Ein Kommentar von Peter Posztos:
Wir vergessen jetzt mal die intellektuell überschaubare Diskussion um das Wort „Gimmick“. Der CSU-Bürgermeisterkandidat Florian Sareiter hat angedeutet, dass ein Jod-Schwefelbad und ein Badehaus vermutlich nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Das ist einerseits relativ überraschungsarm. Andererseits erfüllen Zweifel am Themenkomplex „Jodschwefel“ in Bad Wiessee schon seit jeher den Tatbestand des Ortsverrats.
Das Wasser stinkt wie die Pest, es lindert – bestenfalls. Aber ob die Quelle heilt, wird kein halbwegs vernünftiger Experte bestätigen. In früheren Zeiten, in der der Staat so etwas üppig für Kurende bezahlte und damit die Kassen der Vermieter und Hoteliers füllte, war es ein großes Alleinstellungsmerkmal. In heutiger Zeit muss man kämpfen. Zu viele Alternativen jenseits von Wannenbädern und Faulen-Eiern-Gestank sind auf dem Markt. Jeder weiß das im Ort. Nur verbohrte Freunde des Schwefels krähen dagegen an.
Sareiter hat nun – vermutlich ungewollt – auf des Kaisers neue Kleider gedeutet. Das macht ihn mit einem Schlag für die einen zum Verräter an der heiligen Badewanne, für die anderen, zum ersten Ortspolitiker, der klare Wort findet. Es zeigt sich, dass der Kommunalwahlkampf auch ein Ringen der ansässigen Vermieter und Gastronomen mit ihren Profitinteressen auf der einen Seite ist, und auf der anderen sich jene befinden, denen das Wolkenkuckucksheim vom Weltkurort völlig fremd ist. Deren Credo: Jedes Hotel, das nicht gebaut wird, bedeutet weniger Verkehr. Ja, bedeutet auch weniger Steuern. Aber am Ende würden das viele in Kauf nehmen, um ihre Ruhe zu haben.
Dabei ist eines klar: Die Gemeinschaft darf nicht länger für einen defizitären Bäderbetrieb zahlen. Das können die interessierten Vermieter gern in finanzieller Eigenregie übernehmen. Schon jetzt zahlen Selbständige eine obskure Kurabgabe, von der sie nicht im mindesten profitieren. Wenn Florian Sareiter genau diese Punkte direkt benennen würde, bekäme sein bislang eher schwammiges Auftreten ein klares Profil.
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