Wir trennen, und dann?

Viele Bürger haben Zweifel, dass die Mülltrennung wirklich etwas bringt. „Am Schluss landet doch alles im Ofen“, lautet eine oft geäußerte Meinung. Aber machen uns Behörden und Unternehmen wirklich etwas vor? Ein Besuch bei der VIVO im Wertstoffzentrum Warngau bringt Klarheit.

Auch bei der VIVO ist das Altglas nach Farben sortiert. / Foto: Bronisch

Schon mancher konnte beobachten, wie die Glascontainer, in die wir alle feinsäuberlich getrennt Weißglas, Grünglas und Braunglas sortieren, geleert werden. Alles fällt in die Mulde eines großen Lasters. Die verschiedenen Glassorten werden im Laster also wieder zusammengemischt. So jedenfalls sieht es aus der Perspektive des Beobachters aus.

Dass die Mulde drei separate Kammern hat, kann man von unten nicht sehen. Der Eindruck, dass die ordentliche Trennung bereits hier wieder aufgehoben wird, ist nachvollziehbar, aber falsch. So erklärt es Martina Peters, Abfallberaterin beim „Kommunalunternehmen für Abfall-Vermeidung, Information und Verwertung im Oberland“, wie die Vivo offiziell heißt.

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Mülltrennung ist nicht immer einfach

Auf dem weitläufigen Betriebshof im Wertstoffzentrum der VIVO werden bei einer Führung die drei großen Glashaufen gezeigt. „Insgesamt funktioniert die Trennung gut“, lobt Peters. „Die Bürger im Landkreis geben sich Mühe bei der Sortierung“. Dass trotzdem Fehlwürfe vorkommen, lässt sich fast nicht verhindern. Martina Peters zeigt auf eine blaue Flasche auf dem Haufen für Weißglas. „Das gehört hier überhaupt nicht hinein“, erklärt sie. Denn eine blaue Flasche färbt beim Recyclen 100 kg Weißglas blau. Blau gehört in den Container für Grünglas, wie überhaupt alles, was man farblich nicht genau zuordnen kann. Grünglas ist am unempfindlichsten.

Auch die Trennung des Verpackungsmülls ist insgesamt in Ordnung. Das mag man gar nicht glauben, denn im Alltag sieht man sich immer wieder vor schwierige Fragen gestellt: Gehört die schwarze Obstschale, die aussieht wie Styropor, wirklich zum Verpackungsmüll oder ist das schon Sondermüll? Sind die feinen Folien, die straff über Obst und Schale gezogen sind, Verpackungsmüll oder gehören sie eher in den Restmüll? Und zu welcher Müllsorte gehören CD-Roms und DVDs?

Um solche Fragen zu klären und den Bürgern das System der Wiederverwertung näher zu bringen, bietet die Abfallberaterin einmal im Quartal Führungen durch die Vivo an. Insbesondere die Führungen mit Kindern aus den Grundschulen sind ihr ein besonderes Anliegen. Die Kinder wissen danach, dass man den Aludeckel des Joghurtbechers vollständig abziehen muss, damit er bei der Nachtrennung des Verpackungsmülls auch separat erfasst werden kann. „Und sie tragen dieses Wissen in die Familien und Haushalte“, weiß Peters, die 30 Schulklassen pro Jahr durch “ihren” Betrieb führt. Staunend können diese dann zu Hause erzählen, wie aus den so genannten PET-Flaschen Fleecepullover werden.

Biomüllbeutel aus Kunststoff verrotten nicht

Auf ein Problem möchte Peters allerdings besonders hinweisen: die Verwendung von Kunststoffbeuteln für den Biomüll. Die Anbieter werben damit, dass diese Beutel recycelbar sind. Was aber gerne auf der Beutelverpackung überlesen wird, ist der Hinweis, dass die Verwendung dieser Beutel der Genehmigung durch die lokalen Behörden bedarf. Im Landkreis Miesbach ist ihr Gebrauch von der VIVO, die als Kommunalunternehmen eine Behörde ist, verboten.

Dafür gibt es auch einen Grund: Die Zersetzung dieser Beutel dauert sehr lange. Die Kompostieranlage bei der VIVO verwendet ein schnelleres Verfahren. Dabei bleiben die Beutel samt ihrem Inhalt unkompostiert und müssen deshalb vorher aufwändig per Hand aussortiert werden. Tatsächlich sind die Mitarbeiter, die wöchentlich die Biotonnen der Haushalte leeren, gehalten, Tonnen, in denen sie diese Folienbeutel erkennen, ungeleert stehen zu lassen. Biomüllbeutel aus Papier oder einfach nur Zeitungspapier, mit dem man einen Eimer auslegen kann, seien hingegen unproblematisch.

Dr. Martina Peters (VIVO) zeigt, wie Biomüllbeutel aus Kunststoff per Hand aussortiert werden. / Foto: Bronisch

Ein Thema für sich ist der Problemmüll, insbesondere die vielen Haushaltsreiniger. Hierfür gibt es bei der VIVO eine eigene Sammelstelle. Haushaltsübliche Mengen können dort kostenfrei abgegeben werden. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Martina Peters ist promovierte Chemikerin und zieht vorsichtshalber Schutzhandschuhe an, bevor sie eine unbeschriftete Flasche mit einer unbekannten Flüssigkeit öffnet. „Erst einmal riechen“, sagt sie. Man weiß nie, womit man es zu tun hat. „Eigentlich müsste man bei der Verwendung von so manchem Reiniger im Haushalt eine Sicherheitsbrille tragen“, rät Peters. Als Chemikerin weiß sie, wovon sie spricht.

Manche moderne Materialien bereiten echte Schwierigkeiten bei der Entsorgung. Funktionskleidung gehört dazu und Carbon. Letzterer sei zwar ein fantastischer Werkstoff, aber er kann nicht recycelt werden. Er brennt erst ab einer Temperatur von 1500 bis 2000 Grad. Selbst Sondermüllverbrennungsanlagen erreichen nur 1300 Grad. „Noch gibt es hierfür keine Lösung”, bedauert Peters. Da bleibt nur die klassische Mülldeponie.

Für eine Führung im Wertstoffzentrum muss man sich vorher anmelden. Die Termine findet man auf der VIVO-Homepage. Die nächste Führung findet am 8. November um 9 Uhr statt.

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