„Wir drehen uns im Kreis“

Ende der Fahnenstange. Die “Pro-Feuerwehrhaus”-Initiative um Marcus Staudacher scheiterte im Tegernseer Stadtrat. Überraschend: Die Kehrtwende von Vize-Bürgermeister Heino von Hammerstein.

Der Abriss des Tegernseer Feuerwehrhauses ist unumgänglich. / Foto: N. Kleim

Wohl selten hatte ein strittiges Thema die Gemüter in Tegernsee so erhitzt, wie die Zukunft des 100-jährigen Feuerwehrhauses. Etwa 50 Bürger verfolgten interessiert die Diskussion am Ratstisch. Denn von der Initiative Pro Feuerwehrhaus lagen Stellungnahmen für weitere Planungen der „Variante J“ vor, denen von der Stadt, der Regierung von Oberbayern und aus Fachkreisen der Feuerwehr widersprochen wurden.

Die Forderungen der Initiative, die sich Hammerstein zu eigen machte, gehen davon aus, dass ein Erhalt des Feuerwehrhauses möglich sei, man müsse nur den Raumbedarf anpassen. Stadt wie Regierung halten dagegen, dass es im Bestandsgebäude auch nach baulichen Veränderungen „nicht möglich ist, die Unfallverhütungsvorschriften“ umzusetzen. „Denn die Hallentore des Altbaus entsprechen in keinster Weise“ den DIN-Vorschriften. Dies treffe auch für die Durchfahrtshöhen zu.

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„Variante J deckt nicht den Bedarf der Feuerwehr“

Wegen der zu geringen Hallenhöhe könne auch eine geforderte „Abgasansauganlage nicht realisiert werden“. Die Variante J mit Umbaukosten von 4,42 Millionen Euro und einem zusätzlichen Garagenanbau sei weder „fachlich nachvollziehbar“, noch sei die „Funktionalität gegeben“, argumentieren Stadt und Behörden. „Eine zukunftsorientierte Planung ist nicht möglich“. Zudem sei die Sicherheit der Einsatzkräfte nicht gewährleistet. Bürgermeister Johannes Hagns (CSU) sichtlich genervter Zwischenruf:

Wir drehen uns im Kreis

Denn seit gut vier Jahren beschäftigen nun die Planungen um ein neues Feuerwehrhaus den Stadtrat. Er hatte sich immer mit Mehrheit für einen Neubau ausgesprochen. Unklar war nur, welche der beiden Varianten letztlich das Rennen macht. Ob die Variante K, ein kompakter Neubau mit zehn Garagen, Kosten: 5,83 Millionen Euro, oder die die Variante mit einem L-förmigen Gebäude für 6,25 Millionen Euro.

Einzig die BügerListe um Hammerstein warb für den Erhalt des ortsbildprägenden Altbaus. Rückenwind bekamen sie im Sommer von einer Bürgerinitiative um Marcus Staudacher, Petra Schmid, Isotte Herb, Barbara Staudacher und Sabine Mandl. Sie sammelten bis 20. September 1.729 Unterschriften, 533 davon von Tegernseer Bürgern.

Bei Alarm „im Laufschritt in die Tiefgarage“

Sie glauben, dass der benötigte Raumbedarf auch dadurch zu schaffen wäre, in dem man Bereitschafts-, Aufenthalts- und Schulungsraum zu einem Mehrzweckraum zusammenfasse. Auch der Umkleideraum für Männer könnte kleiner ausfallen. Dies brächte eine Flächenersparnis von 100 Quadratmetern. In Frage gestellt wird auch der Bedarf nach einem Fitnessraum. Außerdem wird der Erhalt des Spielplatzes an der Hochfeldstraße durch die Schaffung einer Tiefgarage gefordert.

Im Rathaussaal war im Zuhörerbereich kein Stuhl mehr frei, als es um die Zukunft des Feuerwehrhauses ging./Foto: K. Wiendl

Da müssten eben die „Kameraden“ im Ernstfall „im Laufschritt von der Tiefgarage hoch zu ihren Einsatzfahrzeugen“, meinte Hammerstein (BürgerListe).Damit löste er auch bei den anwesenden Feuerwehrlern nur Kopfschütteln aus. Zumal im Winter die Rampe zur Tiefgarage eben beheizt werden müsste. „Die Kosten dafür halte ich für vertretbar“, meinte Hammerstein gegen Ende seines halbstündigen Redebeitrags, der bei den Stadträten sichtbar auf Unverständnis stieß.

Unmut gegenüber Hammerstein

Ungewöhnlich scharf konterte Peter-Friedrich Sieben (FWG). Hammersteins Vergleich mit Stuttgart 21, dem jahrelang umstrittenen Bahnhof, „ist an den Haaren herbeigezogen“. Noch deutlicher wurde Sieben, als er Hammerstein vorwarf, „du warst doch immer dabei und hast mit abgestimmt.

Warum hast du das, was du jetzt vorbringst, nicht schon früher geäußert. Das ist wirklich ein Armutszeugnis für deine Arbeit als Stadtrat, die du hier abgeliefert hast“. Von der Fahne Hammersteins ging auch seine Parteikollegin Martina Niggl-Fisser. Jahrelang habe sie für den Erhalt des Feuerwehrhauses ihre Zeit geopfert. Doch nun werde sie bei den künftigen Planungen mitarbeiten.

Hammersteins Kehrtwende

An die Adresse Hammersteins gerichtet wetterte Peter Schiffmann (SPD): „Wo warst du die letzten vier Jahre, habt ihr da einen Doppelgänger hier sitzen gehabt?“ Ob Hammerstein angesichts „seines langen Redebeitrags bei der vorausgehenden stundenlangen Erörterung überhaupt anwesend war“, fragte sich Norbert Schußmann (CSU), „weil er dasselbe wiedergekaut hat“.

Bei der Variante J „brauchen wir gar nicht das Rumstopseln anfangen“, sie sei nicht im Sinne einer „zukunftsfähigen Feuerwache machbar“. Für Thomas Mandl (SPD) stehe der Aufwand für den Erhalt und Umbau „in keiner Relation zu den Kosten“. Ein Gebäude dürfe „nicht auf Kante genäht werden“, denn es würden sich die Menschen dort freiwillig aufhalten. „Die sich für uns einsetzen muss es auch Spaß machen hier ihren Einsatz zu bringen“.

Hammerstein hatte auch keine Fürsprecher bei seinen beiden Anträgen. Zum einen wollte er eine Vorplanung der Architektin Claudia Schreiber zu seiner Variante J mit Tiefgarage, zum anderen eine Alternative zum Standort der Waschhalle. Niemand am Ratstisch folgte dem Vize-Bürgermeister. Einstimmig hielt der Stadtrat an seinen bisherigen Beschlüssen zum Neubau des Feuerwehrhauses fest. Diesmal sogar mit der Stimme von Hammersteins. Eine Kehrtwende sondergleichen.

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