“Wir brauchen hier keine Autobahn”

Im Holzkirchner Ortsteil Erlkam brodelt es. Nachdem die Gemeinde nun endgültig den Bebauungsplan für das kleine Dorf verabschiedet hat sind die Einwohner sauer. Breitere Straßen und viele neue Bauvorhaben: Das, so die Befürchtung, sei keine gesunde Entwicklung. Zudem werden die Erlkamer für die Maßnahmen auch noch zur Kasse gebeten.

Aus Sicht der Anwohner passt der Neubau nicht ins Ortsbild
Aus Sicht der Anwohner passt der Neubau nicht ins Ortsbild

Die Anwohner im Holzkirchner Ortsteil Erlkam sind aufgebracht. Grund sind die vielen Neubaupläne für die dörflich geprägte Gemeinde. Ein Bauvorhaben nahe des malerisch gelegenen Weihers ist schon beinahe fertig, weitere sollen in naher Zukunft folgen.

Gründe für die Entwicklung gibt es einige. Drei der ehemals fünf landwirtschaftlichen Betriebe in Erlkam haben ihre Arbeit mittlerweile eingestellt. Auf den frei gewordenen Flächen soll jetzt neuer Wohnraum für das sich ausbreitende Holzkirchen geschaffen werden. Zudem wünscht sich die im Ort gelegene Regens-Wagner-Stiftung mehr Platz.

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Schluss mit der Idylle

Daher hat sich die Gemeinde Holzkirchen bereits 2011 dazu entschlossen eine Veränderungssperre zu erlassen und über das Gebiet einen Bebauungsplan zu legen. Damit sollte insbesondere rein gewinnorientierten Investoren Einhalt geboten werden.

Doch mit dem vor rund einem Monat beschlossenen Bebauungsplan hat sich aus Sicht der Bevölkerung keine Verbesserung eingestellt. Im Gegenteil: Geschätzt rund 200 Einwohner besitzt der Ortsteil Erlkam derzeit. Allein 14 Eigentumswohnungen wurden jetzt auf dem Grundstück eines ehemaligen Bauernhofs verwirklicht. Damit vergrößert sich die Einwohnerzahl des kleinen “Dorfes” schlagartig um mehr als zehn Prozent. Zudem wurden weitere Baugrundstücke ausgewiesen.

„Das ist einfach nur ein riesiger Klotz“, findet Anwohnerin Monica Sterzer. Der vorherige Bauernhof sei zwar schon immer da gewesen, aber der war viel niedriger, erklärt die direkte Anliegerin und stellt fest:

Jetzt ist Schluss mit der Dorfidylle. Wir werden mit den neuen Plänen zur Vorstadt von Holzkirchen.

Für Sterzer ist der Ärger schon vorprogrammiert. „Ich bin Bäuerin. Wenn ich demnächst mit dem Misthaufen vorbei fahre, wird sich bestimmt jemand aufregen“. Zudem fürchtet sie, dass es mit dem Neubau auch mit dem abendlichen Eisstockschießen hinter dem ehemaligen Hof vorbei ist.

Das sieht auch eine weitere Anwohnerin so: „Jetzt können wir noch bis etwa 23 Uhr Eisstockschießen. Aber wenn sich jemand gestört fühlt, müssen wir schon vor zehn aufhören.“ Zudem fürchtet sie, dass es auch die nächtlichen Feiern mit Musik in der Hütte am Weiher bald ein Ende haben werden. „Das ist ja schon nah dran“, so die 66-Jährige.

Erlkam ist klein und idylisch. Wenn es nach den Anwohnern geht, soll das auch so bleiben.
An dem idyllisch gelegenen Weiher feiern die Einheimischen häufig. Damit könnte es jetzt vorbei sein

Sie stört sich jedoch eher an der geplanten Verbreiterung der Straßen. Wie berichtet plant die Gemeinde die bisher schmalen Dorfstraßen auf rund sechs Meter zu verbreitern, von denen rund 4,50 Meter geteert werden sollen.

Damit soll dem steigenden Verkehr Rechnung getragen werden. Zudem muss laut den Vorschriften auch ein Begegnungsverkehr möglich sein. „Das ist die Breite einer normalen Forststraße. Wir haben den rechtlichen Rahmen hier voll ausgeschöpft“, erklärte Gemeinderat Robert Wiechmann (Grüne) bei der jüngsten Bauausschusssitzung. Doch die Anwohnerin stellt den Sinn der Maßnahme generell in Frage.

Die letzten 50 Jahre hat es doch auch funktioniert. Wir brauchen hier keine Autobahn.

Ähnlich sieht es auch Evi Ziereis. Wenn man Autofahren könne, käme man auch an den schmalen Straßen aneinander vorbei. Breitere Straßen würden nur für höhere Geschwindigkeiten sorgen, findet Ziereis. „Hier sollte man mal an die Bewohner der Regens-Wagner Stiftung und unsere Kinder denken, die sich bis jetzt frei auf den Straßen bewegen können“.

Zudem sehen sowohl Ziereis als auch die 66-Jährige nicht ein, wieso sie für diese Maßnahmen im Rahmen der Anwohnerbeteiligung auch noch Geld beisteuern sollen. „Wieso muss ich wahrscheinlich rund 15.000 Euro für etwas ausgeben das es nicht braucht?“, fragt sich die Anwohnerin. Dies ist bei Anliegerstraßen jedoch generell üblich. Und das Bauamt bleibt in Sachen Verbreiterung hart. Diese sei notwendig für den Schneepflug und den Müllwagen sowie die Rettungskräfte.

Auf diesem Grundstück sollen auch neue Häuser entstehen. Dafür sollen die Straßen jedoch verbreitert werden
Auf diesem Grundstück sollen auch neue Häuser entstehen. Dafür sollen die Straßen jedoch verbreitert werden

Insgesamt, so hat man den Eindruck, geht den Erlkamern die Entwicklung einfach zu schnell und zu groß über die Bühne, nachdem man jahrelang in dem kleinen Dorf in Ruhe leben konnte. Das sieht am Ende auch Sterzer so: „Vielleicht waren wir hier in unserem Dornröschenschlaf einfach zu sehr verwöhnt.“

Die Gemeinde jedenfalls sieht sich im Recht und so erklärte der Bauausschuss bereits im Juli, dass man den Bebauungsplan für einen der besten der letzten Jahre halte und die Belange der Anwohner im Rahmen des Verfahrens zur Genüge gewürdigt habe.

Bei diesem Verfahren hatten sich die Anwohner in einem Schreiben an die Gemeinde gewandt. In Teilen wurden die Anregungen dann in den Plan eingearbeitet. Wie es nun weitergeht steht allerdings noch nicht endgültig fest. Denn einige Anwohner hatten sich vorbehalten gegen den Bebauungsplan zu klagen.

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