Die Vergnügungsreisen der Sparkassen-Connection

Es war wohl nicht alles zum Wohl von Sparkasse und Landkreis. Denn laut der in 16 Punkte gegliederten Anklage ging es allein bei fünf „Sachverhalten“ wohl mehr um „touristische“ Ausflüge von Vorständen und Verwaltungsräten. Auch Politprominenz aus dem Landkreis nahm ungeniert teil.

Bürgermeister Josef Bierschneider und Landrat Wolfgang Rzehak als Beschuldigte

Bislang wird vier Angeklagten in der Miesbacher Amigoaffäre der Prozess gemacht: Ex-Sparkassenchef Georg Bromme, Ex-Landrat und ehemaliger Vorsitzender des Verwaltungsrats, Jakob Kreidl, der aktuell amtierende Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Martin Mihalovits und der einstige Bank-Vorstand Roland Böck. Doch es könnten womöglich mehr werden, sollte es zu einem zweiten Verfahren gegen ehemalige und amtierende Verwaltungsräte der Sparkasse kommen. Zumindest zeigt der am Donnerstag begonnene Prozess, dass Politprominenz aus dem Landkreis nicht abseits stand, als es um diverse Luxus-Fahrten in auswärtige Nobelabsteigen ging.

Meist waren die Ehefrauen für einen geringen Obolus von 100 bis 200 Euro dabei. Ein Bruchteil dessen, was an tatsächlichen Kosten für die Kreissparkasse (KSK) verursacht wurde. Folgt man der Anklage, entstand allein bei diesen mehrtägigen Reisen für das Geldinstitut ein Gesamtschaden von über 170.000 Euro. Ohne erkennbaren „mittelbaren Vorteil für die KSK“, der von den „Angeschuldigten auch nicht ins Kalkül gezogen“ wurde, so die Staatsanwaltschaft.

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Drei Sparkassen-Reisen im Jahr 2011

Begonnen hatten die von der KSK gesponserten Reisen im April 2011 mit der Fahrt des ganzen Verwaltungsrats nach Wien. Offiziell als „Inforeise“ bezeichnet, gab es laut Anklage aber kein Programm „mit Bezug zur Sparkasse“. Stattdessen waren „ausschließlich touristische“ Punkte vorgesehen. Das Domizil war ein Fünf-Sterne Hotel, für die Begleiterinnen gab es während der Verwaltungsratssitzung ein „Damenprogramm“. Alle Teilnehmer erhielten neben Besichtigungstouren auch Zimmerpräsente im Wert von 1.100 Euro.

Neben den Verwaltungsräten Kreidl, dem damaligen Vize-Landrat Arnfried Färber (FWG), Wolfgang Rzehak (Grüne), Rainer Kathan (Unternehmer), Kreuths CSU-Bürgermeister Josef Bierschneider, dem damaligen Weyarner Bürgermeister Michael Pelzer, nahm auch der gesamte Vorstand mit Bromme, Mihalovits und Roland Böck teil. Gesamtkosten der laut Anklage  „in erster Linie privat veranlassten Reise: 46.683 Euro“. Viel Geld, für das sich Bromme „das generelle Wohlwollen des Verwaltungsrats erkaufen wollte, um allgemeine Klimapflege zu betreiben“.

Ausflug zur „Shoppingcity“

Um die „Klimapflege“ ging es wohl auch ein halbes Jahr später, Anfang Oktober 2011. 47 Mitglieder des Kreistags, davon 33 in Begleitung der Ehepartner, brachen zu einer dreitägigen „Kreistagsfahrt“ nach Seiersberg in der Steiermark auf. Die Einladung dazu soll durch Kreidl ergangen sein. „Selbstverständlich“ seien die Ehepartner ebenfalls für einen Kostenbeitrag von 100 Euro eingeladen. Während Kreidl alleine teilnahm, soll Bierschneider samt „Partnerin“ gereist sein. Auch Färber, der laut Anklage „aktiv“ in der Vorbereitung der Reise eingebunden war, reiste mit „Partnerin“. Färber soll gewusst haben, dass der Ausflug „zu einem wesentlichen Teil von der KSK finanziert wurde“.

Allen war wohl bewusst, dass es sich bei der Gemeinde Seiersberg um eine „Shoppingcity“ mit über 200 Läden nahe Graz handeln würde und die Reise „reinen Freizeitcharakter“ hatte. Auf dem Programm stand die Besichtigung eines Benediktinerstifts, ein Tagesausflug in die Südsteiermark sowie eine Stadtführung in Graz. Obwohl vom Landkreis organisiert, kostete die Sause der Sparkasse mit „verdeckter Gewinnausschüttung“ über 30.000 Euro.

Zweimal Stubai, zweimal Magnum-Flaschen

Einmal in Fahrt, trafen sich etliche Teilnehmer bereits zwei Monate später wieder, zur Reise des Verwaltungsrats der Sparkasse Anfang Dezember 2011. Diesmal ging‘s in die Berge, nach Neustift im Stubai. Mit von der Partie waren Bromme und Mihalovits als Mitglieder des Vorstands, sowie die Verwaltungsräte Kreidl, Färber, Bierschneider, Bürgermeister Michael Pelzer (FWG) aus Weyarn, Wolfgang Rzehak und Rainer Kathan. Die Organisation soll Bromme selbst vorgenommen haben. Außer Rzehak „reisten alle genannten Teilnehmer mit ihren Ehepartnern an“, so die Anklage. „Offizieller Anlass war die Jahresabschlusssitzung des Verwaltungsrats der KSK“. Dafür brauchte man ein SPA-Hotel. Schließlich wurden die Damen laut Ermittlungen zu kostenfreien Anwendungen in der „Beautywelt“ eingeladen.

Die Angeklagten mit ihren Anwälten – der Prozess sorgt für großen Medien-Ansturm

Auch sonst ließ man es an Nichts fehlen. Allein die Getränkekosten für die 25 Personen beliefen sich auf 12.500 Euro. Kein Wunder, schließlich soll Bromme nur das Feinste vom Feinen geordert haben. Darunter waren Weine pro Flasche von 600 Euro aufwärts. Auch 6-Liter-Magnum-Flaschen zwischen 1.300 und 2.000 Euro wurden geköpft. Selbst Geschenkkörbe mit Gesamtkosten von 3.250 Euro standen auf jedem Zimmer. So kam für Brommes Sparkasse ein Betrag von 42.000 Euro zusammen.

Damen-Unkostenbeitrag als Spende für „Leser helfen Lesern“

Es muss wohl allen so gut gefallen haben, dass sie bereits zwei Jahre später Ende November 2013 wieder ins Stubai aufbrachen. Diesmal soll Brommes Nachfolger als Sparkassenchef, Martin Mihalovits, die Reise organisiert haben. (Bromme schied am 31. März 2012 als Vorstandsvorsitzender aus) Ansonsten war es wie zwei Jahre zuvor, die gleichen Teilnehmer „mit den jeweiligen Partnerinnen“. Doch diesmal fuhren sie nicht umsonst mit, 200 Euro als Unkostenbeitrag waren zu entrichten.

Dieser Eigenanteil wurde jedoch laut Staatsanwaltschaft dem Miesbacher Merkur für seine alljährliche Aktion „Leser helfen Lesern“ gespendet. Mihalovits soll zwar bei der Getränkeauswahl „preisgünstigere“ Weine als Bromme ausgewählt haben. Doch mit einer 3-Liter-Magnum-Flasche zum Preis von 520 Euro addierten sich alleine die Getränkekosten auf 5.460 Euro. Insgesamt kamen so Kosten für die Sparkasse von 19.000 Euro zustande.

„James-Bond-Ausflug“ für die Bürgermeister

Die Krönung der Sparkassenreisen war wohl die Fahrt von 16 Bürgermeistern des Landkreises vom 20. bis 22. April 2012 in die Schweiz nach Interlaken, drei Wochen nach dem Stabwechsel in der Miesbacher Zentrale von Bromme auf Mihalovits. Auch die Ehepartnerinnen waren wieder für einen „Unkostenbeitrag“ von 100 Euro eingeladen.

Wieder musste es ein Fünf-Sterne-Grand Hotel sein, für das allein 34.473 Euro zu berappen waren. Hinzu kam ein „James-Bond-Ausflug“ mit der Gondelbahn aufs Schilthorn für knapp 9.000 Euro. Bis auf Rzehak und Kathan war der Personenkreis identisch mit den anderen Reisen. Doch diesmal summierten sich die Kosten auf 85.224 Euro. Später beglich der Landkreis 36.000 Euro.

Auf Nachfrage wollte Bierschneider keine Stellungnahme abgeben, da über das schwebende zweite Verfahren, in dem er als Beschuldigter geführt werde, das Gericht bislang noch nicht entschieden habe. Gleiches war von Landrat Rzehak zu hören. “Zu laufenden Gerichtsverfahren gebe ich grundsätzlich keine Stellungnahmen ab”.

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