Im ersten Teil des Interviews mit der Tegernseer Stimme erklärte Wiessees Bürgermeister Peter Höß, wie er und seine Verwaltung sich das mit dem vieldiskutierten Umbau des Lindenplatzes vorgestellt hatten. Wo die Probleme lagen und warum eigentlich alles mehr oder weniger nach Plan verlaufen wäre. Im zweiten Teil geht es um ein Dauerthema in Bad Wiessee: die Schulden und deren Abbau.
Tegernseer Stimme: Herr Höß, Sie wollen kein Zahlmeister des Tegernseer Tals sein und greifen trotzdem tief in die Haushaltskasse. Seit Sie Bürgermeister von Bad Wiessee sind, wenden Sie alle Mittel auf, um den Ort zu verschönern und zu verändern. Dabei müssen Sie sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, Sie würden durch Ihre Investitionen Bad Wiessee runterwirtschaften. Wie sehen Sie das?
Peter Höß: Natürlich werde und wurde ich kritisiert. Viele vergessen aber auch, wie Bad Wiessee vor acht Jahren dastand. Als ich mein Amt 2008 übernommen habe, haben die Spielbank-Einnahmen den Hauptteil ausgemacht. Die Einnahmen lagen zu diesem Zeitpunkt bei 4,5 Millionen Euro und gingen durch das Rauchverbot, welches am 1.1.2008 in Kraft trat, bis zum Jahr 2012 nach und nach auf 2,2 Millionen Euro zurück. Mein Ziel war es, die zwei Millionen Defizit auszugleichen, und die Einkommenssituation der Gemeinde auf mehrere Beine zu stellen. Zumal die Gemeinde damals noch 28 Millionen Euro Schulden hatte.
TS: Ist Ihnen der Ausgleich gelungen?
Peter Höß: Zwischenzeitlich ja. Der Einkommenssteueranteil und Gewerbesteueraufkommen zusammen mit der Fremdenverkehrsabgabe machen heuer etwa so viel aus wie die Spielbankeinnahmen. Wir stehen jetzt auf mehreren Beinen und können durch negative Entwicklungen nicht so schnell in schwierige Situationen geraten.
TS: Und die Altschulden?
Peter Höß: Die habe ich radikal abgebaut. Obwohl mir Fachleute geraten haben, umzuschulden, um dadurch eine geringere Belastung zu haben, habe ich es anders gemacht und alle ersparten Zinsen in die Tilgung gesetzt.
TS: Welche Zinsen?
Peter Höß: Die ersparten Zinsen, die sich unter anderem aus der günstigen Zinsentwicklung beim Ablauf der Zinsfestschreibungen ergaben. Diese Beträge haben wir in die Tilgung gepackt und so konnten wir auch unsere Darlehensrestlaufzeiten deutlich verkürzen.
TS: Das heißt, eigentlich kam Ihnen die Zinsentwicklung zugute.
Peter Höß: Sicherlich. Aber immerhin konnten wir unsere Schulden auf diese Weise um jährlich 700.000 Euro reduzieren. Bis Ende dieses Jahres werden wir deshalb keine Altschulden mehr haben.
TS: Das heißt, Wiesse wird dann nahezu schuldenfrei sein?
Peter Höß: Nein. Die noch verbliebenen Schulden betreffen die Finanzierung des Neubaus der Spielbank und den Kauf des Jodschwefelbadareals.
TS: Dafür haben Sie dann Tafelsilber verkauft…
Peter Höß: Was habe ich verkauft?
TS: Grundstücke.
Peter Höß: Welche?
TS: Die beiden kleinen Grundstücke am Quercherfeld.
Peter Höß: Das ist richtig. Für ein Projekt mit günstigem Wohnraum für Einheimische. Wir haben aber auch parallel dazu – und das war Bedingung – das Jodschwefelbad-Areal gekauft, und zusätzlich noch das Haus Rheinland und den Handwerkerhof erworben.
TS: Zwölf Millionen Euro – allein für das Jodschwefelbad? Hat sich die Investition rentiert?
Peter Höß: Das Jodschwefelbad zu kaufen war eine ganz bewusste Entscheidung, um nicht von einem Investor abhängig zu sein.
TS: Es steht also Grundbesitz gegen Schulden?
Peter Höß: Absolut. Wir haben strategisch wichtige Punkte aufgekauft und damit den Grundbesitz erhöht. Was ein Gewinn für die Gemeinde ist, denn die Grundstückspreise werden nicht biliger. Natürlich wollen wir nicht alles aufkaufen, aber wir wollen die Ortsentwicklung vorantreiben.
TS: Den Lindenplatz lassen wir jetzt einmal außen vor – was haben Sie noch getan, um den Ort „voranzutreiben“?
Peter Höß: Nehmen wir beispielsweise das Feuerwehrhaus mit Rettungszentrum. Ich war gerade acht Tage im Amt, als das Landratsamt zusammen mit dem gemeindlichen Unfallversicherungsverband kamen und ultimativ forderte, den Schuleingang und die Feuerwehrhausausfahrt zu trennen. Also haben wir vor den Neubau des Feuerwehrhauses den Schuleingang extra verlegen lassen, um in Ruhe Feuerwehrhaus mit Rettungszentrum planen zu können.
TS: Bis 2010 betrieb die Gemeinde den Sonnenbichl als öffentlichen Ski-Hang. War es ein kluger Schachzug, den Betrieb einzustellen?
Peter Höß: Wir hatten ein Defizit von über 50.000 Euro pro Jahr, das es auszugleichen galt. Natürlich bin ich auch hier kritisiert worden. Aber die Betriebskosten waren einfach zu hoch und die Einnahmen gingen laufend zurück. Was die fünf Skiclubs im Tegernseer Tal mit der Gründung des Trainigszentrums aus dem Sonnenbichlhang gemacht, haben, verdient größten Respekt.
TS: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass die „Erfolge“, die Sie aufzählen, in der Tal-Wahrnehmung so untergehen, und man sogar glaubt, in Wiessee gehe nichts voran?
Peter Höß: Ich nehme mir einfach zu wenig Zeit für Gespräche, sitze zu viel hinter meinem Schreibtisch und vernachlässige die Öffentlichkeitsarbeit. Das ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass ich zu Beginn meiner Amtszeit Personal reduziert, und genau so mitgearbeitet habe wie ich es auch von den Mitarbeitern erwarte. Nur so war auch eine Konsolidierung des Haushalts möglich. In diesem Jahr und für die nächsten Jahre hat uns die Aufsichtsbehörde, das Landratsamt, eine sehr gute Leistungsfähigkeit bescheinigt.
TS: Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus? Gibt es eine Art „Road Map“?
Peter Höß: 2017 wird mit dem Bau des neuen Jodschwefelbades begonnen, das aus heutiger Sicht im zweiten Halbjahr 2018 seinen Betrieb aufnehmen soll. Mit dem neuen Jodschwefelbad werden wir die gegenwärtigen Defizite schrittweise reduzieren und gleichzeitig für nachhaltige Wertschöpfung in Bad Wiessee sorgen. Damit wird die dauernde Leistungsfähigkeit weiter gesteigert, sodass wir nach Abschluss dieses Vorhabens den Badepark anpacken können. Zusätzlich werden uns die bevorstehenden Hotelprojekte stark beanspruchen.
Herr Höß, vielen Dank für das Gespräch.
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