Wiessee will Ortsbild um jeden Preis schützen

In Bad Wiessee soll das Ortsbild um jeden Preis geschützt werden. Dafür plant die Gemeinde nun, für einen Großteil der Gemeindegrundstücke Bebauungspläne aufzustellen. Ein heikles Thema, wird diese Regelung doch hunderte von Grundstücken betreffen und zumindest bei einigen den Wert deutlich mindern.

Einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Ärger gab es dann am Dienstag im Wiesseer Gemeinderat. Zwischen „Vermögensenteignung“ und „Angst schüren“ stritten die Mitglieder über die Entscheidung.

Um auf Bauwerber wie hier am Radlmaierweg besser reagieren zu können, will Wiessee nun handeln
Um auf Bauwerber, wie hier am Radlmaierweg, besser reagieren zu können, will Wiessee nun handeln.

Das Ortsbild in seiner jetzigen Form zu schützen, ist in allen Gemeinden am See eine große Herausforderung. Doch in Wiessee hat man sich nun dazu entschieden, das Ortsbild auch mit relativ drastischen Mitteln zu bewahren. Nämlich mit Bebauungsplänen.

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Diese sind normalerweise der letzte Ausweg einer Gemeinde, will sich ein Bauwerber nicht an die getroffenen Vorgaben halten. Dabei sei das Vorgehen nicht optimal, wie Bauamtsleiter Helmut Köckeis bei der letzten Gemeinderatssitzung betonte: „Es ist immer unangenehm, wenn man im Nachhinein so handeln muss.“

Auslöser Radlmaierweg

Auslöser für die großangelegte Erstellung von Bebauungsplänen war ein Bauvorhaben im Radlmaierweg. Dort wollte ein neuer Bauherr Eigentumswohnungen errichten, die sich von der Höhe her nach den dahinter liegenden, dreigeschossigen Gebäuden richten sollten.

Dem Gemeinderat war das jedoch zu groß und so entschied man, das Vorhaben abzulehnen. Im Landratsamt wäre der Bauantrag aber wohl dennoch durchgegangen. „Wenn das Landratsamt einen Bauantrag ablehnt und vor Gericht verliert, ist es schadensersatzpflichtig. Daher genehmigt es in Grenzfällen eher großzügig“, erklärte Köckeis aus der täglichen Praxis. Im konkreten Fall konnte man sich zwar mit dem Bauwerber einigen. „Hätten wir hier schon einen Bebauungsplan gehabt, wären wir aber in einer besseren Verhandlungsposition gewesen“, stellte Bürgermeister Höß klar.

Der richtige Weg

Daher will man in Wiessee nun handeln. „Wir wollen Klarheit schaffen, damit jeder von Anfang an weiß, wo er was bauen kann“, so Köckeis. Und so sollen für viele Grundstücke in Bad Wiessee Bebauungspläne aufgestellt werden. Allerdings sei nicht geplant, eine „Käseglocke“ über Bad Wiessee zu stülpen, erklärte der Bauamtsleiter. Vielmehr werde man den Bauherren auch weiterhin Spielraum lassen und die Baugrenzen sehr groß ansetzen. Sonst müsse man bei jeder kleinen Veränderung den Bebauungsplan ändern, und „das kann nicht Sinn der Sache sein“.

Dennoch ist es natürlich auch so schon eine Menge Arbeit für Verwaltung und Gemeinderat. Doch aus Sicht der praktizierenden Baujuristin und Gemeinderätin Claudia Martini (SPD) trotzdem der richtige Weg. „Wenn wir jetzt nicht handeln, ist unser Ort in zehn Jahren nicht mehr der selbe“, so Martini. Ähnlich sieht es auch Bürgermeister Höß. Seiner Meinung nach würden die hiesigen Grundstücksbesitzer von der stetigen Preisentwicklung profitieren, die auch ein Verdienst des Ortsbildes sei.

Grundstücke weniger Wert

Kritik kam dagegen von Seiten der CSU. So erklärte Hartwig Bayerschmidt, dass er nicht verstehen könne, warum man so eine Entscheidung 19 Tage vor der Wahl fällen müsse. „Das sollte der neue Gemeinderat entscheiden“, so Bayerschmidt. Außerdem forderte er mehr Bürgerbeteiligung und schlug daher eine Bürgerversammlung vor.

Und auch sein Fraktionskollege Kurt Sareiter meldete Bedenken an. Es sei klar, dass es im Zuge der Maßnahmen zu Vermögensenteignungen kommen werde. Denn durch die strengen Vorgaben der Gemeinde sind die Grundstücke für Investoren natürlich nicht mehr so attraktiv. Maximaler Ertrag durch Wohnungsbau dürfte so nicht mehr ohne weiteres möglich sein.

Blick auf die Mitte von Bad Wiessee mit einem klassischen Nutzungsmix
Das Ortsbild von Bad Wiessee soll erhalten bleiben.

Bedenken, die von den anderen Gemeinderatskollegen allerdings nicht gut aufgenommen wurden. Von Wahlkampf war die Rede, und dass die Bedenken gegen jede Realität sprechen. „Ich erinnere mich an das Quercherfeld. Da haben wir den Bebauungsplan immer im Sinne der Antragsteller angepasst“, betonte Karl Sauer. Zudem sei die Rede von Enteignung nur dazu da, Angst zu schüren, und werde dem Projekt nicht gerecht, so Martini.

Ehe der Streit zu eskalieren drohte, brachte Bürgermeister Höß den Plan zur Abstimmung, der gegen vier Stimmen aus der CSU angenommen wurde. Damit wird die Gemeinde nun in den kommendem Monaten und Jahren sukzessive daran arbeiten, die unbeplanten Flächen im Gemeindebereich mit Bebauungsplänen zu versehen. Im Rahmen der vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren rechnet man in der Verwaltung allerdings schon jetzt mit großem Widerstand von Seiten der Grundstücksbesitzer.

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