Zu knapp, falsch geplant, zu teuer

Oftmals unbezahlbar und am Bedarf vorbei – in Oberbayern ist die Wohnungslage vielerorts katastrophal. Nicht anders ist es im Landkreis Miesbach und im Tegernseer Tal. Wohnraum ist oft Mangelware, vor allem wenn er bezahlbar sein soll. Deshalb will die SPD nun den Kreistag in die Pflicht nehmen.

Bezahlbarer Wohnraum ist am Tegernsee Mangelware.

Mittlerweile können schon Normalverdiener bei den explodierenden Mieten kaum noch mithalten. Mit einer „Wohnraumoffensive“ will die Groko (große Koalition von Union und SPD) den sozialen Sprengstoff entschärfen. So steht es zumindest im neuen Koalitionsvertrag. Seit 2009, so heißt es in einer von der SPD in Auftrag gegebenen Studie, hat sich ein Defizit von einer Million Wohnungen in Deutschland aufgebaut. Selbst wenn die zuletzt deutlich gestiegenen Baugenehmigungen allesamt verwirklicht würden, könnte der Bedarf in naher Zukunft nicht annähernd befriedigt werden.

Dies treffe vor allem auf Sozialwohnungen zu. Vor drei Jahrzenten gab es davon vier Millionen. Jetzt sind es nur noch gut 1,3 Millionen – weil immer mehr aus der Mietpreisbindung fallen und kaum noch in diesem Segment gebaut wurde. Rund 1,5 Millionen Wohnungen bis 2021 verspricht die Groko. Doch dieses Ziel sei kaum zu erreichen. Denn der Staat selbst mache den Wohnungsbau teuer und schwerfällig, urteilen Experten.

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Anspruch und Realität

Nicht anders sei die Situation im Landkreis, klagt SPD-Fraktionssprecher Martin Walch. „Die öffentliche Hand ist auf allen Ebenen angesichts der aktuellen Wohnraumknappheit in unserem Landkreis gefordert“. Deshalb will seine Fraktion mit einem Antrag den Kreistag nächste Woche in die Pflicht zu nehmen, nach Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnraum zu suchen.

„Die Miesbacher Verwaltung soll ermitteln, ob und welche Grundstücke dem Landkreis als Eigentümer zur Verfügung stehen, die dem Wohnungsbau zugeführt werden können. Dies wollen wir eruiert wissen“, so Walch auf Nachfrage. Obwohl laut Bayerischer Verfassung „jeder Bewohner Bayerns Anspruch auf eine angemessene Wohnung hat“, so zeige die Wirklichkeit im Landkreis, dass es immer schwieriger werde, bezahlbaren Wohnraum zu finden, betont die SPD in ihrem Antrag.

Davon betroffen seien die Angestellten des Krankenhauses, der VIVO, des Schwaighofes und des Landratsamtes. Daher müssten alle kommunalen Körperschaften ihre Möglichkeiten zur Schaffung von Wohnraum ausschöpfen. Man braucht laut Walch nicht nur für Wohnberechtigungsschein-Inhaber Wohnraum, sondern auch für Bürger und Familien mit mittlerem Einkommen. Die Crux dabei sei, dass Söder als Ministerpräsident den Wohnungsbau jetzt zur Chefsache mache, während er vor fünf Jahren als Finanzminister 32.000 Sozialwohnungen an einen Augsburger Immobilienkonzern verkauft habe.

Riesiger Wohnungsdruck auf die Region

Unabhängig davon sei aber „der Wohnungsdruck von München auf Holzkirchen und das Tegernseer Tal enorm“ so Walch.
Ein Tropfen auf den sprichwörtlich heißen Stein ist das Wohnungsbauprogramm des Landkreises. Mit dem Neubau des Landratsamtes und einer Tiefgarage Ecke Münchner und Riezlerstraße sollen dort auch 26 Wohnungen entstehen. Mit ihnen soll die Tiefgarage überbaut werden, wie Birger Nemitz erklärt.

Die genaue Zahl, so der Pressesprecher des Landratsamtes, werde aber erst am Ende des Architektenwettbewerbs bekannt sein. „Die Wohnungsgrößen sollen sich an den Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 orientieren. Der gewünschte Wohnungsschlüssel sei: jeweils 40 Prozent Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen und 20 Prozent Vier-Zimmer-Wohnungen mit rund 90 Quadratmetern.

Miet- statt Eigentumswohnungen

Etwa 15 Prozent aller Wohnungen sollen barrierefrei sein. Da der Landkreis bereits schwerpunktmäßig Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen besitze, sei hier der Schwerpunkt auf größere Wohnungen für Familien gelegt worden. „Vorzugsweise sollen die Wohnungen an Mitarbeiter in den unteren Lohngruppen des Landkreises und des Kreiskrankenhauses zur Miete vergeben werden“, so Nemitz, der gleichzeitig betont: „Es entstehen keine Eigentumswohnungen“.

Der Baubeginn stehe noch nicht fest, da dieser sehr stark auch vom Wettbewerbsergebnis abhänge. Dass damit dem Wohnraummangel in Miesbach und dem Tal spürbar abgeholfen werden kann, ist eher nicht zu erwarten. Doch es wäre ein Fingerzeig, dass Politiker ihren Versprechen auch Taten folgen lassen. Die nächste Wahl in Bayern stehen vor der Tür.

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