Dobrindts Mautpläne scheuern auf Tegernseer Asphalt

2016 sollte sie eingeführt werden: die Pkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen. Aber noch immer gibt es sie nicht. Jetzt kündigt der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer an: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran.“ Ein Grund für das Tegernseer Tal, sich erneut mit dem Thema zu befassen?

Die B318 verbindet die A8 mit Holzkirchen und dem Tegernseer Tal. Bald könnte auch sie mautpflichtig werden.

Die Pläne von Ex-Verkehrsministers Alexander Dobrindt, eine Pkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen einzuführen, hielt Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak schon vor vier Jahren für eine „populistische Forderung“. Er war sich sicher, dass es an der konkreten Umsetzung scheitern werde. Zwar hielt er es für begrüßenswert, wenn für den Erhalt der Infrastruktur mehr Mittel zur Verfügung stünden, ob diese allerdings über die Maut generiert werden können, da hatte er große Zweifel.

An dieser Annahme hält er bis heute fest. Eine PKW-Maut – wie vom Verkehrsminister erwünscht – hätte gar keine Lenkungswirkung und verhindere keine Verkehrsbelastung, sagt er auf Nachfrage. Falls man hier verkehrspolitisch etwas erreichen wolle, müsse eine Maut nach Fahrleistung eingeführt werden, also kilometerabhängig. “Alles andere ist eine Zusatzabgabe für alle Autofahrer und damit nur Geld-Abzocke”.

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“Der Teufel liegt im Detail”

Sehr skeptisch sei er auch über die “große Ankündigung” des neuen Verkehrsministers Andreas Scheuer, die Maut noch in dieser Wahlperiode zu verwirklichen. Rzehak: “Für seinen Vorgänger Alexander Dobrindt war die PKW-Maut eines der wichtigsten Projekte. Allerdings hatte er hier keinen Erfolg zu verzeichnen. Die Einführung der Maut wurde im Bundestag bereits am 27. März 2015 beschlossen. Weiter gekommen ist er nicht, der Teufel liegt im Detail.”

“Die Bundesländer sind nicht überzeugt von dem Projekt”, ergänzt Rzehak, “und der Bundesrat hat Bedenken. Auch unsere Nachbarländer wollen die Maut nicht akzeptieren, Österreich hat schon eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angedroht.” Eine Maut sei nur rechtssicher, so Rzehak, wenn alle zahlen. Entlastung für Einheimische über die Kfz-Steuer kann es dann nicht geben. Die Maut schade insbesondere Grenzregionen wie dem Landkreis Miesbach.

Eine Maut-Einführung würde seiner Ansicht nach sicher dazu führen, dass neue Verkehrsflüsse entstehen, weil Fahrer die Maut vermeiden wollen. Falls es zu der Ausgestaltung komme, die jetzt bekannt ist, dass deutsche Autofahrer Maut für Autobahnen und Bundesstraßen zahlen, wobei PKW-Fahrer aus dem Ausland nur für Autobahnen zahlen, würden einige deutsche Autofahrer wohl auf kleinere Straßen und Durchgangsstraßen ausweichen, davon ist Rzehak überzeugt. Die Fahrer aus dem Ausland würden dann verstärkt auf den Bundesstraßen fahren. Am meisten wären dann das Tegernseer Tal, Schliersee und Bayrischzell betroffen. “Die Möglichkeit gegenzusteuern besteht darin, dieses unsinnige Prestigeprojekt fallen zu lassen“, so Rzehak.

Kommt die Maut noch in dieser Wahlperiode?

Immerhin verspricht sich der Bund – durch die Einführung einer Pkw-Maut – Mehreinnahmen von insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Und diese Gelder sollen für den Ausbau der Infrastruktur verwendet werden, wie es auf der Homepage des Bundesverkehrsministeriums heißt. Ex-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte bereits vor Jahren angekündigt, entsprechende Gesetzesentwürfe zur Einführung der Maut vorzulegen. Nichts geschah.

Der neue Verkehrsminister Andreas Scheuer will dagegen keine Zeitvorgabe machen. In einem Interview mit der Rheinischen Post erklärt er:

Noch sind nicht alle organisatorischen und technischen Details geklärt. Aber die Pkw-Maut wird auf jeden Fall in dieser Wahlperiode eingeführt.

Er kenne kein Maut-System auf dieser Welt, so Scheuer, das per Knopfdruck einfach so starten konnte. Nach der langen politischen Debatte wolle er ein System einführen, das gut funktioniere und die ausländischen Durchfahrer an der Finanzierung der Infrastruktur beteilige. Inländer sollen zwar auch eine Vignette erwerben, aber im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden.

Doch sollte die Pkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen tatsächlich erhoben werden, hätte das in jedem Fall Auswirkungen auf das Tegernseer Tal. Zum einen würden sich Ausflügler und Touristen genau überlegen, ob sie ins Tal reisen, zum anderen würde sich der Ausweichverkehr von den Autobahnen in der Region wiederfinden. Und das würde die ohnehin schon angespannte Verkehrslage noch weiter verschärfen.

Konkrete Auswirkungen noch nicht abzusehen

Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) geht allerdings davon aus, dass die Auswirkungen auf das Tal marginal sein werden. Er befürwortet die Maut auf Bundesstraßen. „Leider bewerben Tiroler Hoteliers die Anreise über Tegernsee“, sagt er. Für den Rottacher Bürgermeister Christian Köck ist es hingegen „durchaus denkbar“, dass sich „die Situation für die grenznahen Gemeinden in puncto Verkehrsaufkommen negativ auswirkt“.

Der sogenannte „Ausweichverkehr“, der durch Durchreisende, die keine Maut bezahlen wollen, verursacht würde, sei seines Erachtens nach nicht zu unterschätzen. Deshalb wäre es gut, so Köck, wenn sich die Verantwortlichen in Berlin Gedanken darüber machen, ob nicht zusätzlich die Einführung einer Maut auf Bundesstraßen im Einzugsgebiet der Transitautobahnen Sinn mache.

Gmunds Bürgermeister Alfons Besel hält sich da etwas bedeckter. Nachdem noch nicht alle organisatorischen und technischen Details bezüglich der Maut geklärt sind, so Besel, seien konkrete Auswirkungen für das Tegernseer Tal noch nicht abzusehen. So sieht das auch der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider. “Das hängt wohl erheblich davon ab, ob auf allen Bundesstraßen Maut erhoben wird oder nur auf bestimmten Bundesstraßen, so wie es einmal zur Diskussion stand.” Sollte die Maut nur auf bestimmten Bundesstraßen erhoben werden, käme es darauf an, welche das sind, sagt Bierschneider.

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