Tegernsee
Abschied und Ausblick: Dr. Werner Oberholzner über die Zukunft der Schulen

Dr. Werner Oberholzner ist seit über zwei Jahrzehnten Schuldirektor am Tegernseer Gymnasium. Anfang August geht er in den Ruhestand: Im Interview sprechen wir mit ihm über die Zukunft der Bildung.

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Nur noch ein paar Tage bis zum Unruhestand; Dr. Werner Oberholzner schaut der Zukunft gelassen entgegen. / Foto: Redaktion.

TS: Ich würde gerne mit einem kleinen Rückblick anfangen. Sie sind über 20 Jahre Schuldirektor. Wenn Sie zurückdenken, welche Herausforderungen haben Sie im Schulalltag am meisten beschäftigt?

Dr. Werner Oberholzner: Das sind zum einen bauliche Dinge. Da wird noch einiges auf uns zukommen. Viel getan hat sich beim Thema naturwissenschaftliche Räume, beim Thema Computerräume und so weiter. 

Spanisch als dritte Fremdsprache, die wir vor zwölf oder 15 Jahren eingeführt haben. Das läuft sehr, sehr gut. Da bin ich sehr froh, auch, weil wir mit weitem Abstand die einzige Schule sind, die das anbietet.

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Dr. Werner Oberholzner

Das Thema Digitalisierung ist natürlich eine große Sache. Wir sind auf einem guten Weg. Aber das wird mit Sicherheit noch weitergehen. Ob das die digitale Ausrüstung der Schulen betrifft oder die Software: Da sind wir im Grunde mittendrin.

TS: In den nächsten zehn Jahren wird das Bildungssystem viele disruptive Elemente erleben. Was glauben Sie, sind die großen Herausforderungen für die nachfolgenden Generationen?

Dr. Werner Oberholzner: Also ich denke, ich habe es vorher schon angesprochen, das Thema Digitalisierung wird uns weiterbegleiten, also Stichwort KI. Ich weiß noch nicht, wie das zum Beispiel Prüfungen oder Prüfungsformate verändern wird. Wir müssen vieles neu überlegen. Wir müssen davon ausgehen, dass KI von den Schülern benutzt wird.

TS: Wie ist es denn aktuell? Wir sind ja schon mittendrin …

Dr. Werner Oberholzner: Wir gehen schon davon aus, dass viele Schüler Arbeiten mit der KI machen, aber das wird noch viel mehr werden. Hausaufgaben kann man im Grunde gar nicht mehr überprüfen. Auch bei W-Seminararbeiten ist es eine schwierige Angelegenheit.

Das Thema Mündlichkeit wird sehr, sehr viel wichtiger an den Schulen werden. Also, ich würde mal erwarten, dass – das ist meine persönliche Annahme, – zum einen die Anzahl der schriftlichen Schulaufgaben generell abnehmen wird und, dass man mündliche Formate einführen wird: Hat es der Schüler, die Schülerin wirklich verstanden? Auch das Abitur wird sich verändern; ich weiß nicht, wie es aussehen wird, nur, dass es nicht mehr wie jetzt aussehen wird.

TS: Kann Künstliche Intelligenz auch ein Instrument sein? 

Dr. Werner Oberholzner: Ich sehe das schon auch als Chance. Die neuen Schulaufgaben sind viel stärker kompetenzorientiert, dank des neuen Lehrplans. Es sollte im Idealfall nicht darum gehen, ob die Schüler irgendwas auswendig gelernt haben, was man jederzeit in Wikipedia nachschauen kann. Es geht darum, eine Überprüfungsmöglichkeit zu finden, dass sie diese Dinge verstanden haben.

TS: Was würden Sie sich für eine Schulnote geben? Auch in Bezug auf die Einführung digitaler Lernelemente?

Dr. Werner Oberholzner: Ich bin jetzt mal so unverschämt und würde mir insgesamt ein Gut geben.

TS: Haben Sie für die entsprechende Nachfolgerin, den Nachfolger eine Botschaft oder einen Rat? Oder gar einen Sinnspruch?

Dr. Werner Oberholzner: Nee, ich bin jetzt kein Typ für Sinnsprüche. Das hängt natürlich ein bisschen davon ab, wer jetzt kommt.

Ich habe jetzt kein Buch mit Songs oder Ratschlägen in der Schublade, wie sie vielleicht der amerikanische Präsident im Schreibtisch haben soll. Dr. Werner Oberholzner

Es ist auf jeden Fall mein Ziel, einem Nachfolger, einer Nachfolgerin, den Übergang so leicht wie möglich zu machen und wirklich zu helfen. Ich möchte dann wirklich einen Cut machen. Mich wird man dann nicht mehr viel an dieser Schule sehen. 

TS: Was passiert, wenn es bis zu ihrem Abschied keinen Nachfolger gibt? Wie sieht die Interimslösung aus?

Dr. Werner Oberholzner: Zurzeit sieht es so aus, dass sich schon ein Nachfolger / eine Nachfolgerin findet, was mich natürlich persönlich sehr beruhigt. In Fällen, wo sich niemand findet, muss die Stellvertretende Schulleitung interimsmäßig die Aufgaben mit übernehmen.

TS: Was machen Sie an Ihrem ersten Tag im Ruhestand?

Dr. Werner Oberholzner: Mein erster Tag im Ruhestand ist Donnerstag, 1. August. (Nicht der letzte Schultag am 26. Juli, es gibt danach noch genug zu tun und zu regeln.) Auf jeden Fall werde ich nicht um 6 Uhr morgens aufstehen. Bei schönem Wetter werde ich dann sehr wahrscheinlich rausgehen und irgendwo die Natur genießen.

TS: Herzlichen Dank für das Interview und Ihre Zeit.

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