Bauarbeiter aus dem Landkreis bekommen endlich Entschädigung
655 Mal um die Erde

Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben. Nichts wird dem Chef geschenkt.

Neun von zehn Beschäftigten der Baubranche im Landkreis Miesbach, das sind rund 1.220 Bauarbeiter, verbringen 200 Arbeitstage damit, zu Baustellen zu fahren

Im Morgengrauen los, jetzt im Winter in der Dunkelheit zurück. Müde, stumm mit den Kollegen in Bussen oder Bullis. Das ist der Alltag der Bauarbeiter. Für die Arbeiter, die bei uns im Tal die im Oberland die riesige Zahl an Baustellen anfahren müssen, gibt es eine gute Nachricht. Die Fahrten werden entschädigt.

Und die zurückgelegten Strecken sind enorm. Das hat die Gewerkschaft IG BAU Oberbayern festgestellt und die Fahrstrecken Miesbacher Bauarbeiter vom niedersächsischen Pestel-Institut untersuchen lassen.

Demnach sind rund 1.220 Bauarbeiter – und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche – im Landkreis Miesbach an 200 Arbeitstagen unterwegs. Sie fahren zu Gebäuden, Straßen und Brücken, die sie bauen und sanieren sollen. Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 54 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf rund 26,2 Millionen „Baustellen-Kilometer“ im Jahr. „Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus dem Landkreis Miesbach damit rund 655 Mal um die Erde.

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Klar, mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt. Harald Wulf, IG BAU Oberbayern

Bei der Untersuchung sind, so das Pestel-Institut, für die Mobilität von Baubeschäftigten relevante Faktoren wie die Siedlungsdichte berücksichtigt. 

Viel Extra-Zeit der Arbeiter wird am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verloren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt. Er ist im IG BAU-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig, spricht von „enorm Kilometer-aktiven Bau-Jobs“. Die Fahrten zu den Baustellen seien „echte Zeitfresser“. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit am Tariftisch durchzusetzen. „Die Arbeitgeber haben sich jahrelang dagegen gesträubt“, so Burckhardt. 

Die Zeiten, in denen Fahrstrecken von Bauarbeitern einfach unter den Teppich gekehrt wurden, seien jetzt allerdings endgültig vorbei: Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt – je nach Kilometern – zwischen 6 und 8 Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es eine Erstattung“, erläutert Carsten Burckhardt. Wer auf Montage sei und nicht jeden Tag nach Hause fahren könne, bekomme – abhängig von der Strecke – zwischen 18 und 78 Euro pro Woche. 

Unklar ist, wie diese Entschädigung für die Arbeiter sich in den Preisen für den Bau selbst widerspiegeln werden. Werden Bauträger die Zusatzkosten sowohl an private wie öffentliche Auftraggeber weitergeben? Die haben mit höheren Zinssätzen bei Baukrediten und der Steigerung der Baustoffpreise eh schon zu kämpfen. Andererseits: Der Bauboom der vergangenen Jahre dürfte bei dem ein oder anderen Arbeitgeber die Kassen gefüllt haben.

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