„Wollen keine Katze im Sack kaufen“

Vor knapp drei Wochen wurde das Siegermodell des Architektenwettbewerbs bereits den Anrainern und der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) vorgestellt. Gestern war nun der Stadtrat an der Reihe. Er sprach sich mehrheitlich für die Fortführung des Verfahrens aus. Man will Tegernsees verlorene Betten kompensieren.

Erneut musste Investor Hutmacher  den Entwurf seines a-ja Hotels in Tegernsee rechtfertigen.
Erneut musste Investor Hutmacher den Entwurf seines a-ja-Hotels in Tegernsee rechtfertigen.

Heiß war es gestern im Rathaussaal, ebenso intensiv die Diskussion der Stadträte. Holger Hutmacher als Vertreter des Investors, der a-ja Resort und Hotel GmbH aus Hamburg, musste nochmals alle Register ziehen, um sein 310-Betten-Hotel im besten Licht erscheinen zu lassen. Der Flächenverbrauch sei nun viel geringer als beim umstrittenen Riegelentwurf vor zwei Jahren. Das dreigliedrige, z-förmige Gebäude mit drei Etagen liege tiefer, die Anrainer könnten darüber hinwegsehen, die Versiegelung der Fläche sei reduziert und die Autos verschwänden unterirdisch.

Mitgebracht hatte er das Siegermodell des Münchner Architektenbüros F.R.A.U. sowie Fotos der Innenansichten von Zimmern, Aufenthaltsräumen und dem Pool. Doch das Entscheidende fehlte den Stadträten: die Außenansichten der Fassade. Die meisten von ihnen wünschten sich auch ein Schaugerüst, um beurteilen zu können, wie die Kubatur, das Volumen des Bauwerks, in die Landschaft passt. „Es ist schwierig zu entscheiden, wenn man nicht weiß, wie es aussehen soll“, beklagte Thomas Mandl (SPD).

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Er fürchtete, eine „Katze im Sack“ zu kaufen. Etliche in der Runde meinten, was man nicht sehe, könne man auch nicht beurteilen. „Magengrummeln“ hatte sogar Peter Friedrich Sieben, „wenn wir uns bereits jetzt für diesen Entwurf entscheiden“. Deshalb wünschte er sich noch genauere Details, um einen Eindruck vom Erscheinungsbild zu haben. Christine Laprell (CSU) hatte gehofft, auch die 2. und 3. Sieger des Architektenwettbewerbs vorgestellt zu bekommen. Denn so fehle ihr die Vergleichsmöglichkeit.

Vorerst kein Schaugerüst

Doch Investor Hutmacher blieb bei seiner Linie: zunächst kein Schaugerüst. Denn in den nächsten Schritten des Genehmigungsverfahrens könne sich noch einiges ändern. Zusichern könne er, dass Glas die Fassaden „präge“, man wolle sie „gefällig gestalten“. Er wolle an diesem Abend nur ein Votum, ob man sich ein Hotel in dieser Größe mit 310 Betten auf dem 1,5 Hektar großen Grundstück vorstellen könne, das je einen Innen- und Außenpool mit jeweils 20 auf 10 Metern Größe aufweise.

In das „Volkshotel“ mit der Vier-Sterne-Klassifizierung, das weder ein Tagungshotel noch ein „Billig-Hotel“ werden solle, „bringen wir unser eigenes Klientel mit“, so Hutmacher, „daher sind wir auch keine Konkurrenten zur örtlichen Hotellerie.“ Mit den etwa 80 Mitarbeitern wolle man ein „touristischer Leuchtturm“ werden, zum Beispiel mit den 45 Lieblingsgerichten der Deutschen, serviert auch in einer Pizzeria und einem Steak-Haus.

Das Design sei regional angepasst. Als Beispiel zeigte der Investor eine Suite mit Doppelbett, darüber ein stilisiertes Hirschgeweih. Wem dies als Argumentation im Stadtrat nicht reichte, den verwies Hutmacher darauf, dass „Aida-Kreuzfahrten unser erfolgreichstes touristisches Konzept sind“.

Hotel soll Bettenverluste ausgleichen

Bei der Frage nach der erwarteten Auslastung des Hotels korrigierte sich Hutmacher auf Nachfragen von zunächst 90 auf dann etwa 80 Prozent. Andreas Obermüller (FWG) bemängelte, dass Tegernsee die städtebauliche Belastung habe, „aber die Kaufkraft, der monetäre Effekt, nach Rottach geht“. Rudolf Gritsch (CSU) gab zu bedenken, dass man in Tegernsee noch kein für Familien bezahlbares Hotel habe. Parteifreund Norbert Schußmann ist für diesen Entwurf, denn das Hotel biete ein Schlechtwetterangebot.

Auch ein großer Baukörper könne schön sein, deshalb solle man auf dieser Basis weiterarbeiten. „Mit diesem Hotel sind wir noch nicht auf dem großen Sprung nach vorne“, wandte Heino von Hammerstein (Bürgerliste) ein. Noch gelte es, die Verluste von 30 Betten jährlich aufzuholen. Dies stimmte wohl so manchen Kritiker des Projekts nachdenklich. Mit 12 zu 4 Stimmen sprach sich der Stadtrat dann letztlich für die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens aus.

Bei den Restaurants orientiert sich das Hotel an Deutschlands beliebtesten Gerichten.
Bei den Restaurants orientiert sich das Hotel an Deutschlands beliebtesten Gerichten. Quelle: a-ja Gruppe

Wörtlich hieß es: „Der Investor wird gebeten, einen Vorhaben- und Erschließungsplan zu erarbeiten. Dieser ist Grundlage für die Erstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans.“ Sichtlich erleichtert verließ Hutmacher den Saal, wohl wissend, dass er aber an einem Schaugerüst nicht vorbeikommen wird.

Zu hartnäckig wurde darauf gedrungen. Als warnendes Beispiel kam das jahrelange Ringen um den einst geplanten Neubau der Orthopädischen Klinik zur Sprache. „Viele 100 Arbeitsstunden wurden da verbrannt“, meinte Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) nachdenklich. Im Klartext wollte er wohl damit sagen: Einmal reicht.

Eine ablehnende Stellungnahme der Interessengemeinschaft Perronstraße und der SGT wurde indes nicht diskutiert. Sie sollte ein Weckruf an die Stadträte sein, genauer hinzusehen. Von einem Etikettenschwindel war sogar die Rede. Doch Hagn blockte ab: Was nicht als Antrag auf der Tagesordnung stehe, werde auch nicht behandelt.

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