„Wir sind voll bis unters Dach“

Nun sind es 40 Flüchtlinge – die Stadtturnhalle Tegernsee ist bis auf das letzte Bett belegt. Währenddessen reißt der Flüchtlingsstrom nicht ab. Das Landratsamt erwartet kurzfristig noch mehr Asylbewerber. Und die Behörden bestätigen, was sich schon seit einiger Zeit angedeutet hat: Die freiwilligen Helfer sind mit der Situation überfordert.

Nun sind  40 Asylbewerber in der Stadtturnhalle Tegernsee. Die Kapazitäten der  Notunterkunft  sind damit erschöpft.
Nun sind 40 Asylbewerber in der Stadtturnhalle Tegernsee. Die Kapazitäten der Notunterkunft sind damit erschöpft.

Gestern Mittag erfuhr das Landratsamt von der Ankunft der neuen Asylbewerber. Dann ging alles ganz schnell. Am Abend trafen 17 Personen aus der Erstaufnahmestelle in Garmisch-Partenkirchen mit dem Bus in Miesbach ein. Von dort aus ging es weiter zur Stadtturnhalle Tegernsee. Dort sind nun die Kapazitäten völlig ausgelastet. „Wir sind voll bis zum Dach“, so der Tegernseer Geschäftsleiter Hans Staudacher.

Und es werden noch mehr Flüchtlinge erwartet: In Kürze soll die Bayernkaserne in München aufgelöst werden. „Das ist nicht unproblematisch“, so der Tegernseer Bürgermeister Johannes Hagn gegenüber der Tegernseer Stimme. Laut der Pressesprecherin des Landratsamts, Gabriele Dorby, müsse man spätestens dann auf die Notunterkunft in Gmund ausweichen.

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Notunterkünfte zu lange belegt

Dabei ist der unaufhörliche Flüchtlingsstrom nicht die einzige Herausforderung, die die Stadt Tegernsee zu stemmen hat. Einige der Asylbewerber sind laut Hagn schon über acht Wochen in der Turnhalle untergebracht. Ein Problem, denn im Grunde dienen die Unterkünfte als „Pufferstelle“ für vier bis fünf Wochen, wie Staudacher erklärt:

Hoffentlich werden die Flüchtlinge wie ursprünglich geplant auf die „normalen“ Unterkünfte, also Container oder andere Standorte, verteilt.

Darüber wären wohl auch einige Flüchtlinge froh. „Wir sind einfach viel zu Viele“, so der 48-jährige Syrer Majed Mzher. 23 Flüchtlinge in einer Unterkunft, das sei noch machbar gewesen. Doch jetzt, mit 40 Personen auf engstem Raum, das sei einfach zu viel. Mit gerade mal zwei Badezimmern ist die aktuelle Situation für die Menschen in der Turnhalle mehr als unangenehm. Gleichzeitig stellt er klar: „Wir sind glücklich hier. Nur die Unterkunft ist zu klein für so viele Menschen.“

Die Entscheidung, ob und wann die Flüchtlinge aus den Notunterkünften raus können, um in neue Unterkünfte einzuziehen, obliegt dem Landratsamt. Doch momentan kann dieser Wunsch nicht erfüllt werden. So stellt Dorby klar:

Wir haben keine Unterkünfte. Das ist ein riesiges Problem. Doch im Moment ist daran nichts zu ändern.

Seit der Ankunft der Asylbewerber suche man vergeblich nach Grundstücken für Container, nach Wohnungen oder Gasthöfen. Hinzu komme, dass viele Wohnungen fehlbelegt seien. „Wir leiden ja ohnehin unter Wohnungsnot. Selbst für Einheimische ist die Wohnungssuche äußerst schwierig“, erklärt Dorby weiter. Es wird immer deutlicher, wie kompliziert sich die Aufnahme neuer Asylbewerber gestaltet. Schon beim Weihnachtsessen des Helferkreises stellte Landrat Wolfgang Rhezak klar: „Die Ehrenamtlichen bewältigen eine Mammutaufgabe.“

Austausch zwischen Helfern

Auch Johannes Hagn bestätigt auf Nachfrage, dass die freiwilligen Helfer mehr leisten, als ursprünglich geplant. Die Kapazität der Verwaltung ist an ihren Grenzen angekommen. Außerdem stellt er klar:

Der Helferkreis ist überfordert.

Als Beispiel nennt er Asylkoordinator Gerhard Kainz. Dieser war ursprünglich nur für die Koordination zuständig. Nun ist er jedoch weit darüber hinaus aktiv. Wie Kainz persönlich bestätigt, nimmt er einige Termine selbst wahr, anstatt andere damit zu beauftragen. Es würde viel zu lange dauern, einen anderen Abnehmer für die Aufgabe zu finden.

Trotzdem wünscht sich Kainz, die Hilfe gleichmäßiger und auf mehrere Schultern zu verteilen. Im Gespräch kündigte er an, sich in Kürze mit der Koordinatorin des 50-köpfigen Helferkreises in Holzkirchen zu verständigen, um neue Erkenntnisse zu sammeln.

Auch die Neuankömmlinge durften heute noch die Mensa im Gymnasium kennen lernen
Auch die Neuankömmlinge durften heute noch die Mensa im Tegernseer Gymnasium kennenlernen.

Er und viele weitere Helfer leisten Überstunden. Dabei haben viele von ihnen auch weitere Verpflichtungen oder eine Familie, die zu Hause auf sie wartet. „Und auch Weihnachten rückt immer näher“, merkt Hagn an. Er betont, wie wichtig es sei, alles in einem besseren Rahmen zu halten. Die Belastung müsse aufgeteilt werden, damit man nicht am Ende vielleicht sogar ohne Helfer dastehe.

Auch Rhezak ist die Problematik bewusst. So stellte er bei der gestrigen Kreistagssitzung klar: „Die Verwaltung säuft uns ab.“

Freie Wähler fordern personale Entlastung für Helferkreis

Die FWG stellte in der Kreistagssitzung einen Antrag, mehr Personalstellen in der Verwaltung zu schaffen. Norbert Kerkel von der FWG findet, dass die Aufgaben und Herausforderungen, die die Situation mit sich bringt, kaum zu bewältigen seien. „Die Mitarbeiter sind überlastet und krankheitsbedingte Ausfälle nehmen immer mehr zu. Anhand erster Berechnungen würden wir schon mit vier zusätzlichen Personalstellen Abhilfe schaffen“, so Kerkel in der gestrigen Sitzung.

Doch während der Sitzung gab es auch Einwände von Seiten der Kreisräte: Die Finanzierung des zusätzlichen Personals sei unsicher. Lorenz Rinshofer von der Bayern Partei äußerte sich besorgt: „Die viertel bis eine halbe Million Euro Kosten für die Stellen hat der Landkreis nicht übrig. Woher soll man das Geld nehmen?“ Hinzu kam die Information von Rzehak, man habe sich bereits bei der Regierung über mögliche Zuschüsse informiert. Die Aussage: Mehr Geld gibt es derzeit nicht.

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