Seit acht Monaten herrscht Stillstand auf dem ehemaligen Jodschwefel-Gelände in Bad Wiessee. Die Bürgermeisterkandidaten Johannes von Miller (Grüne) und Robert Kühn (SPD) wollen das so nicht hinnehmen. Sie fordern: Die Schweizer Investoren der Sports Medicine Excellence Group müssen sich endlich erklären.
Derweil glaubt CSU-Bürgermeisterkandidat und Gemeinderat Florian Sareiter sowieso nicht mehr daran, dass SME ihr Hotel-Projekt zu Ende bringen wird. Seinen Angaben zufolge stellt Sareiter sich bereits auf Nachverhandlungen ein. Bei der Podiumsdiskussion am 12.2.2020 setzte Sareiter noch einen drauf und bezeichnete das neue Jodschwefelbad in Form des fast fertiggestellten Badehauses gegenüber der SME-Baustelle als „sehr, sehr teures Gimmick“ für die Gemeinde.
SPD-Kandidat Kühn will sich positionieren
Nicht nur einigen TS-Lesern stieß dieser Begriff sauer auf. So heißt es unter anderem in einem der zahlreichen Kommentare: „Als ein Gimmick wird eine “lustige Zugabe von geringem materiellen Wert“ bezeichnet. Wer unser kostbares Heilwasser und das Jodbad so herabwürdigt, hat sich als Bürgermeister disqualifiziert.“ Sareiter selbst wird von den Lesern teils auch liebevoll „Herr Gimmick“ genannt.
Kontrahent Robert Kühn (SPD) ist sauer, schüttelt den Kopf über Sareiters Aussage. „Bei unserem Jodschwefelbad handelt es sich um die Keimzelle unseres Ortes. Das Bad als Gimmick zu bezeichnen, zeugt von einer mangelnden Wertschätzung gegenüber dem Bad und all seiner engagierten Mitarbeiter*innen.“ Die SPD will nun am 22.2. von 10:00 bis 12:00 Uhr mit Infoständen am Lindenplatz und vor dem Jod-Schwefelbad Stellung beziehen.
“Unser Herzstück mit Füßen getreten”
Auch Birgit Trinkl, Vorsitzende des Vereins „Freunde und Förderer des Jodschwefelbades“, meldet sich nun mit einer Stellungnahme zur „Gimmick“-Aussage zu Wort. Als Gastgeberin, amtierende Gemeinderätin und Sprecherin der FWG Wiesseer Block sei sie schockiert:
Ich bin sprachlos und entsetzt, welche Haltung ein Gemeinderatsmitglied unserem Jodschwefelbad gegenüber einnimmt. Ich bin sprachlos, dass jemand, der sich in Bad Wiessee um das Amt des Bürgermeisters bewirbt, unser Herzstück derart mit Füßen tritt und sich in dieser abwertenden Art äußert.
Die Gemeinde sei vor 100 Jahren dank der Heilquellen der Gesundheitsstandort Nummer 1 geworden. „Unsere Heilwasser sind unsere Wurzeln, das Herzstück und die DNA von Bad Wiessee. Damit ist der Tourismus in Wiessee erst groß geworden und unsere Großeltern-Generation konnte die Pensionen und Hotels am Ort errichten und führen“, so Trinkl, die selbst Gastgeberin ist.
Trinkl glaubt an Gesundheitsstandort Wiessee
Die Gemeinderatskandidatin ist sich sicher: Das Alleinstellungsmerkmal von Bad Wiessee innerhalb der fünf Talgemeinden ist ein nachhaltiger Gesundheitstourismus. „Der Jodschwefelbad-Verein und der Gemeinderat setzen sich seit fast 20 Jahren dafür ein, dass Bad Wiessee mithilfe unseres Heilwassers wieder DER Gesundheitsstandort Deutschlands und darüber hinaus wird.“
Nach 100 Jahren habe die Gemeinde endlich das Jodbad selbst erwerben können. Seither seien mutige und zukunftsweisende Entscheidungen getroffen worden. „Wir haben gezeigt, dass wir alle wieder hinter unserem Bad stehen und daran glauben, mit dem Jodbad auch wirtschaftlich wieder erfolgreich sein zu können“, so Trinkl. Das erwarte sie auch von den Bürgermeisterkandidaten.
Das sagt “Gimmick”-Sareiter zur Kritik
Doch was meinte Florian Sareiter denn nun eigentlich genau damit, das Jodbad sei ein „Gimmick“ für die Gemeinde? Hat er sich bei der Podiumsdiskussion einfach verplappert? Auf Nachfrage der TS will er seine Aussage klarstellen:
Seine Aussage auf die Frage bei der Podiumsdiskussion zielte darauf ab, „dass das neue Badehaus in seiner jetzigen Konzeption auch nach Meinung unseres Bäderspezialisten Herrn Karg wohl nie wirtschaftlich betrieben werden und somit als Gimmick, also als ungewöhnliches, auffallendes Merkmal, das die Aufmerksamkeit auf den Gesundheitsstandort Bad Wiessee mit seinen renommierten Kliniken, seiner schönen Natur und seinen weiteren Freizeitangeboten lenkt, bezeichnet werden kann.“ Sareiter sieht also das neue Badehaus als Gimmick, weil:
Die künftige Kapazität wird nicht ausreichen, um an frühere Glanzzeiten mit knapp 170.000 Anwendungen pro Jahr anzuknüpfen. Dafür ist das jetzige Konzept einfach zu klein. Die Zeiten des Kurbetriebs mit Aufenthaltszeiten unseren Kurgäste von vier bis fünf Wochen sind lange vorbei.
Um das über zehn Millionen Euro teure Prestigeobjekt „angesichts der erwarteten Umsatzzahlen bei steigenden Personalkosten aus der defizitären Gefahrenzone zu bringen, müssen daher jetzt unbedingt große Anstrengungen erfolgen“, so der Sparkassenbetriebswirt. „Dennoch und im Bewusstsein der Lage freue ich mich natürlich mit dem Ort und seinen Vermietern sehr auf die bevorstehende Eröffnung des neuen Badehauses.“ So leicht geht Zurückrudern.
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