Wirtschaftsfaktor Waldfest

Passend zu den beiden Waldfesten des SC Bad Wiessee und der Gebirgsschützen am kommenden Wochenende ein Artikel zum Faktor Geld. Denn wenn es gut läuft, sind die Feste ein bedeutender Bestandteil der Vereinskassen im Tal.

Wir hatten diesen Beitrag in leicht abgewandelter Form bereits im vergangenen Jahr. Doch das Thema ist aktueller denn je, wie man an der Diskussion zum geplanten Waldfest am Feichtner Hof gesehen hat.

Bei den Waldfesten sind die Preise noch human.
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Die Waldfeste gehören zum Tegernseer Tal. Authentisch und traditionsverbunden präsentieren sie sich jedes Jahr von Juni bis August. Doch sind die Feste nicht zuletzt auch ein Faktor, der an rund 20 Tagen im Jahr die Kassen der ortsansässigen Vereine klingeln lässt. Und – nicht minder wichtig – immer mehr auch überregionale Waldfestfans in die Ferienregion Tegernsee lockt.

In guten Jahren mehr als 1,3 Millionen Euro Umsatz

Eintritt, Speisen, Schank und die Bar sind die Umsatztreiber eines jeden Waldfestes. Der “normale” Waldfestgast lässt fast keinen Stand aus. “Knapp 20 bis 25 Euro” sind’s im Schnitt pro Besuch. “Der eine etwas weniger, der andere vielleicht sogar mehr”, überschlägt Sepp Bartl, Vorstand des SC Kreuth. “Wenn ich Glück hab, nix” oder “bis zu 60 Euro”, meinen die Waldfestgänger Alex, Petra und Ottmar. Nix wohl eher bei den Mädels.

Auf dem TSV Waldfest in Bad Wiessee macht alleine der Bierverkauf ca. ein Drittel des Gesamtumsatzes aus ‒ das sagen die Zahlen, die TSV-Vorstand Clemens Engel vorliegen. Der SC in Kreuth dreht insgesamt ein etwas größeres Rad und macht neben Bier (40 %) vor allem auch an der Bar bis zu 20 % (Bad Wiessee: 13 %) seines Umsatzes.

Und beim Schnaps bleibt richtig Gewinn hängen. 10 % fließen im Schnitt über den Eintritt in die Kassen der Vereine. Aber auch die Brotzeit-, Hendl- und Grillfleisch-Verkaufsstände tragen ihren Teil zum Gesamterfolg bei. Die Schießbuden, Kaffee und Kuchen bringen dagegen nicht viel.

Der Hendlverkauf ist traditionell eine sichere Bank.

“An einem guten Waldfesttag kommen an die 2.500 oder mehr Besucher”, meint Sepp Bartl und fügt an: “In Tegernsee können es an einem Tag auch gut und gerne 4.000 sein.” Die Waldfestsaison hat 2011 insgesamt 22 Tage (Doppeltermine eingerechnet). Im Schnitt heißt das 62.500 Euro Umsatz pro Tag. Bei 22 Tagen ein direkter Wirtschaftsfaktor von rund 1.300.000 Euro für das Tal.

Einige Betriebe bekommen ihr Stück vom “Waldfestkuchen” ab: Metzgereien, Bäckereien, Getränkehändler, Einzel- und Großhändler sowie Taxiunternehmen, Trachtengeschäfte und zum Teil die Hotellerie.

Aufwandsseite – viel Ehrenamt, kaum Fixkosten

Pro Waldfest sorgen im Schichtbetrieb bis zu 100 vereinseigene ehrenamtliche Helfer dafür, dass alles rund läuft – Bier und Brotzeit dienen als Bezahlung. Fixe Kosten entstehen den Waldfestveranstaltern kaum: Für die Musiker fallen etwa 2.000 Euro pro Tag, was hauptsächlich über den Eintritt finanziert wird.

Dazu kommen noch Materialaufwendungen, die je nach Waldfest mit 1.000 bis 2.000 Euro angesetzt werden. Der Rest läuft hauptsächlich auf Kommission: je mehr verkauft wird, desto höher ist der Gewinn. Bezahlt wird zum Schluss nur das, was verbraucht wurde. “Das gilt bei uns vor allem fürs Bier und die Bargetränke, aber auch für einige Speisen”, erklärt Sepp Bartl.

Sonst gibt es kaum Unkosten. “Selbst die Biergarnituren und die Schirme werden von den Brauereien gestellt”, verrät Bartl, der aber auch zu bedenken gibt, dass zusätzlich alle paar Jahre Investitionen in Grills und Aufwendungen für die Instandhaltung der Stände anfallen.

Warum läuft das eine Waldfest besser als das andere?

Egal, wie lange es die jeweiligen Waldfeste der insgesamt zwölf Vereine schon gibt – beim einen läuft der Bierzapfhahn durchgehend, an der Bar kommt man mit dem Schnapsausschenken kaum hinterher, und bei anderen – eigentlich nicht weniger attraktiven Waldfesten – ist der jeweilige Verein froh, wenn “a bissl was für die Vereinskasse hängen bleibt”. Doch woran liegt das?

Für die veranstaltenden Vereine – egal, ob Trachten-, Fußballvereine oder Skiclubs – ist es neben dem eigentlichen Waldfest immer wichtiger, das Waldfest richtig zu bewerben. Plakate und Banner im Ort, ein Beitrag im Bürgerboten und im Gelben Blatt oder der Tegernseer Zeitung ist oft zu wenig. Der Einheimische weiß eh, wann und wo das nächste Waldfest stattfindet – und auf welches er gehen wird.

Die Kunst liegt vielmehr darin, den (verhassten) Münchner aufs Land zu locken. Denn egal, ob man die “Ortsfremden”, die bis zu 70 % der Gäste ausmachen, auf seinem Waldfest haben möchte oder nicht – mit den Städtern und der “Prosecco-Gesellschaft” wird das Geld für die Tal-Vereine verdient.

Ohne Facebook und Co. – weniger Gäste und weniger Umsatz

Und gerade die Münchner schauen längst im Internet, wann und wo das nächste Fest ist. Vereine, deren Waldfest im Netz kaum gefunden wird, merken spätestens beim Kassensturz, dass es dieses Jahr etwas schlechter gelaufen ist. Gründe werden dann oft woanders gesucht.

Der Grund liegt aber häufig im Internet: Beispielsweise sagten für den ersten Waldfesttermin beim SC Kreuth über den Veranstaltungshinweis des Bräustüberls Tegernsee mehr als 500 Facebook-User ihr Kommen zu. In einer anderen Facebook-Gruppe verkünden über 7.000 Menschen, an der Waldfestsaison 2011 teilzunehmen.

“Das ist für uns auch eine gewisse Planungsgröße”, so die Verantwortlichen des SC Kreuth. Und das Ganze ist natürlich mit einer Sogwirkung verbunden. “Wo sicher was los ist, da muss ich auch hin”, lautet das Motto vieler.

Die Waldfeste finanzieren Vereins- und Jugendarbeit

Der richtige Termin ist auch ein sehr wichtiger Punkt. Macht man es eher am Anfang oder am Ende der Waldfestsaison? Wann ist der Verschiebetermin? Mit welchem Waldfest trifft man da aufeinander? Oder finden andere Veranstaltungen im Tal statt (Night of the Alps!)? Wer dann noch das Glück hat, tolles Wetter zu erwischen, der hat oft für den Rest des Jahres ausgesorgt.

Die Kasse klingelt, nur nicht bei jedem gleich ...

Wie wichtig die Waldfesttermine für die Vereine sind, bekräftigt nicht nur Bartl: “99 % unseres Vereinsetats generieren wir ausschließlich aus dem Waldfest.” Ein Komplettausfall eines Waldfestes – undenkbar für die Vereins- und Jugendarbeit sowie Talentförderung, speziell der Skiclubs und Fußballvereine.

Verlierer der Waldfestsaison: Wirte und Gaststätten?

Zum Teil Leidtragende der fünften Tegernseer Jahreszeit sind die Gaststätten und Kneipen, denen es in dieser Zeit an zahlungskräftigen Kunden mangelt. Andererseits wären viele Touristen und Gäste gar nicht vor Ort, gäbe es die Waldfeste nicht. Und haben Kneipen, speziell die ohne Außenbereich, nicht im Sommer grundsätzlich weniger Kundschaft?

Hier driften die Meinungen der Wirte und Vereine natürlich auseinander – bedenken muss man jedoch, dass viele der auswärtigen Waldfestfans auch außerhalb dieser Zeit das ein oder andere Mal an den Tegernsee kommen, Geld ausgeben und/oder von der Region in ihrem Freundeskreis erzählen.

Mehr und neue Gäste werden gerade wegen der Waldfeste ins Tegernseer Tal gelockt. Vielleicht ist an dieser Stelle einfach nur ein wenig Kreativität gefragt … wie wäre es zum Beispiel mit Sonderrabatten für Tracht tragende Wirtshausbesucher? Oder mit speziellen Übernachtungsangeboten vonseiten der Hotels?

In diesem Sinne: Auf eine erfolgreiche und friedliche Waldfestsaison.

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