„Wir wollen keine Ghettoisierung“

Alle am Ratstisch zeigten sich gestern erfreut über den verkleinerten Entwurf für Strüngmanns Luxushotel an der Seepromende. Doch als es ans Eingemachte, den Vertragsklauseln, ging, gab es auch „forsche“ Forderungen.

Zwar gab es insgesamt Zustimmung vom Wiesseer Gemeinderat zu den neuen Hotel-Plänen – doch es gab auch Kritik.

Kurt Sareiter (CSU-Fraktionssprecher) gefallen diese positiven räumlichen Veränderungen „sehr gut“. Vor allem deshalb, weil man nun vom Gästehaus Ottl weiter abgerückt sei. Damit sei der Abstand zum Hotel von 20 auf 30 Meter gewachsen. Doch nach wie vor schiebt sich der Hotelbaukörper wie ein Riegel vor das Gästehaus am Riedersteinweg.

Mit dem Investor Thomas Strüngmann habe man einen der Top-Unternehmer Deutschlands, „das ist ein Glücksfall“, da man „dringend“ ein Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel brauche, auch für den Einzelhandel. Er warb darum, immer mit „offenen Karten“ zu spielen, da auch Wohnungen, Läden und Büros in den zusätzlichen fünf Häusern untergebracht würden. Dies sei auch für den Gemeinderat der „schwierigste Punkt“ gewesen. Aber für die Querfinanzierung seien die Häuser wohl unerlässlich.

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Lärmschutzmaßnahmen gefordert

Vize-Bürgermeister Robert Huber (SPD) waren vor allem „praktische Anregungen“ wichtig. Denn es werde eine Baustelle, „wie wir sie in der Gemeinde bisher noch nicht hatten“. Nach den Erfahrungen mit den Tegernsee-Villen im ehemaligen Brennerpark sehe man, wie schwierig es sei, „Baustellen zu begleiten“, wenn die Straßen verschmutzt werden.

Eine Säuberung auf Beschwerden der Anwohner erfolge meist erst nach Stunden. Bei diesen Investitionen für das Hotel forderte Huber eine Kehrmaschine mit Schwemmeinrichtung und eine Reifenwaschanlage für die LKW, wenn sie die Baustelle verlassen.

Baulärm wird problematisch

„Was sich Außergewöhnlich anhört, ist aber durchaus bei solchen Baustellen üblich“, so Tegernsees Bauhof-Experte Huber. Denn der Seeton, der abtransportiert werde, würde sich sonst „durch den ganzen Ort verteilen“. Außerdem warb er für „geräuschgedämpfte“ Baumaschinen. Denn die angrenzenden Tourismusbetriebe „werden zu kämpfen haben“.

Beim künftigen Hotel „freue ihn“, so Huber, dass es keine Vorder- oder Rückseite mehr gebe. Durch diese Konzeption sei es auch für die Bürger als „offene Anlage erkennbar“. Auch Fraktionskollege Bernd Kuntze-Fechner begrüßte die „positive Entwicklung“ der Planung, die vom See und den Nachbarn dahinter weggehe und die Tatsache, dass das Hotel um ein Stockwerk „nach unten gehe“.

Umgesetzt werde müssten noch in einem „städtebaulichen Vertrag“ die Räumlichkeiten für die Mitarbeiter. Doch dies scheint nach der gestrigen Diskussion ein schwieriges Unterfangen zu werden.

Streitpunkt Personalwohnungen

Denn Klaudia Martini (SPD) machte kein „Geheimnis“, dass sie sich mit dieser gesamten Planung noch „schwer tue“. Dennoch sehe sie einen „Fortschritt“ bei dem jetzigen Entwurf. Aber sie habe immer noch „Bauchweh“ bei den fünf Häusern, auch wenn man bei den seeseitigen Gebäuden „ein Stockwerk rausgenommen“ habe.

Martini wollte festgeschrieben wissen, dass zum Ausgleich des Wohnungsbaus in dieser exquisiten Lage, die Gemeinde ein „Benefit“ erhält, die Schaffung von Wohnraum nach den Bedürfnissen der Bevölkerung. Strüngmanns Projektleiter Thomas Maier hatte in der nicht-öffentlichen Sitzung des Gemeinderats im Juni zugesagt, andernorts in Wiessee ein Gebäude für die notwendigen Personalwohnungen zu schaffen. Ein Teil davon sollte auch als Einheimischen-Programm dem Kommunalunternehmen (KU) vergünstigt etwa 25 Jahre zur Verfügung stehen.

Forscher Auftritt

Man stehe zu dem Modell, sagte Maier. „Was aber passiert, wenn wir keine Grundstücke finden?“ Hier gebe es noch Klärungsbedarf, da man als Bauträger auch etwas für die „Öffentlichkeit schaffen“ wolle. „Sie treten jetzt sehr forsch auf“, sagte Maier an Martini gewandt, was er aber „respektiere“.

Aber wenn Strüngmann noch zum Kauf eines Grundstücks für den Hotelneubau verpflichtet werde, sei es schwierig, die Forderung umzusetzen, so Maier, denn sie müsse auch „praktikabel“ sein. Doch Martini hakte nach:

Wir wollen da auch keine Ghettoisierung, nach dem Motto, hier wohnen die vom Hotel und dort wohnt der Rest des Ortes.

Die Einwände von Kollegin Martini kämen jetzt „zum falschen Zeitpunkt“, erwiderte Florian Sareiter (CSU). Man sollte den Strick für den Investor nicht zu eng ziehen. Denn Strüngmann wie Maier sei bewusst, dass auch die Gemeinde „das Bestmögliche“ für sich „herausholen“ müsse. Heute gehe es aber nur darum, dem Vorhaben- und Erschliessungsplan zuzustimmen.

Keine Eigentumswohnungen an der Seepromenade

Moderierend meinte Bürgermeister Peter Höß (FWG), „ich will, dass alle hier am Tisch mit einem guten Gefühl nachhause gehen“. Fritz Niedermaier (FWG-Fraktionssprecher) „stand voll hinter“ Martini. Denn die Bauherrn hätten von Anfang an gewusst, dass da für die Gemeinde schon „noch etwas rausschauen“ müsse. Dies sollte in dem Durchführungsvertrag festgeschrieben werden, so Niedermaier: „Ich bin überzeugt, dass wir eine Lösung finden“. Letztlich wurde Maiers Wohnbauangebot im Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans mit aufgenommen.

Rolf Neresheimer (ranBW) Anliegen war es, dass bereits in der ersten Phase nach dem Abriss bestehender Gebäude der Bereich Seepromenade fertiggestellt werde und nicht erst nach Ende der dreijährigen Bauzeit. Ingrid Versen (CSU) fragte nach der Anzahl der Wohnungen und Läden in den fünf seeseitigen Häusern.

Nicht noch mehr Trachtenläden

Der „Wohnungsmix“ auf 6.000 Quadratmetern Geschossfläche sei noch „nicht festgelegt“, entgegnete Maier. Klar aber sei, dass es „keine Eigentumswohnungen“ würden. „Wenn aber diese Läden wie so viele im Ort nicht laufen“, hakte Versen nach, „werden dies dann auch Wohnungen?“. Maier vertraut hier auf die „Signalwirkung des Hotels“.

Denn Wiessee brauche dort nicht weitere Trachten- oder Andenkenläden. Die Familie Strüngmann könne sich dort auch eine wechselseitig genutzte Galerie vorstellen, oder einen Sportladen, der gleichfalls vom Hotel betrieben werde. Die gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses werde ohnehin im Bebauungsplan festgesetzt, versuchte Bauamtsleiter Helmut Köckeis Ingrid Versen zu besänftigen.

Dennoch erklärte sich der Gemeinderat einstimmig mit der Planung einverstanden. Er brachte damit den vorhabenbezogenen Bebauungsplan als auch die Änderung des Flächennutzungsplans für das Areal auf den Weg.

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