Ein Kommentar von Martin Calsow:
Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz. So ein Symbol macht nicht bei jedem gute Laune. Vor allem nicht bei jenen, die beim Anblick eines erschöpften und gequälten Toten in Verzückung geraten oder gar ein Symbol des Trostes sehen. Aber man steckt ja nicht dran. Das Kreuz ist das Marketing-Tool der Christen-Company. Die Vertreter, ob in Ornat oder als politischer Mandatsträger, freuen sich natürlich, wenn ihr Branding möglichst überall hängt. Präsenz ist so wichtig in diesen schnelllebigen Zeiten. Auch hier gilt das Motto: Lage, Lage, Lage.
Nur: laut unserer Verfassung gibt es eine Trennung zwischen Religion und Staat. Die Justiz soll unabhängig sein, frei von Einflüssen diverser Gruppen. Die Justiz darf ihre Legitimation nicht an einen oder mehrere Religionen binden. Sie gilt auch für Nicht- oder Andersgläubige. Es wäre eine Privilegierung einer Gruppe, wie groß diese auch sein mag. Es gibt keine höhere Macht für unsere Justiz als unser Recht. Alles andere wäre theokratischer Unsinn.
Also hat auch die Marke Christus in einem staatlichen Gebäude, wo das Recht von allen für alle gesprochen wird, nichts zu suchen. Der schale Hinweis, man habe eine christliche Tradition zu verteidigen, ist Humbug. Aufklärung, Pressefreiheit, Unabhängigkeit der Justiz, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung wurden gegen diese Tradition verteidigt.
Sinnlose Diskussion über Holzschnitzerei
Aber. Jetzt kommt das große „Aber“: Ob das Kreuz da hängt oder nicht, ist eigentlich egal. Es ist reine Symbolik. Wer sich daran stört, muss an die Wirkweise des Symbols glauben. Er muss glauben, dass im 21. Jahrhundert ein deutscher Richter auf die Idee käme, einen Nicht-Christen anders zu behandeln als einen Christen, also parteiisch zu sein. Glaubt man das, glaubt man auch, dass schwarze Kerzen aus Birkenstein gegen Sturm und an Flugzeuge gegen Hagel helfen.
Es riecht nach Narzissmus, möchte man meinen, wenn man den ach so mutigen Richter mit dem Kreuz in der Hand sieht. Ausgerechnet bei einem Prozess gegen einen trotteligen Freizeit-Dschihadisten mit Gewaltpotenzial meint er, seine Unabhängigkeit demonstrieren zu müssen. Auf die Idee, den Herrn Jesus aus Nazareth komplett aus den Räumen des Rechts zu verbannen, oder einfach lässig weiter durchzurichtern, kommt er leider nicht.
Glückwunsch, Richter Schmid. Billiger kann man Aufmerksamkeit nicht haben. Das nächste Mal aber Selfie mit Jesus und dann, schwupps, auf Instagram posten. Was bleibt: Wir haben gleich zu Beginn des Jahres eine sinnlose Diskussion um Holzschnitzereien im öffentlichen Raum und islamistische Zauselbärte, die sich auf die Schenkel schlagen und wieder ein Beweis haben, wie unsouverän und schwach die andere Seite ist.
SOCIAL MEDIA SEITEN