Zwei unversöhnliche Lager – eine Entscheidung

Bei der gestrigen Abstimmung im Tegernseer Stadtrat ging es eigentlich nur noch um die Ausschreibung des geplanten Steges. Doch wenngleich nicht völlig unerwartet, kam es erneut zu einer Grundsatzdiskussion. Dabei bildeten sich die beiden altbekannten Lager aus. Die Stegbefürworter um Peter Janssen und die Steggegner um Andreas Obermüller. So richtig Überzeugen konnten letztlich beide nicht.

Erste Überlegungen bereits 1971

Dass es wohl keine gewöhnliche Sitzung werden würde, merkte man schon allein am Zuschauerandrang der im Sitzungssaal herrschte. Zusätzliche Stühle mussten herbeigeschafft werden und selbst Bürgermeister Janssen ließ sich zu einem kleinen Witz hinreißen: „Es freut mich sehr, dass sich so viele für Punkt Sieben der Tagesordnung interessieren, die Ernennung der Stellvertreterin des Standesamtes.“

Aber natürlich ging die große Diskussion bereits kurz nach dem Start der Sitzung, deutlich vor “Punkt Sieben” los. Peter Janssen stellte zunächst einmal die durchaus lange Geschichte des Steges vor. „Denn, und das war für mich auch neu, der Steg ist das älteste noch nicht verwirklichte Vorhaben des Stadtrates“ so Janssen.

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Die Verwaltung hatte sich offenbar die Mühe gemacht und in alten Unterlagen nachgesehen. Bereits im August 1971 fand sich eine erste Erwähnung des Steges in Bebauungsplänen des damaligen Stadtrates.

Vorteile für Tegernsee

Das Vorhaben wurde jedoch bis heute nicht umgesetzt. Deswegen sei es, so die Aussagen Janssens, nun so wichtig den Steg nach den vielen Schwierigkeiten im Vorfeld auch umzusetzen. „Tegernsee ist so gut vorangekommen, es fehlt nur noch dieses eine Stück. Lasst es uns jetzt machen”, appellierte der Bürgermeister an seine Ratskollegen.

Zudem zählt Janssen noch einmal die Vorteile auf, die aus seiner Sicht aus einem Stegbau resultieren würden. Dazu zählen die steigende Attraktivität der Stadt Tegernsee als Tourismusgebiet. 2.400 gezählte Stegbesucher an einem gut besuchten Tag seien eine klare Bestätigung. Zudem werde die Innenstadt wiederbelebt. Dies, so Janssen, habe ihm auch die IHK München in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2009 bestätigt. Insgesamt bedeute der Steg eine positive Entwicklung für Tegernsee.

Gegenargumente

Dies sah Andreas Obermüller, als einer der größten Gegner des Steges im Stadtrat, erwartungsgemäß anders. „Es werden also 2.400 Leute außerhalb der Innenstadt gezählt und uns als Erfolg verkauft“, meinte Obermüller leicht ironisch.

Zudem kritisiert er auch die IHK. Diese habe wohl in Unkenntnis der tatsächlichen Begebenheiten ein Urteil abgegeben. Eine gänzlich andere Auffassung vertrete da beispielsweise der Hotel- und Gaststättenverband in einem anderen Gutachten.

Unter anderem der geplante Neubau des Bootshafens treibt die Kosten in die Höhe

Zudem seien auch die Kosten nicht von der Hand zu weisen. „Abgestimmt haben wir 2009 über 700.000 Euro. Jetzt sind wir bei einer Million“, so Obermüller. Zusammen mit anderen Investitionen der Stadt, wie beispielweise dem Kauf der Gleisanlagen und des Bahnhofs würden die Ausgaben der Stadt auf über sieben Millionen Euro anwachsen.

Und zwar, wir Obermüller betont, ohne ein vernünftiges Finanzierungskonzept. Damit habe er ganz entschieden ein Problem.

Wenn die Planung des Steges nun wirklich schon bis 1971 zurückreicht, dann können wir jetzt auch noch ein wenig warten und ein Konzept ausarbeiten, anstatt es noch in dieser Amtszeit übers Knie zu brechen. Tegernsee kann sich dieses Luxusobjekt zurzeit nicht leisten.

„Die Mittel stehen bereit“, so Janssens Antwort auf diesen Vorwurf. „Ja, aber auf Pump“, die direkte Antwort von Christine Laprell (CSU). Darüber könne er in der öffentlichen Sitzung keine Auskünfte erteilen, so Janssens Aussage.

Urlauber beklagen abgeschnittenen Weg

Dabei gibt es in den Reihen der Stadträte auch weitere positive Stimmen zum Steg. „Ich finde, dass die Aussagen Obermüllers hauptsächlich polemischer Natur sind“, so Heino von Hammerstein (Bürger Liste).

Dass die Gäste einen Rundgang machen würden, vom Ende des Steges über die Hauptstraße wieder zurück, das könne man schon jetzt am Bräustüberl gut sehen. Dort liefen die Leute um den Schmetterlingsgarten herum und würden dann über die Straße wieder zurücklaufen.

Ein Teil des bestehenden Steges am Seecafe

Und auch Martina Niggl-Fisser (Bürger Liste) sowie Norbert Schußmann (CSU) berichten von einer positiven Akzeptanz des bestehenden Steges, vor allem bei Urlaubern. „Und dann heißt es immer, wenn er endet sei der Weg wie abgeschnitten. Ich finde es gut, dass wir das jetzt ändern wollen“, zeigt sich Schußmann überzeugt.

Seeuferweg – soweit wie es geht

Der geplante Weg soll nämlich von der Länd mit einer Brücke über den Alpbach weitergehen, und danach auch erst ein Stück am Ufer entlang führen. „Erst später wird er in einen echten Steg übergehen“, so Janssen.

Er habe versucht auch mit den anderen Anliegern zu verhandeln, dass der Weg weiter am Ufer entlang führen könne. Echte Reaktionen darauf gab es jedoch nicht. Auch nicht von der Brauerei, der das Hotel Guggemos derzeit gehört.

Dies sei auch klar, entgegnet Obermüller. Mit einem Weg oder Steg vor der Nase werde sich niemals ein Investor für das Guggemos finden. Dies bedeute praktisch den Tod des ehemaligen Hotels. „Das Guggemoos ist doch eigentlich einer unserer touristischen Schwerpunkte. Wenn sich diese Auswirkungen ergeben, dann ist das Projekt vielleicht ein Fehler“, so die Überzeugung Obermüllers.

Viel Gesprächsstoff, wenig Neues

Insgesamt standen sich in der Diskussion gestern Abend zwei unversöhnliche Lager gegenüber. Dabei kamen nur wenig neue Argumente auf den Tisch. Vielleicht liegt dies allerdings auch am Thema an sich, bei dem man nicht genau einschätzen kann, ob sich manche Vorhersagen bewahrheiten oder nicht. Ein Stück weit Überzeugung gehört einfach dazu.

Und so war das spätere Abstimmungsergebnis für die meisten Anwesenden keine allzu große Überraschung. Elf Stadträte stimmten dafür, fünf waren dagegen. Darunter die Fraktion der Freien Wähler sowie Christine Laprell. Im Stadtrat hat das Projekt also eine breite Mehrheit. Wie es in der Bevölkerung aussieht, kann am Ende wohl nur ein Umfrage oder ein Bürgerbegehren abschließend klären.

Für Janssen bedeutet die Abstimmung aber nach der ersten Grundsatzentscheidung im Dezember 2009 zuerst Mal ein eindeutiges Startzeichen für den Bau des Stegs. Dabei kommen dem Tegernseer Bürgermeister auch die mittlerweile vorliegende Genehmigung des Landratsamtes auf sofortigen Baubeginn und die am Dienstag eingegangene Freigabe von Fördermitteln zupass. 40 Prozent erhält die Stadt vom Freistaat. Im Mai könnte es mit dem Bau losgehen. Erwartete Bauzeit: rund sechs Monate.

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