Die ehemals konstant sprudelnde Einnahmequelle Gewerbesteuer versiegt in Holzkirchen zusehends. Nicht nur, dass bedeutende Firmen wie Panasonic den Ort verlassen. Dank weltweiter Abschreibungen, tragen auch die vorhandenen Unternehmen immer weniger zum Finanzhaushalt bei.
Um diese Entwicklung zu stoppen, setzt man in der Marktgemeinde vor allem auf Wachstum. Zentrales Element dieser Strategie ist das neue Gewerbegebiet in Föching. Mit der Ausweisung des Gebietes will man nicht nur erreichen, dass sich neue Unternehmen in Holzkirchen ansiedeln, sondern auch den Zuzug hochqualifizierter Arbeitskräfte. Diese sollen dem Ort über die Einkommenssteuerbeteiligung wieder zum Aufschwung verhelfen.
Im neuen Gewerbegebiet haben die Verantwortlichen alle Fäden in der Hand. Da sich die Grundstücke im Besitz der Marktgemeinde befinden, können Bürgermeister und Gemeinderat selbst entscheiden, welche Betriebe zum Zug kommen. Bewusst hat man sich beispielsweise dazu entschlossen keine Einzelhändler, Logistik-Unternehmen oder Betriebswohnungen entstehen zu lassen. Stattdessen legt man den Fokus auf Unternehmen aus Forschung, Entwicklung, Handwerk und Produktion.
“Ein Teufelskreis”
Für das Gewerbegebiet Nord haben sich bis jetzt Bosch Engineering, die Josef Weiss Plastic GmbH, Streit TGA, Data M Engineering sowie ein Impulszentrum angekündigt. Viele weitere sollen noch folgen. Während bei Bosch die Mitarbeiter beispielsweise neuartige Antriebssysteme für Autos entwickeln sollen, arbeiten in den anderen Firmen Software-Entwickler oder Ingenieure, die Messanlagen für Luftfahrt und Klimatechnik herstellen.
Damit bekommt Holzkirchen die hochbezahlten Fachkräfte, die es sich wünscht. Doch für die Gemeinde ist der Zuzug von Gewerbe und Fachkräften zunächst einmal mit enormen Kosten verbunden. Straßen müssen gebaut, Glasfaserkabel und Abwasserrohre verlegt werden. Zugleich muss die Gemeinde Voraussetzungen für eine angemessene Kinderbetreuung schaffen, sowie neues Bauland ausweisen.
Die Grünen kritisieren diesen Ansatz. Gemeinderätin Ulrike Küster begrüßt zwar die Vorgabe, dass man sich aus finanzpolitischer Sicht nicht nur auf ein oder zwei Unternehmen konzentrieren dürfe, sondern eine vielseitiges Gewerbe brauche. Allerdings verstehe sie nicht, warum dafür so viele auswärtige Unternehmen angesiedelt werden müssen, die natürlich auch wieder ihre Mitarbeiter mitbrächten.
Ihrer Meinung nach führt dieses Denken in einen Teufelskreis. Das Wachstum Holzkirchens müsse mit der Ansiedlung weiterer Fachkräfte und Gewerbe finanziert werden, die dann wiederum neue Kosten verursachen. „Es wird immer größer, immer mehr. Wo hört das auf?“, fragt sich Küster.
Ziel: Wachstum von 200 Einwohnern pro Jahr
Bürgermeister Olaf von Löwis verteidigt den Ansatz. Zwar gäbe es diese Kette aus Gewerbeansiedlung und Infrastrukturmaßnahmen natürlich schon, gibt er zu. „Aber ich finde es muss für eine Gemeinde trotzdem möglich sein, am Ort Arbeitsplätze zu schaffen“.
Dies sei in Bezug auf kürzere Arbeitswege schließlich auch ein ökologischer Faktor. Das Stichwort muss kontrolliertes Wachstum heißen, erklärt von Löwis. Bereits im Jahr 2005 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass ein Wachstum von 200 Einwohnern pro Jahr akzeptabel und wünschenswert wäre. „Aber das haben wir noch lange nicht erreicht“, betont der Bürgermeister.
Derzeit wachse Holzkirchen um rund 100 Einwohner pro Jahr. Gleichzeitig büße man allerdings Wohnraum ein. Daher sei es wichtig, mehr attraktiven Wohnraum zu schaffen. Doch hier stößt die Gemeinde auf Widerstand. Insbesondere die Bewohner von Erlkam fühlen sich nicht wohl bei der Vorstellung, dass in die seit Jahren gewachsene Dorfstruktur nun zahlreiche neue Wohngebäude entstehen sollen.
Die Erlkamer glauben, dass die Integration so vieler fremder Menschen schwer werden könnte. Bereits am Rande seines Interviews mit der Holzkirchner Stimme im Juli hatte von Löwis allerdings klargestellt, dass er in solchen Fällen lieber Wohnraum für Zuzügler schaffen wolle, als auf die Bedenken der Einwohner einzugehen. „Diese hätten sich schließlich auch gefreut, dass ihnen zu ihrer Zeit Wohnraum zur Verfügung gestellt wurde“, so seine damalige Argumentation. Denn eins ist aus Sicht Löwis´ klar:
Ohne Wachstum fallen wir zurück!
Für Ulrike Küster ist dieser Ansatz allerdings nicht ganz nachvollziehbar. „Wachstum um des Wachstums willen sehe ich nicht als Heilsbringer“, so die Grünen Gemeinderätin. Auf Dauer hätte dies nur den Effekt, dass immer mehr Wiesen verschwinden würden und Auswärtige in Holzkirchen wohnen werden.
Grüne haben keinen Lösungsvorschlag
Küster und ihre Fraktionskollegen kritisieren vor allem, dass man sich in der Gemeinde offenbar nur wenig Gedanken darüber mache, wo dieses Wachstum hinführe. Ursprünglich sei das neue Gewerbegebiet für 100 Jahre vorgesehen gewesen. Mittlerweile ist nur noch die Rede von den kommenden 25 Jahren. Würde sich ein geeigneter Käufer finden, würde man die Flächen auch auf einen Schlag verkaufen, befürchten die Grünen.
Eine geeigneten Lösung für die Situation habe sie indes auch nicht, wie Küster zugeben muss. Daher gehe es ihr im Moment vorrangig darum, ein Problembewusstsein zu schaffen. „Wir Grünen wollen einfach, dass darüber offen diskutiert wird“.
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