Wie viel bringen Tagestouristen am Tegernsee wirklich?

Die Debatte ist aus dem Tegernseer Tal nicht mehr wegzudenken: „Braucht’s wirklich so viele Tagestouristen? Die überfluten unsere Heimat, verstopfen die Straßen. Kann man das nicht eindämmen?“ Die Wiesseer Gemeinderäte sehen das etwas anders. Denn TTT-Chef Christian Kausch machte deutlich: Das Tal braucht die Tagestouristen aus München und Co.

Wie viel Umsatz bringen Tagestouristen eigentlich jährlich im Tegernseer Tal?

Die Gemeinde Bad Wiessee lud Christian Kausch, Geschäftsführer der Tegernseer Tal Tourismus GmbH (TTT), zur Gemeinderatssitzung am Dienstag-Abend ein, um das Gremium auf den neuesten Stand zu bringen. Im Fokus stand vor allem, welche wichtige Rolle der Tourismus in der Region spielt und welche Auswirkungen die Corona-Krise bereits hatte.

Um den Wirtschaftsfaktor Tourismus für das Tegernseer Tal in Zahlen zu messen, gab die TTT eine Studie beim Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr e.V. (DWIF) in Auftrag. Denn für die TTT ist klar: „Vom Gastgewerbe über Einzelhandel, Dienstleistende oder Zuliefernde, regional Produzierende und Handwerksbetriebe – es gibt kaum einen Wirtschaftsbereich, der nicht vom Tourismus profitiert.“

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„Wir brauchen die Tagestouristen“

Tourismus sei sowohl wichtiger Jobmotor als auch Umsatzbringer für die Kommunen. Doch woran lässt sich der „Erfolg“ genau messen? Für Kausch liegt der Schlüssel in eindeutigen Zahlen. So generierte der Tourismus im Tegernseer Tal knapp 300 Millionen Bruttoumsatz. Kausch machte deutlich:

Davon ließen die vier Millionen Tagesgäste allein 95 Millionen Euro im Tal, das sind 1/3 der gesamten touristischen Einnahmen.

Auf diesen Punkt wollte Thomas Erler (CSU) nochmal explizit eingehen: „Ich frage mich, ob die Leute das wissen. Für mich war es überraschend, dass die Tagesausflügler ein Drittel der gesamten Einnahmen ausmachen.“ Er bezweifle, dass „das den Repräsentanten des Tegernseer Tals bekannt ist, die von genau dieser Gruppe in einer negativen Weise sprechen, die mich sehr verwundert.“

Den größten Anteil an den rund 300 Millionen Euro Umsatz haben gewerbliche Übernachtungsbetriebe und Tagestouristen. / Quelle: DWIF

Laut Kausch gebe es alle paar Jahre solch eine Studie. Eigentlich sollte also bekannt sein, wie wichtig der Tagestourismus für das Tal ist. „Am Ende ist es immer eine Gradwanderung. Einerseits brauchen wir den Tagestourismus. Andererseits gibt es immer wieder solche Ausnahmetage, an denen alle Einheimischen im Tal stöhnen.“

Auch Benedikt Dörder (SPD) meldete sich hierzu zu Wort: „Mir hat es überhaupt nicht gefallen, welche Stimmung da in den vergangenen Wochen im Tal entstanden ist. Gastronomen haben sich gezwungen gefühlt, Plakate aufzuhängen, dass hier jeder willkommen ist.“ Es gehe um das Gefühl, das man vermittle.

Es ist unsere Aufgabe, dem entgegenzuwirken. Mir gefällt es auch nicht, wenn ich von Gmund nach Wiessee eine halbe Stunde brauche. Aber wir brauchen die Menschen, wir brauchen die Touristen.

Neben Tagesgästen, wurden im Jahr 2019 insgesamt 1,57 Millionen Übernachtungen von 370.000 Gästen im Gesamtwert von 201,5 Millionen Euro erfasst. Bei den Übernachtungszahlen im Tegernseer Tal macht Bad Wiessee rund 40 Prozent aus. „Bad Wiessee ist damit die touristisch stärkste Gemeinde im Landkreis. Auf Platz zwei folgt Schliersee, auf Platz drei liegt Rottach-Egern“, so der TTT-Chef.

So viele Menschen im Tal arbeiten im Turismussektor

Allein im Tegernseer Tal gebe es laut Kausch 636 Gastgeberbetriebe, davon 223 in Bad Wiessee. Dazu kommen noch rund 200 Gastronomiebetriebe, „die von den knapp 300 Millionen Euro Umsatz aus dem Tourismus im Jahr 2019 profitierten.“ Auch der Einzelhandel, Ärzte, Therapeuten, Pflegedienste, Handwerksbetriebe und Selbständige ziehen ihren Nutzen aus dem Tourismus im Tal.

Neben dem Gastgewerbe profitieren vor allem der Einzelhandel und der Dienstleistungssektor vom Tourismus im Tal. / Quelle: DWIF

Der Tourismussektor sei damit einer der wichtigsten Jobbringer der Region. „Von den 24.100 Einwohnern des Tegernseer Tals arbeiten rund 3.900 im Tourismussektor, wenn man die Zahl aller Beschäftigten auf Vollzeitstellen umrechnet“, so Kausch. Zudem können sich auch die Gemeinden über die zusätzlichen Einnahmen durch Steuern, Kurtaxe, Gewerbetourismusabgaben und Parkgebühren freuen – sie liegen bei rund 30 bis 80 Millionen im Jahr. „Diese Einnahmen wiederum ermöglichen Investitionen in die Infrastruktur.“

Insgesamt sind die Übernachtungszahlen in den letzten sieben Jahre um etwa zwei Prozent und die Tagesgäste sogar um etwa 17 Prozent angestiegen. „Schließlich nützen die Investitionen in den Tourismus nicht nur den Gästen – auch die Einheimischen profitieren davon, etwa durch das große gastronomische, kulturelle und Freizeit-Angebot, die bessere Gesundheitsversorgung und die attraktiven Ortsbilder.“

50 Millionen Umsatzausfall durch Corona

Neben den aktuellen Zahlen aus dem vergangenen Jahr, hat die Studie des DWIF auch die Auswirkungen der Corona-Krise ausgewertet. Dass die Tourismusbranche hart betroffen ist und sich nur langsam erholen wird, sei eine bittere Pille. Die Konsequenzen macht Kausch mit Zahlen deutlich:

Zwischen dem 17.3. und 21.5. gab es schlichtweg keinen Freizeittourismus. Das bedeutet umgerechnet einen Umsatzausfall von knapp 50 Millionen Euro im Tegernseer Tal.

Insbesondere der noch weiter anhaltende Ausfall von großen Veranstaltungen, Tagungsgästen und Gruppenreisenden werde sich laut Kausch noch lange bemerkbar machen. „Für die Gemeinden bedeutet dies geringere Steuereinnahmen und für die TTT einen Wegfall der laufenden Einnahmen aus TegernseeCard, Veranstaltungen und Provisionen.“

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