Mit Luxussteuer gegen Zweitwohnsitzler

Am „Lago di Bonzo“ grassiert die Angst vor der „Syltisierung“. Als Gegenmittel wurde die deutliche Erhöhung der Zweitwohnungssteuer ausgemacht. Den Dammbruch vollzog bereits Tegernsee. Am Donnerstagabend wollte auch der Gemeinderat von Bad Wiessee nachziehen.

Helfen 20 Prozent gegen geschlossene Rollos?

Wie berichtet, untersagte 2017 das Bundesverwaltungsgericht den Gemeinden Bad Wiessee und Schliersee das bislang praktizierte siebenstufige Steuermodell zur Berechnung der Zweitwohnungssteuer. Es sei nicht mit dem Verfassungsgrundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nach Leistungsfähigkeit vereinbar. Damit mussten alle Tal-Gemeinden Anfang 2018 ihr Modell linear anpassen.

Für eine Zweitwohnung waren demnach zwölf Prozent der Netto-Jahres-Kaltmiete als Zweitwohnungssteuer zu berappen. Doch die Stadt Tegernsee wollte sich damit nicht zufrieden geben. Im Mai vergangenen Jahres beschloss der Stadtrat rückwirkend zum 1. Januar eine Erhöhung auf 20 Prozent der Kaltmiete. Die Begründung: Tegernsee hätte sich den Zuständen auf dem Wohnungsmarkt in Sylt sehr angenähert. Einheimische würden im Tal keinen Wohnraum mehr finden, weil andere ihre Zweitwohnungen leer stehen lassen. Das Horrorszenario „Syltisierung“ macht seitdem im Tal die Runde.

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Spekulanten machen den Ort „kaputt“

Unausgesprochen verdeutlichte es auch die Situation von Bad Wiessee, worauf Robert Huber (SPD) als amtierender Bürgermeister verwies. Im Jahr 2012 habe es 310 Zweitwohnungen gegeben, zuletzt hatte sich deren Zahl aber verdoppelt. Daher gelte es „die Gemeinde zu schützen“. Mit großem Aufwand investiere man in bezahlbaren Wohnraum des Kommunalunternehmens, daher müsse man auch die Möglichkeit „ausschöpfen“, die der Gesetzgeber biete. Mit dieser Erhöhung auf 20 Prozent befinden „wir uns nicht an der Spitze“, in der Internationalen Kur-, Medien- und Kunststadt Baden-Baden beträgt die Zweitwohnungssteuer laut Huber 35 Prozent. „Dort hat es keine Diskussionen gegeben“. Wenn man mit den 20 Prozent in Wiessee eine Wirkung erziele, „soll es mir recht sein“. Wenn nicht, müsste man womöglich „nochmals nachjustieren“. Huber beklagte die Spekulation mit Immobilien, die den Ort „kaputtmachen“ würden.

Stoppen 20 Prozent Steuer die Nachfrage?

„Wenn rechtlich mehr geht“, hätte Klaudia Martini (SPD) nichts gegen den Dreh an der Steuerschraube „auf 20 Prozent“. Bernd Kuntze-Fechner (SPD) befürchtet bei der deutlichen Zunahme von Zweitwohnsitzen Veränderungen von Strukturen in der Gemeinde. „Wir müssen hier entgegensteuern und Signale setzen“.

Zu den 20 Prozent bekannte sich auch Florian Sareiter (CSU). Doch für ihn sei sie „kein adäquates Mittel“, die Wohnungsnot zu bremsen. Denn die Reichen würden die Zweitwohnungssteuer weiterbezahlen können. Und die weniger Reichen „siedeln sich eben dann woanders an“. Er sehe aber für die Gemeinde die „Einnahmequelle“, die auch die Infrastruktur vorhalte.

Wiessee braucht diese Mehreinnahmen

Damit aber Einheimische wie Geringverdiener „nicht im Sumpf der Bauträger untergehen“, sei die Ausweisung von neuem Bauland „unerlässlich“, um günstigeren Wohnraum anbieten zu können. „Wenn uns was Gutes und Vertretbares angeboten wird, müssen wir zuschlagen“, forderte Sareiter. Ihm pflichtete auch Markus Trinkl (FWG) bei. Wenn man am Tegernsee „das Glück habe, sich eine Zweitwohnung leisten zu können“, dann sei für diejenigen auch eine Steigerung „nicht so dramatisch“. Man brauche „einfach diese Gelder“. Außerdem, so Trinkl, wenn die Entwicklung so weitergehe, „sind wir nur noch ein Ort von Zweitwohnsitzen“. So könne es nicht weitergehen.

Huber würde statt einer Zweitwohnungssteuer lieber von einem „Solidarbeitrag“ reden. Nach außen dürfe es aber aus juristischen Gründen nicht um eine „Einnahmeerzielung“ gehen, sondern um die “Zurückdrängung von Zweitwohnsitzen“, bemühte Geschäftsleiter Hilmar Danziger eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Einstimmig beschloss der Gemeinderat die neue Zweitwohnungssteuer mit 20 Prozent ab 1. April 2019.

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