Zahlreiche Zuhörer und emotionale Debatte

Wie die Vermieter in Bad Wiessee schon angekündigt hatten, wollten sie nach ihrem Protest gegen die Erhöhung der Kurtaxe die Diskussion im Gemeinderat miterleben. Selten war der Rathaussaal so voll wie Donnerstagabend. Das Thema wühlt den Ort auf.

Selten waren die Zuschauerreihen im Rathaussaal so dicht gedrängt, wie gestern. / Foto Klaus Wiendl

Obwohl das Thema Kurtaxe nicht auf der Tagesordnung stand, kam es immer wieder zum Vorschein. Auch als TTT-Geschäftsführer Christian Kausch sein Budget für dieses Jahr vorstellen wollte. Es war ihm offensichtlich ein Bedürfnis, zunächst seine Position zur Erhöhung der Kurtaxe zu erklären.

Er stehe voll hinter der beschlossenen Erhöhung des Kurbeitrags von 2 auf 3,30 Euro, so Kausch. Dies umso mehr für Wiessee, wo man schon jahrelang zu billig gewesen sei. Kausch verwehrte sich aber gegen ein Zitat in der Lokalzeitung, er würde die Erhöhung nicht so schlimm finden. Dies habe er niemals so gesagt, beteuerte Kausch. Natürlich sei das schlimm, da der Vermieter damit umgehen müsse.

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„Nicht so gut“, befand Kausch auch, dass sie überrumpelt worden seien. Deshalb wünsche er sich vom Rathaus wie von den Gastgebern „eine bessere Kommunikation“, um die „Beweggründe besser darstellen“ zu können. Der große Sprung auf 3,30 Euro sei für die anderen Gemeinden, „natürlich schwer nachvollziehbar“. Aber jemand müsse „den ersten Schritt gehen“. Einen richtigen Zeitpunkt dafür werde es wohl nie geben, „in fünf Jahren wird es auch noch Baustellen geben“. „Erschrocken“ sei er, dass beim Kurbeitrag immer auf die TTT gezeigt werde. Gerade in den letzten drei Jahren habe man viele Hausaufgaben gemacht, „die auch von Gemeinderäten eingefordert wurden“.

Gemeinde will für Vermieter die Mehrkosten übernehmen

Robert Huber (SPD) als agierender Bürgermeister erinnerte daran, dass der ganze Kurbeitrag von 1,1 Millionen Eins zu Eins an Haushalt der TTT von 4,3 Millionen Euro weitergegeben werde. Diese Diskussion habe eine Dynamik aufgenommen, über die er gar nicht so unglücklich sei, so Huber. Denn damit sei ihm der „unheimlich lange Vorlauf für Beherbergungsbetriebe klargeworden, denen „aber kein Schaden entstehen soll“.

Wenn Gäste über die Einführung der erhöhten Kurtaxe ab 1. Dezember bereits gebucht hätten, würde sich die Gemeinde um eine Entschädigung kümmern. „Wir werden die Mehrkosten übernehmen“. Nachdem man über Jahre nicht an der Schraube der Kurtaxe gedreht habe, „müsse man halt jetzt mehr in die Hand nehmen“. Dieser Schritt sei schon allein wegen der Sanierung oder Neubaus des Badeparks mit etwa 20 Millionen Euro notwendig. „Wir wissen aber, was wir dafür kriegen“.

Für CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter ist nach dem Alleingang von Wiessee „die Gemeinschaft im Tal das A und O“. „Hier wieder eine Einheit herzustellen, ist schwierig geworden“, erwiderte Kausch. „Die Entscheidung ist da, und ich sitze zwischen den Stühlen“. Er hoffe aber, dass die anderen Gemeinden Schritt für Schritt nachziehen. „Sie haben dies in absehbarer Zeit auf der Tagesordnung“, wusste Huber aus der letzten Bürgermeister-Dienstbesprechung zu berichten: „Sie werden folgen“.

„Unterirdischer“ Vorgang

Obwohl er für die Erhöhung der Kurtaxe gestimmt hatte, bezeichnete Rolf Neresheimer (ranBW) den Beschluss als „Glanzstück fehlender Kooperation und Koordination mit den Beteiligten“. (Beifall der Zuhörer). Wenn es schon Absprachen unter den Bürgermeistern über „eine konzertierte Aktion“ gebe, so Neresheimers Vorwurf an die Verwaltung, hätte keine Not bestanden, die Erhöhung in der letzten Sitzung „durchzupeitschen“. Die Notwendigkeit einer Erhöhung sei „unumstritten, aber die Art und Weise war ausgesprochen unprofessionell und unterirdisch“. (Beifall)

Florian Sareiter (CSU) forderte eine Rücknahme des Beschlusses. Ein entsprechender Antrag liege bereits für die nächste Sitzung des Gemeinderats im April vor. Es müsse ein anderer Weg zur talweiten und stufenweisen Erhöhung der Kurtaxe beschlossen werden. Für die CSU wäre der 1. Januar 2021 „der richtige Startpunkt“. Denn das knappe Abstimmungsergebnis mit 8:6 Stimmen zeige, dass es hier „noch keine klare Meinung gibt“.

Vermieter sollten einsichtig sein

SPD-Fraktionssprecher Bernd Kuntze-Fechner begründete seine Zustimmung mit den „Ausgabenfeldern“ für die Kureinrichtungen im Ort, „die andere Gemeinden nicht haben“. Die „hochschlagenden Wellen machen mehr kaputt“, als der eigentliche Beschluss. Ein „Kommando zurück wie im CSU-Antrag ist Populismus“. Denn man „packe im Ort viele Dinge an, die auch den Gästen dienen“.

Populismus war auch für Rainer Kathan (FWG) das Stichwort. Er warf der CSU vor, „populistisch aus allen Rohren zu feuern“. Sein Appell an die Vermieter im Saal war, „Einsicht zu entwickeln, dass die Erhöhung notwendig ist“. Fraktionskollege Jupp Brenner warb dafür, aus der Diskussion „Dampf rauszunehmen“. Schließlich würden mit der Kurtaxe auch die Freifahrten der Gäste mit den Bussen finanziert werden. „Wie oft gibt man am Tag 1,30 Euro mehr für irgendetwas aus?“

Wenn eine vierköpfige Familie hier drei Wochen bleibe, könne man sich die Mehrkosten „selber ausrechnen“, entgegnete Georg Erlacher (CSU). Nicht der Gemeinderat müsste den Gästen die Erhöhung verklickern, sondern die Vermieter. „Darüber sollte man sich Gedanken machen“. (Beifall) Sicher ist zumindest, dass das Thema weiter im Ort gären wird, da der Kur- und Verkehrsverein eine Unterschriften-Aktion gegen die beschlossene Erhöhung gestartet hat.

 

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