Starkbieranstich im Bräu – ein Muss für alles, was Rang und Namen hat im Tal. Und so war das Bräustüberl in Tegernsee auch wieder bis auf den letzten Platz voll, als Bruder Barnabas, alias Nico Schifferer, gestern Abend seine mahnenden Worte an die Talbürger richtete.
Gekommen waren sie alle: „Da Peter, da Alfons, da Christian, an Johannes und hint im Toi da Sepp, a jeder ein Ritter der Tugend für sein aufrechtes Dörflein….und dann hamma da noch den … politisch unglücklich ausgerichteten Landrat mit dem Katastrophen-Gen.“ Nur einer fehlte. Da Huber Robert. „Wahrscheinlich hod a Angst“, vermutete Schifferer. Dabei war der Interimsbürgermeister aus Wiessee auch den letzten elf Einladungen nicht gefolgt.
Back to the roots?
Peter Hubert begrüßte seine geladenen Gäste mit einer durchaus amüsanten Rede in Rekordzeit. Bei all der Eile kann man die zahlreichen Vornamen der Landkreisbürgermeister schonmal durcheinander schmeißen. Aber er wollte eben nicht wieder, wie im letzten Jahr, dem Barnabas die Zeit stehlen.
Über zwei Stunden plauderte Nico Schifferer fröhlich drauf los, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Meist kurzweilig, manchmal etwas langatmig und thematisch doch recht weit vom Tal entfernt.
Schifferer schien es ordentlich gegen den Strich zu gehen, dass heutzutage alle Politiker alles im Kollektiv und am runden Tisch entscheiden wollen. „Vorbei die herrlichen Zeiten von Paul Krones oder Herbert Fischhaber, die den Gemeinderat dazu hernahmen, um die längst getroffenen, eigenen Entscheidungen im Nachhinein absegnen zu lassen.“ Und der Georg von Preysing … „War das ein Mann! Oh, wie vermissen wir solche Typen! Den Erfinder von Radlwegen mit spannend eingebauter Trecking-Unterbrechung.“
Kann man in Tegernsee nicht “Nein” sagen?
Das Tegernseer Staatsoberhaupt Johannes Hagn muss wohl allein beim Wort „Feuerwehrhaus“ Gegensystolen und hektische Flecken bekommen, ist sich Schifferer sicher. Ein schwimmendes Feuerwehrhaus vor der Seesauna finde er gut, oder „ihr lasst den Herrn Birkenstock erst bauen und enteignet´s ihn dann wegen Eigenbedarf. Auf 51 Metern bringt´s ihr die Feuerwehr leicht unter!“
Wenn hier ein Einfamilienhaus 51 Meter haben darf, dann möchte Schifferer in Tegernsee kein Mehrfamilienhaus sehen…. „Offensichtlich ist man hier nicht in der Lage einfach einmal „Nein“ zu sagen.“
Von Winterschlaf und Sommerruhe in Kreuth
Da schaut’s im idyllischen Ort, der direkt an Innsbruck grenzt, schon ganz anders aus. „Folgen Sie mir also nach Kreuth, in das Bergsteigerdorf Kreuth, die Inkarnation der Entschleunigung.“ Hier gebe es nur Winterschlaf und Sommerruhe. Und der Bierschneider Sepp sagt zu seinen Verwaltungsmitarbeitern, wenn der Empfang für die Victoria Rebensburg vorbei ist: “So Leute, jetzt könnt ihr Euch wieder hinlegen!“
Vor allem über den Gemeinderat staunte Schifferer. „Das ist quasi die corporate identity der Entschleunigung. Ein exotisches Häuflein von Allesverstehern in alpenländischen Gewändern. Jeder respektiert jeden. Jeder redet mit dem anderen. Über Parteigrenzen hinweg.“
Fünf Euro geschenkt – fürs Baustellen-Museum in Wiessee
Wenn man also was erleben will, sollte man wohl lieber nach Wiessee gehen. „Dort ist es genau anders herum, dort lebt außer der Streitkultur fast nichts!“ Wiessee bekam, wie schon beim Flickä, alias Florian Oberlechner in Gmund, ordentlich sein Fett weg. Vor allem der abgängige Robert Huber: „Keine Debatte, keine Fragen, kein Gemeinderat. Typisches „hössen“, bisher unbekanntes „hubern“!“ Und das Timing – das Timing von Wiessee sei die reinste Katastrophe.
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„Das ganze Dorf eine Baustelle, dass man nicht weiß wo vorne und hinten ist, kein Jodschwefelbad, kein Badehaus, keine Parkplätze (die aber dafür erheblich teurer!), greislichste Wohngegenden neu errichtet, Anbau Rathaus auch noch, Kuramt als Provisorium, Abriss Lederer, von der Promenade bis zum Söllbach Bauschutt, Ortsmitte ein Sauhaufen, neuerdings mit Gipfelkreuz, Berggaststätten, Wanderziele seit Jahren geschlossen, logisch, dass man da den Beitrag für den Kunden erhöht.” Das sei doch klar. Das sei genau der richtige Moment. Timing a la Bad Wiessee.
Erhöhung der Kurabgabe! Da brauchst schon eine Extrawindung im Hirn! Normal müsste Bad Wiessee jedem Gast fünf Euro zahlen, dass er sich das Baustellenmuseum antut!
Am Ende wusste Schifferer nur eine Lösung. Sich das Altbewehrte zurückwünschen. „Lieber Peter Höss, ich glaube es wird Zeit, dass Du wieder gesund wirst“, sprach er den Wiesseer Bürgermeister direkt ein, der der Einladung ins Bräu trotz Krankschreibung gefolgt war.
Alfons, vergiss des bitte …
Für Gmund und Rottach fand Bruder Barnabas recht milde Worte. Allein das angedachte Parkhaus am Gmunder Bahnhof schien weniger gut anzukommen.
„Alfons, vergiss des bitte! […] Ein Parkhaus! Am Gmunder Bahnhof! Na bitte, da passt ein Parkhaus ungefähr so gut wie ein Puff in den Vatikan!“ Und das Radl-Konzept – da machte sich Schifferer sorgen: „Ausgerechnet die Gemeinde, die es nicht schafft, einen Radlweg von Dürnbach nach Finsterwald zu bauen …. die machen ein Radl-Konzept.“
Zwischendrin ging Schifferer dann auch noch auf diverse Skandale im Landkreis ein. „…Und immer wieder ein Dauerbrenner, ein hochgradig trauriger Running-Gag, sind auch Menschen, besser gesagt: Kommunalverweigernde Vollpfosten – die von irgendwo herkommend sich in landwirtschaftlichen Gegenden ansiedeln und dann Gerichte bemühen, um gegen das Geläut der Kuhglocken oder das Düngen von Wiesen vorzugehen. […] Ich zieh auch nicht nach New York, um mich dann zu beschweren, dass dort zu viele Menschen sind, oder?“ Sein Fazit:
Sie sehen, der Mensch ist im Prinzip ein Depp. Manchen merkt man es einfach auch an….
Einen Ehren-Buzi gabs heuer nicht. Stattdessen bekam Brauhaus-Chef Christian Wagner „für seine herausragende Leistung im Bereich der Holz- und Forstwirtschaft mit den dünnsten Ausreden seit es Schokolade gibt!“ eine Ehren-Motorsäge am Bande mit Nussbaumkatzl und Eichenlaub!
Und der Christian Köck aus Rottach, der hatte es wohl geschafft den Barnabas um den Finger zu wickeln. Rottach blieb verschont. Und Köcks weise Worte wurden sogar zum Abschluss von Schifferers Rede: “ Weißt Du, es müssen nicht immer die großen Antworten auf die großen Fragen in meinem Job sein. Ob Du es glaubst oder nicht, ich würde mich freuen, wenn wir alle einfach ein wenig achtsamer miteinander umgingen!“ Amen.
Schifferers Fachausdrücke:
- Also „brommieren“ ist sozialschwaches, aggressiv-arrogantes Führungsverhalten mit krankhaft ausgeprägter und fremdfinanzierter Grossmannssucht
- und „kreideln“ bedeutet: mit dem Hintern einreißen, was man mit den Händen aufgebaut hat
- Dann kommen wir zum „hössen“: Das steht für kommunikatives Höhlenverhalten mit eigenbrötlerischer Ergebnisbekanntgabe
Schifferers Veranstaltungstipps:
- Da wäre zunächst eine viel beachtete Vortragsreihe mit wechselnden Fach-Referenten. Als Veranstaltungsort ist der leicht zugängliche Bauer in der Au vorgesehen.- Beginn ist am nächsten Donnerstag: Es sprechen die beiden CSU-Politiker Theodor Graf zu Guttenberg und Jakob Kreidl zu dem Thema: Akademische Bildung leicht gemacht
– Am darauf folgenden Sonntag liest dann der Hausherr selbst, Franz Haslberger, aus seiner erfolgreichen biografischen Erfolgsfibel: Als ich die Gemeinde tanzen lies! - Im Mai folgt dann die zum Frühjahr passende Vortragsreihe von Dr. Andreas Greither im Westerhofcafe: Ein Tag ohne Großprojekt ist in verlorener Tag! Ein Leben unter großem Zwang, massiv Beton am Neureuthhang!
- Viel Beachtung wird sicherlich auch die Einlassung von Sparkassenchef Dr. Mihalovits finden, der einen historischen Rückblick anbietet: „Damals, als wir noch Geld hatten !“
- Im sinnvollen Anschluß dann das Feierbeast, Taktik- und Finanzgenie, Georg Bromme, mit dem aufschlußreichen Vortrag: “Und ich weiß, wo es hingekommen ist!“
Hier einige Eindrücke vom gestrigen Abend:
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