Seit heute besitzen die Asylbewerber einen neuen Caterer. Der Weyarner Gasthof „Alter Wirt“ übernimmt die Verpflegung. Zuvor war es die Mensa Tegernsee, die die Flüchtlinge versorgte. Und zwar mit Herzblut. „Ein tolles Projekt ist gestorben“, so Iris Hof. Letzten Freitag durften die Asylbewerber zum letzten Mal das Ambiente und die Speisen in der Mensa genießen. Die 18-jährige Syrerin Maia, eine der drei einzigen Frauen unter den 40 Flüchtlingen, hat Tränen in den Augen, als sie Iris und Rolf verabschiedet. „Wir wollen hier nicht weg“, erklärt sie.
Auch die 37-jährige Najid, ebenfalls aus Syrien, ist traurig, dass nun alles vorbei sein soll. Sie habe die Zeit in der Mensa immer sehr genossen. „Rolf und Iris sind sehr nett. Sie haben uns immer gut behandelt und sind auf unsere Wünsche eingegangen.“ Die Köche sprechen fast alle Flüchtlinge mit Namen an. Das Herkunftsland eines jeden einzelnen ist ihnen bekannt. Anfangs sei es aber noch kompliziert gewesen: „Wir mussten erst herausfinden, wie miteinander umzugehen ist.“
Doch Tag für Tag lernten die Flüchtlinge und das Mensa-Team einander kennen. „Nach und nach kommt man in ihre Herzen, erfährt die Geschichten“, erklärt Ziesing. So wirkt es, als würde sich Maia von einem alten Freund verabschieden. Dabei sind Iris und Ziesing alles andere als bereit aufzuhören:
Wir hätten gerne weitergemacht, uns hat das hier großen Spaß gemacht.
Ursprünglich war nur die Rede von Entlastung für die Wochenenden und die Ferien gewesen. Doch nun übernimmt der Weyarner Gasthof „Alter Wirt“ die gesamte Verpflegung. Laut der Pressesprecherin des Landratsamts, Gabriele Dorby, sei dies in enger Absprache mit der Mensa erfolgt. Laut Ziesing und Hof habe sich leider kein Caterer gefunden, der die Verpflegung nur an den Wochenenden und in den Ferien übernimmt. Natürlich war die Arbeit eine zusätzliche Belastung zur Schulverpflegung. Doch es habe alles gut funktioniert, meinen sie.
Andere Länder – andere Sitten: Mensa mit offenem Ohr
Alle Asylbewerber haben ihre eigenen Religionen, Traditionen und insbesondere unterschiedliche Essgewohnheiten. So dürfen einige der Flüchtlinge kein Fleisch oder keinen Fisch essen, oder nur manche Sorten. Die anfängliche Versorgung mit Essenspaketen funktionierte daher schlecht. „Es kam viel zurück.“ Die Caterer merkten schnell, dass es so nicht weitergehen konnte. Sie suchten den Dialog mit den Flüchtlingen, fragten sie nach ihren speziellen Wünschen. Sie passten den Speiseplan an und wagten sich an arabische Rezepte.
Von da an kamen die Asylbewerber immer um 14 Uhr in die Mensa. Dort erwarteten sie bekannte Gerichte wie Baba Ganoush, eine Art Auberginenpastete, sowie Hummus, Bulgur, Couscous und Falafel. Weiße Schilder zeigen genau, welches Fleisch verwendet wurde. Dazu gibt es Fladenbrot, Eier, Früchte und Gemüse. Den Flüchtlingen schmeckt das Essen sichtlich: Die Teller sind leer und ein wohliges lächeln liegt auf ihren Gesichtern.
Doch ab heute erhalten die Flüchtlinge wieder Essenspakete. Schon am Freitag fürchten sie, dass sie nur wenig davon essen werden. Bereits an den Wochenenden davor haben sie auf die Pakete verzichtet. Wie der 18-jährige Nigerianer Anthony erklärt, wäre es ihnen lieber, sich das Essen selbst mit eigenem Geld zu besorgen. Doch es ist nicht nur das Essen, welches ihnen den Abschied so schwer macht.
Die Mensa als Zufluchtsort
Als Ziesing einer Schülerin die Kunde überbringt, reagiert sie geschockt: „Dann kommen die ja gar nicht mehr raus aus ihrer Turnhalle!“ Tatsächlich gebe es laut dem 48-jährigen Syrer Majed Mzher wenig zu tun in der städtischen Turnhalle: „Wir haben dort kein Internet und keinen Fernseher.“ Umso mehr genießen die Flüchtlinge die Möglichkeiten, dem engen Raum zu entkommen. So freuen sie sich jedes Mal, wenn sie in das Gymnasium kommen dürfen, um Deutsch zu lernen. Ebenso viel Spaß bereitet ihnen die Zeit in der Schulturnhalle. Zweimal in der Woche erhalten sie dort die Möglichkeit, Volleyball oder Fußball zu spielen.
Die Mensa gab den Flüchtlingen zusätzlich die Möglichkeit, ihre Unterkunft zu verlassen. „Für uns war das hier wie eine Pause. Wir blieben hier mindestens eine Stunde“, erkärt Najid. In den großen Hallen hatten die Flüchtlinge die Möglichkeit, sich entspannter auszutauschen. Und das nicht nur untereinander: Sowohl mit Rolf und Iris, als auch mit den zahlreichen Schülern kamen die Asylbewerber gerne ins Gespräch. „Die Schüler haben sich immer gefreut, wenn sie uns sahen“, erklärt Maia.
Angespannte Situation in Notunterkunft
Momentan ist die Situaton in der Unterkunft durch die zahlreichen Neuankömmlinge sehr angespannt. Wie Majed erklärt, spielen manche der „Neuen“ nachts laute Musik. Najid bestätigt: Es ist nicht möglich, dort 24 Stunden am Tag zu bleiben. „Wir alle besitzen verschiedene Verhaltensweisen und Bräuche. Es ist nicht so einfach, sich anzupassen“, so Najid weiter.
Gleichzeitig stellt sie klar, dass dennoch alle sehr freundlich seien. Im Großen und Ganzen sei man glücklich, in Tegernsee zu sein. So sorgten der Asylkoordinator Gerhard Kainz und auch Geschäftsleiter Hans Staudacher sehr gut für sie. Auch Ziesing verspricht, immer ein offenes Ohr für ihre Probleme zu haben. Als sich die Flüchtlinge mit einem letzten „Servus“ verabschieden, stellt er klar : „We will fight!“
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