Vor ziemlich genau fünf Jahren hatten wir bereits auf der TS mehrfach über das Thema berichtet. Damals war Templin unser Beispiel. In der 14.000 Einwohner-Gemeinde in der Nähe von Berlin hatte man zur Jahrtausendwende den Nahverkehr kostenlos angeboten.
Eine 15-fache Steigerung der Fahrgastzahlen innerhalb weniger Jahre war das Ergebnis. Dementsprechend auch weniger Lärm, Abgase und Unfälle gab es in der Stadt. Nur ein Jahr später kam dann das Beispiel Tallin, wo man durch das kostenlose Angebot zur grünen Vorzeigestadt Europas werden wollte und sich das auch einiges kosten lies. Die Folge: deutlich mehr Einwohner und dadurch auch mehr Einkommenssteuer, mit der der Ausfall der Ticketeinnahmen in Höhe von zwölf Millionen Euro pro Jahr kompensiert werden konnte.
Investiert wird in die touristische Nutzung
Im Tegernseer Tal ist man vom Gedanken des ticketfreien Nahverkehrs eigentlich auch nicht sehr weit weg. Schon lange dürfen Touristen die Busse rund um den See mit der Gästekarte kostenfrei nutzen. “Umsonst” ist das Ganze allerdings nicht. Je nach Jahr entstehen den fünf Tal-Gemeinden für das Angebot Gesamtkosten in Höhe von rund einer halben Million Euro. Die Ticketpreise werden über die Kurabgabe querfinanziert. Dafür zahlt jeder Urlauber eine Abgabe in Höhe von etwa 1,50 Euro am Tag.
Trotzdem gibt es auch im Tal Diskussionen, ob man die Nutzung der Busse nicht für Einheimische ähnlich gestalten könnte, wie für Touristen. Zwischen 20.000 und 30.000 Autos fahren in der Spitze pro Tag auf den Straßen rund um den See. Eine Menge des Verkehr – das betonen die Experten – ist hausgemacht. Um die Straßen zu entlasten, ist die Politik daher schon lange auf der Suche nach einem einheitlichen Verkehrskonzept. Dazu gehört auch der ÖPNV.
Doch derzeit fehlt oft die Bereitschaft, Schiffe wie Busse im normalen Alltag zu nutzen. Den meisten Bewohnern ist das zu teuer, zu umständlich oder zu unkomfortabel. Nun hat die Tegernseer SPD erneut einen Vorstoß für eine Bürgerkarte in Tegernsee gewagt. Auf der letzten Stadtratsitzung erklärte Thomas Mandl das Konzept seiner Fraktion, das unter anderem attraktivere Haltestellen mit Regenschutz und barrierefreier Einsteigemöglichkeiten sowie die Einführung elektronischer Anzeigen vorsieht.
Laut Mandl soll der Ansatz einer Bürgerkarte vor allem “ein Denkanstoß für die Diskussion einer talweiten Lösung sein soll.” Und der SPD-Sprecher betonte:
Mit dem Verkehr kann es so nicht weitergehen. Wir müssen ein Zeichen setzen, dass wir zum ÖPNV stehen.
Für Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn steht dagegen fest: “Keiner will mit dem Bus fahren. Und eigentlich sind wir von den Subventionen auch weg.” Trotzdem soll die Verwaltung in Tegernsee, so die einstimmige Entscheidung des Stadtrates, Gespräche mit dem RVO aufnehmen, um die Kosten einer Talkarte für Einheimischen zu ermitteln.
Dabei ist auch dieser Versuch nichts Neues. Und Hagn machte in seiner Stellungnahme auch klar, dass die Ergebnisse in der Vergangenheit sehr mau waren. Tatsächlich senkten die fünf Tal-Bürgermeister zuletzt vor vier Jahren den Daumen über eine talweite Bürgerkarte. Das Argument damals: schlicht nicht finanzierbar.
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