Inzwischen fordert auch Bundespräsident Joachim Gauck mehr Solidarität im Umgang mit den Flüchtlingen, die an Maltas und Italiens Küsten derzeit täglich stranden. Doch wie sieht die Realität im Landkreis aus, wie ist das Tegernseer Tal vorbereitet? Eine Spurensuche.
„Wir wünschen uns von so manchen Kommunen im Landkreis noch mehr Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften“, bedauert Pressesprecherin Gabriele Dorby auf Anfrage das drängende Problem. Gleichwohl hätten sich einige Gemeinden bereits sehr engagiert. Doch das reiche bei Weitem nicht aus. Denn „der Landkreis gerät zusehends unter Druck, die steigende Zahl der Asylbewerber – bis Ende 2014 etwa 380 – adäquat unterzubringen“, so Dorby.
Gespräche zu potentiellen Unterbringungsmöglichkeiten gebe es immer wieder, auch im Tegernseer Tal. Spruchreif sei derzeit allerdings nichts. Dies deckt sich mit Recherchen der Tegernseer Stimme in den Talorten. Nirgends sind neue gemeindeeigene Unterkünfte für Asylbewerber auszumachen.
Wenn nicht noch private Vermieter Wohnraum zur Verfügung stellen, sind beispielsweise für Wiessees Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) auch Wohncontainer in der Not nicht mehr auszuschließen: „Wir haben keine Unterkunft der Gemeinde, die geeignet wäre.“
Kaum Unterkünfte im Tal
Noch aber gebe es keine Anforderung des Landratsamtes an Bad Wiessee. „Ich weiß aber, dass dieses Problem auf uns zukommen wird“, räumt Höß ein. Dass eine siebenköpfige afghanische Flüchtlingsfamilie im vergangenen September im alten Pfarrhof der Kirchengemeinde Maria Himmelfahrt für eine gewisse Zeit untergekommen sei, „dies stimmt mich zuversichtlich, dass es doch noch Solidarität in der Bevölkerung gibt. Dafür bin ich dankbar.“
Aber Höß ist sich auch sicher, dass Menschen, die unter Lebensgefahr das rettende Ufer erreichten, nicht mehr in die Krisenregionen ihrer Heimat zurückkehren werden. „Damit müssen wir uns vertraut machen“, so Höß.
Auch in Tegernsee fanden Flüchtlinge eine Bleibe. Anfang Dezember letzten Jahres kamen sieben Asylbewerber aus dem Kongo. Untergebracht sind sie in einem kleinen Haus, das die Gemeinde an das Landratsamt für drei Jahre vermietete. Betreut werden sie von der Kolpingfamilie Tegernseer Tal. Das Haus stand leer. Die Stadt hat es wieder bewohnbar gemacht.
Doch weitere Unterkünfte stehen in Tegernsee nicht zur Verfügung, wie Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) beteuert:
Derzeit haben wir bei der Stadt Tegernsee selbst keine frei stehenden Unterbringungskapazitäten mehr. Wenn es tatsächlich zu einer Zuteilung nach Tegernsee käme, müsste sich das zuständige Landratsamt auf dem privaten Wohnungsmarkt bei uns umschauen – dessen Lage ja bekannt ist. Sollten uns weitere Asylbewerber zugeteilt werden, hätten wir folglich ein massives Problem bei der Unterbringung.
Noch sei das Landratsamt nicht auf die Stadt zugekommen. „Ich gehe davon aus, dass hier noch keine konkreten Planungen über Verteilerzahlen und dergleichen vorliegen“, meint Hagn.
Unbewohnte Zweitwohnungen
Ansonsten sieht es auch im restlichen Tal düster aus. Weder in Kreuth, das ein kleines Häuschen für Obdachlose zur Verfügung stellt, noch in Rottach-Egern und Gmund stehen derzeit Unterkünfte für Asylbewerber zur Verfügung. Obwohl das Landratsamt schon seit Mitte vergangenen Jahres händeringend Wohnräume sucht.
Kurzzeitig sah es so in Dürnbach nach einer Unterkunft für Flüchtlinge in einer Villa aus. Doch die Gemeinde lehnte es ab, geplante Umbauten für eine Nutzungsänderung zu genehmigen. Nachdem ein juristischer Streit entbrannte, zog der Eigentümer Anfang Juni sein Angebot zur Unterbringung von 20 Asylbewerbern zurück. Damit ist das Projekt Asylbewerber für Gmund vom Tisch.
Nicht jeder ist, angesichts der Flüchtlingsströme, glücklich über die Passivität im Tegernseer Tal. „Ich schäme mich wegen der vielen unbewohnten Zweitwohnungen für diese Menschen in Not“, schildert eine Talbewohnerin, die ihr Herz für die Asylbewerber-Familien entdeckt hat. Sie hilft mit Rat und Tat, wo sie nur kann. Nachahmer gibt es am gut saturierten „Lago di Bonzo“ derzeit noch zu wenige.
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