Nachdem beide vom Firmenchef durch die „Erlebnis Destillerie“ geführt wurden, frotzelte Anton Stetter bei der offiziellen Begrüßung im überfüllten Saal, man sei erfolgreich, obwohl man einen Grünen Landrat und einen Bürgermeister der Freien Wähler habe. Söder darauf ironisch: „Man merkt diese positive Grundstimmung des Chefs, der seine Produkte gut kennt“. Sachlicher wurde es bei der Podiumsdiskussion mit Klaus-Dieter Graf von Moltke, Chef des Unternehmerverbandes des Landkreises Miesbach und Kornelia Kneissl vom Bezirk Oberland, als es darum ging, „worauf es für den Mittelstand jetzt ankommt – Erfolgsfaktoren für die Region”.
Das war Söders Thema, denn die Zeiten ändern sich seiner Meinung nach so schnell, dass er zweifle, ob man in Deutschland verstanden habe, „was da vorgeht“. Hier sei man in den letzten Jahren etwas zu sicher geworden, obwohl in der Welt gerade eine extrem neue technologische Auseinandersetzung stattfinde und in Deutschland dabei nur wenig spürbar sei. Doch nicht Großkonzerne, wie von Wirtschaftsminister Peter Altmaier gefordert, würden Deutschland wieder fit machen, sondern die Exporte des Mittelstands. Daher sei für ihn klar, so Söder, „nur nationale Wirtschaftspolitik ist gute Mittelstandspolitik. Wer den Mittelstand stärkt, stärkt Deutschland“. Wichtig sei der innovative technische Sprung. Deswegen habe Bayern eine Hightech-Agenda aufgesetzt. Schließlich soll der Bereich Künstliche Intelligenz (KI) vorangebracht werden.
Die Einführung neuer Technologien dauert Söder zu lang
Deshalb sei es auch wichtig, dass Deutschland bei der Vergabe des 5G-Hochleistungsnetzes dabei ist. Nutznießer sei der Mittelstand. Am meisten Sorge mache ihm eine beginnende Lähmung der Republik, bei der man die technischen Sprünge nicht mehr schaffe. „Es wird bei uns schnell etwas erfunden, aber die Umsetzung dauert Jahre“. Als Beispiele nannte der CSU-Chef Stromleitungen, Ladesäulen, auch Schienen und Straßen gehen nicht voran. Die Aufstellung von Funkmasten benötige nur einen Tag, „aber bei uns dauert das zwei Jahre“.
Ohne seinen Namen auszusprechen, wandte sich Söder an Landrat Wolfgang Rzehak von den Grünen, „ich meine sie“. Denn Söder habe die gleichen Probleme wie Rzehaks Parteikollege und Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann. Auch der würde sich „immer über die Naturschützer beschweren, die den Ausbau der Windräder verhindern“.
„Wenn das in unserem Land so weitergeht, dass man die Unmengen an Geld nicht ausgeben kann, weil wir Monate und Jahre brauchen, bis einfachste Genehmigungen erteilt werden, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir verlieren“. Daher müssten Staat und staatliche Verwaltungen besser werden, um wettbewerbsfähig zu sein. Beispiel für Söder ist die 5G-Infrastuktur und die notwenigen Funkmasten dafür. Bei dem unterirdischen Breitband sei „man gut auf dem Weg“, nicht so bei Funkmasten, die den Leuten Sorgen bereiten.
„Jeder, der glaube, der müsse frei von 5G werden, der wird frei von der Zukunft sein“. Man müsse „zukunftsoffen sein“ und nicht im „Gestern leben“. Natürlich gebe es in dem Programm der Staatsregierung dazu die Beteiligung der Bevölkerung, jedoch verhindern, so Söder, die vielfachen Widersprüche einen schnellen und flächendeckenden Handyempfang. Das politische wie staatliche Handeln müsse „fundamental beschleunigt“ werden. Den Kommunalpolitikern werde bald die Lust vergehen, wenn sie ständig „in diesem Korsett gefangen sind“.
Söder stellt Kassenbon-Pflicht in Frage
Während man in Deutschland noch nicht sicher sei, wie man auf die digitale Herausforderung regieren könne, ist die Einführung der Kassenbon-Pflicht die wichtigste politische Entscheidung. Ob diese die ultimative Antwort auf die „Mittelstands 4.0 Kompetenzzentren ist, bezweifle ich ernsthaft“, obwohl er als ehemaliger Finanzmister natürlich für eine „gute Kassenführung ist“.
Über die Digitalisierung kam der Ministerpräsident zum Wachstum. Dieses könne man nicht verordnen, „das muss wachsen“. Die Aufgabe der Politik dagegen sei es, für mehr Wohnungen und bessere Verkehrswege zu sorgen. „Das muss schnell gehen und Blockaden aufgelöst werden“. Der Widerspruch sei eben, dass man keine Fläche verbrauchen dürfe, aber Wohnungen und Kindergarten bauen soll. „Das wird schwer werden“. Man müsse die Widersprüche definieren und die Doppelmoral aufbrechen. “Viele Leute fordern das eine und machen selbst was anderes“.
“Soli abschaffen”
Was Deutschland noch brauche, seien niedrigere Steuern. Es sei absurd zu glauben, der Solidaritätszuschlag wäre eine gerechte Sache. Doch der nütze nur einigen und nicht allen.
Wenn der Soli von allen bezahlt wurde, muss er auch für alle abgeschafft werden.
Über die freie und kritische Presse, zu der sich Söder bekannte und Hass-Kommentare wie gegen die Grünen-Politikerin Renate Künast verurteilte, streifte er das derzeit drängendste Problem, den Klimawandel. Dieser sei hierzulande „nicht so dramatisch“, meinte Söder, „jedoch weltweit würde er Probleme“ nach sich ziehen. Wie dies „ausgeht“, könne er nicht vorhersagen. Aber ein „bisschen Wirtschaftspatriotismus für die eigenen Produkte und das eigene Land ist auch wichtig“.
Bevor Söder wieder zum nächsten Termin aufbrach, bekam er von Stetter noch ein symbolträchtiges Geschenk überreicht. Denn man habe bei sozialen Medien erblickt, dass Söder Steaks liebe. Zum Würzen bekam der dafür eine Steak-Soße mit Whisky. Nachdem der CSU-Chef öfter „in Berlin unterwegs“ sei, wurde ihm noch „das Kraut gegen Dummheit“ einer Partnerfirma ausgehändigt. Das könne Söder dann „in Berlin einsetzen“.
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