Ein Kommmentar von Martin Calsow
Es ist gigantisch groß, sprengt alle Dimensionen der kleinen Hanglagenstadt Tegernsee: Der Baukomplex auf dem ehemaligen Krankenhausgelände lässt nicht nur ortsfremde Betrachter erstarren. In seiner Größe erinnert es an einen Hochbunker, in seiner Farbauswahl an Exkrementen.
Spötter sprechen schon vom “house of shit”. Es wird den Ort, da muss man keine Geschmacksdebatte beginnen, massiv belasten. Nur: Das wusste jeder. Es ist nicht über Nacht gekommen. Der Stadtrat, einstige wie aktuelle, haben das Monster durchgewunken. Aber diesen Herrschaften oder gar nur dem Bürgermeister den schwarzen Peter (bzw. Johannes) zuzuschieben, ist wohlfeiler Unsinn.
In Tegernsee fing das Drama in den Nullerjahren an: Das Krankenhaus-Areal stand zum Verkauf. Heute sagen viele: Ein Stadtrat, der das inmitten seiner Gemeinde nicht kauft, muss angesichts des aktuellen Monsters vor Scham den Kopf senken. Aber: Die Stadtkasse war nicht so gefüllt wie jetzt, man wollte lieber das Geld für einen Steg oder eine See-Sauna ausgeben. Danach lief alles seinen bayerisch-bürokratischen Baugesetz-Weg. Dabei ist der Ist-Zustand nicht einmal im Ansatz so schlimm, wie es von der Bremer Investorengruppe geplant war. Hans Hagn dazu: “Die Bremer Residenz-Gruppe hat das Gelände mit dem genehmigten „Bebauungsplan Seminarhotel” gekauft. Anschließend wurde die Baugeschossfläche nach unten verhandelt. Auch die Höhe wurde nach unten verhandelt. Dafür wurde die Hotelnutzung um 50 % verringert und 50 % Wohnungsnutzung zugesagt. Von den Wohnungen wurde knapp ein Drittel für das Tegernseer Modell zur Verfügung gestellt. Das jetzige Ergebnis stellt dann das Verhandlungsergebnis dar.”
Kreischt, beschwert euch …
Kann man also sagen, dass der jetzige Rat das Schlimmste verhindert hat? Nun ja: Man war ja mit dem alten Krankenhaus schon eine sechsstöckige Bebauung gewohnt, warum also nicht weiter so hoch? Verdichtung von Wohnfläche? Fanden und finden sogar Grüne gut, zumindest in der Stadt.
Und die Farbe? Hagn sagt: Das Gebäude ist so verwinkelt und damit auf unterschiedliche Weise dem Wetter ausgesetzt, dass es nach wenigen Jahren mit einer moderaten Fassadenfarbe etwas gescheckt ausgesehen hätte. Also knallt man das Exkrementenbraun im 70 Jahre-Stil darauf. Alles Geschmacksache, sagt man in Tegernsee, wo man auch einen apricot-farbenen Arabertraum im Ortsteil Süd dufte findet.
Am Ende dürfen sich jene nicht beschweren, die nur grantelnd vor den Baustellen stehen oder am Stammtisch sitzend große reden vom Untergang der Heimat halten, statt sich aktiv einzumischen, den örtlichen Feierabend-Politikern auf die Füße treten, demnächst einmal einen Landrat wählen, der sich aktiv gegen den Bauwahn im Tal einsetzt, statt ihn, wie der aktuelle, mit Durchwinken von Bau-Anträgen nur befördert. Kreischt, beschwert euch, wenn die Bauanträge eingereicht werden, nicht wenn der Klotz da steht und der Bauherr das Geld zählt. Je früher, desto lauter – immer und immer wieder. Es wird jenen Feuer unterm Hintern machen, die bräsig und dauernickend in den Gremien sitzen und sich “über mehr, Tiefgaragen, Betten und mehr Gäste freuen. DIE bringen ja das Geld.”
Das nächste Heimatfraß-Projekt steht in Wildbad Kreuth (Klar, vom Super-Kohler) an. Schauen wir, ob der dortige Gemeinderat mehr Rückgrat besitzt…
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