Der Fehler sei gewesen, dass man anfangs „nicht gleich eine belastbare Zahl nennen konnte, in der alles enthalten ist“. Diese Einschätzung von Eberhard von Angerer zu der Kostenexplosion beim geplanten Wiesseer Badehaus stammt nicht etwa aus einer der letzten nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzungen. Der Ortsplaner sah das Dilemma der Gemeinde bereits vor einem Jahr voraus.
Schon damals tobte ein heftiger Streit über die Kosten für den Neubau. Bad Wiessee hatte die Architekten Hirner & Riehl mit der Realisierung des „kleinen aber feinen Badehauses im japanischen Stil“ von Architekt Matteo Thun beauftragt. Doch das Münchner Planungsbüro lieferte offenbar nur Kostenschätzungen über die einzelnen Gewerke, aber keine belastbaren Zahlen.
Immerhin: 3,2 Millionen Euro vom Staat
So kam es dann, dass Bürgermeister Peter Höß vor etwas mehr als einem Jahr einräumen musste, eine neue Kalkulation ergebe inzwischen Gesamtkosten einschließlich Quellensanierung von 8,7 Millionen Euro. Zusätzliche 800.000 Euro würden als „gewisses Polster“ für die Positionen „Unvorhergesehenes und Anlaufkosten bereitgehalten werden“. Diese Gesamtkosten von 9,5 Millionen Euro seien zur Förderung eingereicht worden.
Kurzzeitig erhellten sich alle Mienen im Gemeinderat, als ihnen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner vor genau einem Jahr die Förderung aus dem staatlichen Topf zusagen konnte. Die Gemeinde erhält bereits für 2017/18 eine Finanzspritze von 1,8 Millionen Euro. Weitere 1,3 Millionen sollen noch in den Folgejahren fließen.
Unter dem Strich werden Quellensanierung und Neubau des Badehauses mit knapp 3,2 Millionen Euro gefördert. Dies entspreche exakt 50 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten. Doch da hatte man in der Gemeinde offenbar die Rechnung noch ohne den Wirt gemacht. Denn die veranschlagten Baukosten steigen immer weiter.
Termin für Spatenstich steht fest
Wie die Tegernseer Stimme bereits vor zwei Monaten exklusiv berichtete, seien Gesamtkosten von über 10 Millionen Euro nicht mehr auszuschließen. Manche sprechen sogar bereits von 11 Millionen Euro, wenn sich die „Kostenspirale“ bei einzelnen Gewerken so weiterdrehe. Schuld dafür trage übereinstimmend das Planungsbüro, das sich entweder „total verrechnet“ oder angesichts des Baubooms bewusst alte Zahlen verwendet habe.
Fakten, die die Gemeindeführung um den Wiesseer Bürgermeister zuerst auf Nachfrage dementieren ließ, nur um zwei Tage später gegenüber dem Merkur alles wie berichtet zu bestätigen. Das hat zwar der Glaubwürdigkeit Höß` erneut nicht gut getan. Aber der Rathauschef gibt sich weiter verschlossen. Auf der Gemeinderatssitzung im April beförderte er die Diskussion um die Kostenexplosion flugs auf die Tagesordnung der nicht-öffentlichen Sitzung. Zuhörer unerwünscht.
Bei dem nun offiziell verkündeten Spatenstich für das neue „Jod-Schwefelbad Bad Wiessee“ dürften die Kosten trotz allem nur ein Randthema sein. Zur Feier kommt am kommenden Donnerstag, den 17. Mai neben Landrat Wolfgang Rzehak auch Wirschaftsministerin Ilse Aigner auf die Brachfläche vor dem Wiesseer Badepark. Um 17:30 Uhr beginnt der offizielle Teil. Eingeladen sind alle Wiesseer.
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