs besaß.

Nach Informationen der Tegernseer Stimme soll sich „Rudi“ L. bei Christian D. frühzeitig auch das Vorkaufsrecht für das „See-Idyll“ eintragen lassen haben, falls dieser das Grundstück verkaufen wollte. So kam es dann letztlich. Nun soll Rudolf L. im Besitz beider Grundstücke in bevorzugter Lage sein.

Der Münchner Bauherr lässt seine bisherige Villa nochmals
gegenüber erstellen.

Die im Bauausschuss vorgelegten Pläne der Schleunung AG zeigen, dass nun faktisch eine Kopie der bereits bestehenden Villa entstehen wird. Beide Entwürfe gleichen sich nicht nur im Baustil, sondern auch in ihren überdimensionierten Tiefgaragen mit fünf Stellplätzen samt Autolift. Parallel dazu soll es einen Pool mit Seeblick und ein Gartenhaus geben. Es ist abzusehen, wann der Münchner Rudolf L. zwei ziemlich identische Villen am See besitzt. Eine genügt ihm offenbar nicht.

Derweil haben mit der Grundstücksspekulation durch Christian D., der für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, Einheimische wieder das Nachsehen, wie so oft – nicht nur am Ringseeweg. Dort würden die Einheimischen immer weniger, erzählen die Verbliebenen. „Jetzt leben nur noch sechs Familien hier“.

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