Wiesseer Wasserradl für Nepal

Über ein Jahr wurde es am Söllbach in Bad Wiessee getestet. Nun steht das Kleinstwasserkraftwerk für den Export bereit. Ein Projekt für Hilfe zur Selbsthilfe.

Seit einem Jahr ist das Wasserrad am Söllbach in Betrieb

Klassische Wasserräder eignen sich hervorragend für die Nutzung geringer Fallhöhen von 1 bis 2 Metern, urteilen die Initiatoren dieser Pilotanlage, das E-Werk Tegernsee und die Technische Universität München (TUM). Bei dem Kleinstkraftwerk an der Söllbachklause handelt es sich um ein „oberschlächtiges“ Wasserrad, bei dem das Wasser von oben zuläuft. Bei der vorhandenen Wassermenge von 90 Litern pro Sekunde erzielt es eine mechanische Leistung von 60 Watt. Die Kraft des Rades wird über zwei Keilriemen aus dem Kfz-Bereich auf ein Getriebe übertragen, das die Umdrehungen auf etwa 1000 für den Generator erhöht.

Der günstige und äußerst robuste, weltweit verfügbare Asynchronmotor erzeugt rund 230 Volt Wechselspannung – zum Handyladen, für PC, Fernseher oder Radio. Die Pilotanlage am Söllbach soll nun beim Probebetrieb beweisen, dass sie für den Einsatz in Nepal vor Ort taugt und robust und kostengünstig genug ist, um auch im fernen Himalaya zu bestehen. „Nun ist erwiesen: Alles passt“, so Florian Appel für das E-Werk. Das Konstruktionsprinzip des „bayerischen“ Wasserrads kommt in Nepal zum Einsatz. „In der angedachten Größenordnung könnte sie zum Beispiel eine Schule oder drei Familien mit Strom versorgen“, erklärt Stephan Baur als wissenschaftlicher Mitarbeiter der TUM.  

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Low-Tech statt High-Tech

Während die eine Hälfte der Bevölkerung in Nepal ohne Stromanschluss lebt, so Baur, wird die andere mit Stromausfällen von bis zu 16 Stunden pro Tag konfrontiert. Ziel des Projektes sei es daher, abgelegene Regionen Nepals mit Strom zu versorgen. Dort sei eine einfache, kostengünstige und robuste Technik gefragt, die zugleich wartungsarm und vor Ort unter den gegebenen Rahmenbedingungen realisierbar ist. Die Aufgabenstellung war daher: Low-Tech statt High-Tech.

Die Vision von Baur ist es, dass die Anlagen durch den vermittelten Wissenstransfer von einheimischen Handwerkern eigenständig hergestellt, installiert und gewartet werden können. Bei der Konstruktion sollen möglichst viele Materialien und Komponenten verwendet werden, die vor Ort verfügbar sind. Durch Hilfe zur Selbsthilfe sollen so lokale Experten ausgebildet und befähigt werden, die Energiesituation in ihrem Land aus eigener Kraft zu verbessern, ohne dabei von materieller und finanzieller Unterstützung aus dem Ausland abhängig zu sein.

Denn die Grundvoraussetzung für ein solches Kleinstkraftwerk ist in Nepal gegeben. Das ehemalige Königreich im Himalaya verfügt aufgrund seiner Topografie über ein immenses Wasserkraftpotential, von dem derzeit technisch weniger als zwei Prozent genutzt wird.

E-Werk als Sponsor

Diese Sinnhaftigkeit sei es, die das E-Werk Tegernsee und seinen Chef Manfred Pfeiler bewogen habe, das Projekt der TUM während der Startphase weiter zu unterstützen. „Wir können mit einem vergleichsweise kleinen Aufwand viel erreichen“, betont Pfeiler, der mit dem E-Werk künftig auch weitere Projekte im Bereich erneuerbarer Energie unterstützen will, „dann freilich gern im näheren Umkreis“.

Für das Vorhaben in Nepal verzichte das E-Werk noch bis Herbst 2018 auf einen Teil des Erlöses aus dem „Oberland Strom Wasserkraft“-Tarif. Unterm Strich werde hieraus eine Fördersumme von rund 7.000 Euro erwachsen. „Selbstverständlich ohne Mehrkosten für unsere Kunden“, erklärt Pfeiler. „Ganz sicher aber schaffen wir mit unserem gemeinsamen Ja zur Nutzung der Wasserkraft einen Mehrwert für Menschen und Umwelt“.

Eingesetzt wird die Pilotanlage etwa eine Autostunde von Kathmandu entfernt, der Hauptstadt. Die Inbetriebnahme will Baur auch filmisch dokumentieren. Auch im Rahmen des Tegernseer Bergfilm-Festivals soll das Projekt vorgestellt werden.

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