Wiesseer wehren sich gegen “Kirchen-Abzocke”

Die Speyrer Ordensschwestern wollen das St. Josefsheim am Löblweg verkaufen. Künftig soll dort ein Appartmenthaus mit Ferienwohnungen entstehen. Doch die Gemeinde will sich von der Kirche nicht abzocken lassen.

Das Josefsheim im Löblweg – hierfür will sich die Gemeinde Bad Wiessee das Vorkaufsrecht sichern. Grundstücke, die sonst zu “Spekulationsobjekten” würden.

Das Josefsheim samt denkmalgeschützter Kapelle am Löblweg in Bad Wiessee steht leer. Gebaut hat es der Löblbauer in den 1930er-Jahren als Altersruhesitz. Später übernahmen die Schwestern, die dem Dritten Orden des Heiligen Dominikus aus Speyer angehören, das Haus und nutzten es als Ferienheim, bis es zum Pfarrheim der Wiesseer Katholiken wurde.

Doch der Pachtvertrag mit der Wiesseer Pfarrgemeinde ist mit dem Jahr 2016 ausgelaufen. Gekündigt worden war der Vertrag, weil die Ordensschwestern ihren Besitz am Löblweg verkaufen wollen. Aber: Bis heute ist der Verkauf noch nicht erfolgt. Seit dem Auszug der Flüchtlingsfamilie steht das Gebäude leer.

Anzeige

Neben der Diözese hat auch die Gemeinde Bad Wiessee ein Vorkaufsrecht. 2012 wurde das 2000 Quadratmeter große Grundstück bereits als Gemeindebedarfsfläche ausgewiesen, damit es nicht zum Spekulationsobjekt wird. Wiessee selbst hatte großes Interesse. „Aber die Preisvorstellungen beider Parteien gehen einfach zu weit auseinander“, erklärte Helmut Köckeis vom Wiesseer Bauamt. „Die Eigentümerinnen wollen zum höchstmöglichen Preis verkaufen.“

Gewinnmaximierung statt Sozialengagement

Das Thema stand deshalb im Gemeinderat gestern Abend erneut zur Diskussion, da nun ein Antrag auf Vorbescheid eingereicht wurde. Es handelt sich hierbei um den Neubau eines Appartmenthauses mit 22 Einzelzimmern samt Bädern und zwei größeren Ferienwohnungen im Dachgeschoss. Das alte St. Josefsheim soll abgerissen werden.

An sich sei das laut Köckeis zwar eigentlich im Interesse der Gemeinde, doch in diesem Fall sind Wohnungen gar nicht erst zulässig. „Wir haben für das Grundstück einen Bebauungsplan, der eine relativ restriktive Art der baulichen Nutzung vorsieht.“ Im Klartext bedeutet das: wenn etwas Neues gebaut wird, muss das Gebäude für soziale Zwecke errichtet werden.

Was das Maß der Bebauung – sprich Länge, Breite und Höhe – angeht, werden die Festsetzungen des Bebauungsplanes zwar eingehalten. Jedoch bestimmt die Ortsgestaltungssatzung der Gemeinde, dass keinerlei Dachgauben zulässig sind. Hier in dem Gebäude sind insgesamt sechs Gauben geplant. „Das ist noch mal ein zusätzlicher Punkt, der nicht geht.“

„Das ist wirklich traurig“

Das wesentliche Kriterium sei allerdings die Art der baulichen Nutzung. „Auch wenn Ferienappartments durchaus im Sinne der Gemeinde wären, setzt der Bebauungsplan einfach fest, dass es ein Gebäude für soziale Zwecke sein muss. Daran scheitert es.“ Daher empfahl Köckeis, den Antrag abzulehnen.

Wiessees Vize-Bürgermeister Robert Huber (SPD) zeigte sich wütend über das Verhalten der Kirche und appellierte an das soziale Gewissen der Institution, von einem Gemeinderat keine Maximalpreise abzupressen:

Hier versucht man Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit darzustellen. Die Erzdiözese, zu der dieser Orden letztlich dazugehört, hat 400 Millionen Euro Barvermögen. Und von uns möchte man hier jetzt was abpressen, was wir nur für die Gemeinde schützen wollen. Es ist wirklich traurig, was hier abgeht.

Nach zustimmendem Kopfschütteln der Wiesseer Gemeinderäte, entschieden sich alle gegen das Vorhaben der Ordensschwestern und hielten an dem Sozial-Gedanken fest.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein