Ein Kommentar von Laetitia Schwende:
Über 60 Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern stehen gestern vor dem Gebäude, in dem die Gmunder Gemeinderäte über den Bikepark entscheiden. Mit Klingeln und Licht werden die Gemeinderatsmitglieder begrüßt. Doch statt Freude über das politische Engagement der Jungen zu zeigen – oder wenigestens zu heucheln – beginnt schon bald das Gegrantel im Saal.
Den Tiefpunkt bildet ausgerechnet die, die sonst mit Sorgen der jungen Menschen gern punkten will: SPD-von Miller ärgert sich über die mögliche Lärmbelästigung, da „Jugendliche ja heutzutage scheinbar nur noch mit Musikboxen Fahrradfahren können“. Barbara von Miller hat sich wohl noch nie auf einem MTB-Trail bewegt. Andernfalls wüsste sie, das beim Fahren quer durch den Wald wenig Zeit bleibt, eine passende Playlist rauszusuchen und das Handy zu bedienen.
Alles viel zu gravierende Eingriffe in die Natur, heißt es außerdem, „Kinder können nicht auf Fridays for Future machen und dann den Wald zu ihrer eigenen Gaudi hernehmen.“ Puh, das ist echt Wutrentner-Sprech. Denn welch negativen Einfluss Fahrradfahren auf zuvor präparierten Trails und Wegen auf die Klimaerwärmung haben soll, ist hierbei nicht ganz schlüssig. Ach ja, die Wurzeln. Die werden auch durch normales Wandern in Mitleidenschaft gezogen, und jetzt, völlig irre, stehen die meisten Bäume in der Tegernseer Wanderregion noch immer.
Jugendliche auf dem Abstellgleis der Politik?
Zudem relativiert sich das Argument des gravierenden Eingriffs in die Natur, wenn man die rege Bautätigkeit im Tal sieht. Für viele Bauvorhaben werden Hänge gerodet, abgetragen und fußballfeldgroß mit Beton gesichert, um Anwesen für reiche Rentner zu Preisen in Millionenhöhe zu bauen. Derartige Eingriffe in die Natur scheinen dann unter dem wirtschaftlichen Aspekt wieder legitim zu sein.
Wie man auch zu einem Trail stehen mag: Unumstritten dürfte sein, dass für die Jugend am Tegernsee nicht allzu viel getan wird. Es heißt zwar in Wahlkampfzeiten, man müsse das Tal für Jugendliche attraktiver gestalten. Doch kaum ist wieder Ruhe an der Kommunalfront, steckt scheinbar wenig Substanz hinter den warmen Worten. Jugendrefentin Zierer von den Freien Wählern bringt es auf den Punkt:
Ich habe teilweise das Gefühl, wir schreiben uns auf die Fahne, wir seien eine kinderfreundliche Gemeinde. Aber die Kinder sollen bitteschön nicht älter als neun Jahre alt werden und dann erst wieder aufschlagen, wenn sie 18 sind.
Sich als fahrradfreundliche Kommune zu loben und Radlstreifen auf die Straße zu pinseln, damit zahlende Touristen dann doch wieder auf der Straße oder dem Gehweg herumschleichen, wird als fortschrittlich und modern angesehen. Doch die Bedürfnisse der Jugendlichen werden mit Plattitüden abgetan. Dabei brächte ein Trail durchweg Positives mit sich. Der Mountainbikesport erfreut sich besonders bei jungen Menschen immer mehr Beliebtheit, jenseits von Daheim daddeln und ganztägiger Betreuung durch besorgte Eltern. Der Bikepark gäbe dazu genug Möglichkeiten.
Selbst für Schulen wäre der Bikepark ein willkommenes Angebot. Man wollte schon früher einen Wahlkurs Mountainbike anbieten, hatte aber einfach keine nahegelegenen Trails, erzählt ein Lehrer der Realschule Finsterwald.
Schlussendlich ist die Entscheidung und vor allem die Kommunikation durch den Gmunder Gemeinderat einfach nur eine herbe Enttäuschung für die jungen Talbewohner, allen voran für die Kinder, die sich so für das Projekt eingesetzt haben. Man hat den Eindruck, dass die Bedürfnisse der Ortsansässigen und insbesondere der Jugend zweitrangig sind. Am wichtigsten: bloß kein Lärm und bitte auch keine Veränderung.
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