Im Juli wurde im Gemeinderat von Bad Wiessee bekannt, dass das vom Architekten Matteo Thun geplante Badehaus einschließlich der Quellensanierung mit 1,2 Millionen Euro insgesamt gut 6,7 Millionen Euro kosten werde. Greift das Finanzierungskonzept, das Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) in der gleichen Sitzung vorlegte, hätte die Gemeinde noch Gesamtkosten von 3,4 Millionen Euro zu schultern, bei einem Schuldenberg von 28,5 Millionen Euro.
Doch dieser könnte noch höher werden, da bislang wenig über die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des „kleinen aber feinen“ Badehauses bekannt wurden. Klar ist nur, dass der Badebetrieb lange defizitär bleiben wird, und eine schwarze Null hier nicht in Sicht ist. „Seit 26 Jahren schreiben wir schon rote Zahlen“, gab im Juli Ingrid Versen (CSU) zu bedenken.
Betriebskosten höher als gedacht
Das Minus dürfte wesentlich mehr werden, rechnet Dr. Hans-Jörg Rippe vor. Der ehemalige AOK-Abteilungsleiter war einst Geschäftsführer des Jodbads und beriet anschließend den Investor Joachim Heby bei dessen Planungen für ein Badehaus. Damit hatte dieser zwar die EU-weite Ausschreibung gewonnen, doch der Gemeinde war die monatliche Pacht von 30.000 Euro für den „überdimensionierten Kasten“ zu hoch.
Seitdem liegt Heby mit der Gemeinde im Clinch. Dies zur Vorgeschichte. Dennoch sollten Rippes neuerliche Berechnungen der Betriebskosten zu denken geben, denn solche Expertisen sind das Metier des Gesundheitsexperten. Er bezifferte die Betriebskosten für das neue Badehaus gegenüber der Tegernseer Stimme auf 960.000 Euro pro Jahr. Eingerechnet darin seien die Kosten für das Personal, Energie, Wäsche, Geräteleasing und Salzzusätze für das Wasser, Versicherungen, Abgaben und der Technikunterhalt.
Wann werden 28.000 Anwendungen erreicht?
Entscheidend sind die Einnahmen des neuen Badehauses, die den jährlichen Fixkosten von fast einer Million Euro, so die Berechnungen von Rippe, von Anfang an gegenüberstehen werden. Bei den zuletzt genannten Zahlen von 16.000 Anwendungen pro Jahr dürften die Einnahmen bei etwa 400.000 Euro liegen. Werden die avisierten 28.000 Behandlungen in den kommenden Jahren erreicht, könnten daraus 700.000 Euro Umsatz werden. Hinzu kommen würden noch, so Rippe, die Mieteinnahmen der beiden Praxisräume. Dennoch bleibe in ein paar Jahren ein Minus von etwa 200.000 Euro jährlich. Die Gemeinde dagegen rechnet mit einem Defizit von knapp unter 100 000 Euro.
Doch Rippe sieht weitere Ausgaben auf Bad Wiessee zukommen.
Das sind zum Beispiel die Kosten für die Planungen von Matteo Thun und Eberhard von Angerer, die aus dem Erlös des Jodbad-Verkaufs zurückgeführt werden sollten. Daneben fallen die Abrisskosten des alten Jodschwefel-Bades, die Schließung der Adrian-Stoop-Straße und die Hochwassersicherung des Breitenbachs an. Auch für die Tanks zur kältegeschützten Zwischenlagerung von Jodschwefelwasser und Parafin in der Bauphase fallen Kosten an.
Selbst die Bezuschussung des Bauvorhabens durch den Freistaat sieht Rippe mehr als fraglich, „da man Probleme mit den Förderbedingungen haben wird“. Nach einer EU-Verordnung und einer Neuordnung der Bezuschussungsrichtlinien dürfte das Vorhaben nur noch bezuschusst werden, „wenn es sich entweder um eine unabwendbare Investition der Daseinsvorsorge handelt”. Doch das, so Rippe, sei das Badehaus sicherlich nicht. “Oder wenn sichergestellt ist, dass sich die Investition nach Fertigstellung selbst trägt“.
Geänderte Förderbedingungen
Hintergrund sei, dass viele Kommunen Mittel abgerufen hätten und nach der Fertigstellung die Unterhaltskosten nicht aufbringen konnten. Auch die Kassenzulassung sieht der Ex-Geschäftsführer des Jodbads noch nicht in trockenen Tüchern, denn für das hochwirksame Heilmittel würden inzwischen die unterschiedlichsten ärztlichen Berufsgruppen fehlen.
Womöglich werden diese Szenarien Rippes von seinen Kritikern auch als Worst-Case abgetan oder als späte Rache eines ehemaligen Mitarbeiters. Doch die Zahlen des Insiders könnten als Grundlage für weitere Diskussionen um das Millionen Euro teure Badehaus im Kurort dienen.
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